Ripley Under Water
ja zu drängen, herauszufinden, wie Da-vid Pritchard auf Cynthia Gradnors Namen gekommen sein könnte. Und wie sie jetzt lebte – war sie verheiratet, arbeitete sie in London? Ed und Jeff hatten es leicht, dachte Tom, sich keine großen Sorgen zu machen. Er selber hatte Thomas Murchison für sie drei ausgeschaltet, und nun kreiste der Aasgeier über ihm und Belle Ombre – in Gestalt von David Pritchard.
Héloïse war sicher nicht mehr im Bad, sondern oben auf ihrem Zimmer, dennoch wollte Tom lieber von seinem Zimmer aus anrufen, wo er die Tür schließen konnte. Er lief die Treppe hinauf, zwei Stufen auf einmal nehmend, schlug die Nummer in St. John’s Wood nach und wählte in der Erwartung, bei einem Anrufbeantworter zu landen.
Eine unbekannte männliche Stimme meldete sich: Mr. Constant sei gerade beschäftigt, ob man ihm etwas ausrichten könne. Mr. Constant mache Porträtaufnahmen, ein fester Termin.
»Können Sie Mr. Constant sagen, Tom wäre am Apparat und wolle ihn einen Moment sprechen?«
Keine Minute verging, dann meldete sich Jeff. Tom sagte: »Jeff – tut mir leid, aber es ist eilig: Könntet ihr beide, Ed und du, noch einmal herauszufinden versuchen, wie dieser Pritchard an Cynthias Namen gekommen ist? Ist wirklich wichtig. Und: Hat sie ihn jemals getroffen? Pritchard ist der übelste Lügner, der mir je begegnet ist. Vorgestern abend hab ich mit Ed gesprochen. Hat er dich angerufen?«
»Ja, heute morgen, vor neun.«
»Gut. Ich habe Neuigkeiten. Pritchard stand gestern morgen draußen auf der Straße und hat mein Haus fotografiert. Wie gefällt dir das?«
»Fotografiert? Ist er ein Bulle?«
»Das will ich, das muß ich herauskriegen. In ein paar Tagen fliege ich mit meiner Frau in Urlaub. Du verstehst hoffentlich, daß ich mir Gedanken mache, ob mein Haus sicher ist. Womöglich wäre es eine gute Idee, Cynthia auf einen Drink einzuladen. Oder zum Mittagessen, was auch immer – um herauszufinden, was wir wissen wollen.«
»Das wird nicht –«
»Leicht sein, ich weiß, Jeff«, unterbrach ihn Tom. »Aber einen Versuch ist es wert. Sogar einen guten Teil deines Einkommens, und Eds ebenfalls.« Am Telefon wollte Tom nicht noch hinzusetzen, daß sie so auch eine Anklage wegen Betrugs gegen Jeff und Ed verhindern könnten, außerdem eine Mordanklage gegen ihn.
»Ich werd’s versuchen«, sagte Jeff.
»Und noch mal zu diesem Pritchard: Amerikaner, etwa Mitte Dreißig, glattes, dunkles Haar, rund ein Meter achtzig, stämmig, trägt eine schwarz gefaßte Brille. Er wird langsam kahl, bekommt Geheimratsecken.«
»Das merke ich mir.«
»Sollte Ed aus irgendeinem Grund die Sache besser hinkriegen…« Doch Tom hätte nicht sagen können, wer von beiden der Bessere wäre. »Ich weiß, Cynthia ist schwierig«, fuhr er fort, nachsichtiger jetzt, »aber Pritchard ist an Murchison dran – jedenfalls erwähnte er seinen Namen.«
»Das weiß ich«, erwiderte Jeff.
»In Ordnung.« Tom war erschöpft. »Gut, Jeff. Ed und du, ihr tut, was ihr könnt, und haltet mich auf dem laufenden. Bis Freitag früh bin ich noch hier.«
Sie legten auf.
Tom nahm sich eine halbe Stunde Zeit, um Cembalo zu üben, ungewöhnlich konzentriert, wie er fand. Mit kurzen, klar begrenzten Zeiten vor sich – zwanzig Minuten, eine halbe Stunde – war er besser und machte größere Fortschritte, wenn das Wort nicht zu hoch gegriffen war. Vollkommenheit war nicht sein Ziel, nicht einmal, einigermaßen gut zu spielen. Na, und wenn schon? Er spielte nie für andere, würde das niemals tun, wem außer ihm sollte seine Mittelmäßigkeit also etwas ausmachen? Für Tom waren das Üben und die wöchentlichen Besuche von Roger »Schubert« Lepetit sowie dessen Unterrichtsstunden eine liebgewonnene Form der Selbstdisziplinierung.
In seinem Kopf wie auch auf seiner Uhr fehlten nur zwei Minuten an der halben Stunde, als das Telefon klingelte. Tom ging zum Apparat in der Diele.
»Hallo. Mr. Ripley, bitte…«
Tom erkannte Janice Pritchards Stimme sofort. Héloïse hatte oben abgehoben; er sagte: »In Ordnung, Liebes. Ist für mich, glaube ich«, und hörte sie auflegen.
»Hier ist Janice Pritchard.« Ihre Stimme klang nervös und angespannt. »Ich wollte mich für gestern morgen entschuldigen. Mein Mann hat solche verrückten, manchmal sogar unverschämten Ideen – etwa, Ihr Haus zu fotografieren! Sicher haben Sie oder Ihre Frau das bemerkt.«
Während sie sprach, sah Tom ihr Gesicht im Wagen wieder vor sich, ihr allem
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