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Ripley Under Ground

Ripley Under Ground

Titel: Ripley Under Ground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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gewesen. »Danke schön«, sagte Tom. »Ich werde mich bei Reeves melden. Wie geht´s ihm eigentlich?«
Wenig spater fuhr er mit Heloise zum Hotel Ambassadeur.
»Für eine Deutsche sieht sie ganz nett aus«, meinte Heloise.
Oben im Hotelzimmer sah sich Tom den Paß näher an. Er war deutlich abgenutzt, und das Foto hatte Reeves etwas verwischt, damit es dazu paßte. Der Name war Robert Fiedler Mackay, 31 Jahre alt, geboren in Salt Lake City in Utah, Beruf Ingenieur, keine Angehörigen. Die Unterschrift war schmal und hoch, die Buchstaben alle verbunden. Es war eine Schrift, die Tom an mehrere langweilige Leute erinnerte – Amerikaner, die er kannte.
»Heloise, mein Schatz, jetzt heiße ich Robert«, sagte er auf Französisch. »Sei nicht böse, aber ich muß jetzt erstmal meine Unterschrift eine Weile üben.«
Heloise lehnte an der Kommode und sah ihm zu.
»Meine Süße, mach dir keine Gedanken!« Tom legte die Arme um sie. »Komm, laß uns Sekt trinken. Jetzt ist alles in Ordnung.«
    Am Dienstag um zwei Uhr mittags war Tom in Athen. Die Stadt war sauberer und chromblitzender als das Athen, das er vor fünf oder sechs Jahren erlebt hatte. Im Hotel Grande Bretagne nahm er ein Zimmer, das auf den Platz der Verfassung hinausging, machte sich etwas frisch und ging dann hinaus, um sich umzusehen und in einigen anderen Hotels nach Bernard Tufts zu fragen. Daß er im Grande Bretagne wohnte, war nicht anzunehmen; es war das teuerste Hotel am Platz, Tom war sogar zu sechzig Prozent sicher, daß Bernard gar nicht in Athen war, sondern zu Derwatts Insel oder sonst einer Insel gefahren war; aber es wäre unsinnig gewesen, die Hotels ganz unberücksichtigt zu lassen.
    Die Story, mit der er auftrat, ging dahin, daß er von einem Freund getrennt worden war, den er hier treffen wollte: Bernard Tufts. Sein eigener Name tat nichts zur Sache, doch wenn man ihn fragte, nannte er ihn: Robert Mackay.
    »Wie ist die Verbindung mit den Inseln jetzt?« fragte er in einem einigermaßen ordentlichen Hotel, wo er annahm, man habe eine Ahnung von Tourismus. Er sprach dort Französisch, obgleich die Leute in anderen Hotels auch etwas Englisch gesprochen hatten. »Vor allem mit Icaria.«
    »Icaria?« Erstaunen klang aus der Gegenfrage.
    Die Insel lag weit im Osten und gehörte zum nördlichen Teil des Dodekanes. Flugverbindung gab es nicht. Es gab Boote, aber der Mann wußte nicht, wie oft sie fuhren.
    Mittwoch war Tom da. Er hatte in Mykonos ein Motorboot mit Schiffer mieten müssen. Doch nach seiner optimistischen Vorstellung wurde er von Icaria gründlich enttäuscht. Das Städtchen Armemisti (oder so ähnlich) machte einen verschlafenen Eindruck, man sah gar keine Westeuropäer, nur Schiffer, die ihre Netze flickten, und Einheimische, die in den kleinen Cafés herumsaßen. Nachdem er sich nach einem Engländer namens Bernard Tufts – dunkel, schlank usw. – erkundigt hatte, meldete er ein Gespräch mit einer anderen Stadt auf der Insel an; sie hieß Agios Kirycos. Dort wollte ein Hotelbesitzer sich für ihn erkundigen; er sagte, er werde noch in einem anderen Hotel nachfragen und dann zurückrufen. Der Anruf kam nicht, und Tom gab es auf. Eine Stecknadel im Heuhaufen, dachte er. Vielleicht hatte sich Bernard eine ganz andere Insel ausgesucht.
    Diese Insel jedoch, der Schauplatz von Derwatts Selbstmord, war für Tom von blassen Geheimnissen umwittert. Irgendwo auf diesem gelbweißen Sandstrand war Philip Derwatt ins Meer geschritten und nicht zurückgekehrt. Tom glaubte nicht, daß er bei den Einheimischen von Icaria auf den Namen Derwatt noch irgendeine Resonanz spüren würde, doch versuchte er es – ohne Erfolg – bei dem Kaffeehausbesitzer. Derwatt war schließlich nur knapp einen Monat hier gewesen, und das war sechs Jahre her. Tom erfrischte sich in einem kleinen Restaurant bei Lammfleisch mit Reis und gedünsteten Tomaten und holte dann den Schiffer aus einem anderen Lokal heraus, wo er, wie vereinbart, bis vier Uhr bleiben wollte, falls man ihn brauchte.
    Sie fuhren nach Mykonos zurück, wo der Schiffer zu Hause war. Tom hatte sein Köfferchen bei sich. Er war unruhig und deprimiert und fühlte sich erschöpft. Heute abend noch wollte er nach Athen zurückkehren. Er saß in einem Café und trank ergeben eine Tasse mit gesüßtem Kaffee. Dann ging er wieder zum Hafen und suchte den Schiffer in seinem Hause auf, wo er gerade beim Abendessen war.
    »Wenn Sie mich heute abend noch nach Piräus fahren: was kostet das?« fragte er. Ein

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