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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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dämpften, wenn die Bäume belaubt waren, so wie jetzt. Tom mochte sie.
    Wie gewöhnlich fand sich Tom im Gespräch mit Antoine wieder, und dabei hatte er sich vorher (nicht allzu fest) vorgenommen, diesmal nicht in diese Falle zu tappen. Er wußte kaum, was er mit Antoine reden sollte, einem hart arbei-tenden Architekten und politischen Rechtsaußen, während Héloïse und Agnès dieses weibliche Talent besaßen, sich sofort in ein angeregtes Gespräch zu stürzen und den Faden nicht abreißen zu lassen, notfalls den ganzen Abend lang, und dabei unentwegt zu lächeln.
    Ausnahmsweise sprach Antoine diesmal nicht über die ausländischen Einwanderer, die in Paris Wohnraum forderten, sondern über Marokko: » Ah oui, mein Vater hat mich mitgenommen, da war ich ungefähr sechs. Das habe ich nie vergessen. Natürlich bin ich seither ein paarmal dort gewesen. Das Land hat Charme, einen Zauber. Wenn man bedenkt, daß es einst ein französisches Protektorat war, damals als Post und Telefon noch funktionierten, als die Straßen…«
    Tom hörte zu. Antoine geriet fast ins Schwärmen, als er erzählte, wie sehr sein Vater Tanger und Casablanca geliebt hatte.
    »Natürlich sind es die Menschen, die das Land ausmachen«, fuhr er fort. »Rechtlich gesehen, ist es ihr Land – und doch, vom französischen Standpunkt aus gesehen haben sie es vor die Hunde gehen lassen.«
    Tja, was sollte man dazu sagen? Tom seufzte nur und wagte den Einwurf: »Apropos…« – er schwenkte das hohe Glas mit dem Gin Tonic; das Eis klirrte –, »sind Ihre Nachbarn dort drüben ruhig?« Er nickte zum Grundstück der Pritchards hinüber.
    »Ruhig?« Antoine schob die Unterlippe vor. »Da Sie schon fragen…« Er lachte leise. »Zweimal haben sie laut Musik gespielt. Spät, gegen Mitternacht. Und noch später! Popmusik. « Er betonte das Wort, als sei es unglaublich, daß jemand Popmusik spielte, der älter als zwölf war. »Aber nicht lange. Eine halbe Stunde.«
    Verdächtig, diese genaue Zeitangabe, dachte Tom. Antoine Grais war genau der Typ, um bei so etwas die Zeit zu nehmen. »Sie meinen, das dringt bis hier herüber?«
    »O ja. Dabei sind wir fast einen halben Kilometer weg! Sie hatten wirklich laut aufgedreht.«
    Tom lächelte. »Sonstige Beschwerden? Ihren Rasenmäher haben sie noch nicht ausgeliehen?«
    »Non, non«, grummelte Antoine und trank seinen Campari.
    Daß Pritchard Belle Ombre fotografiert hatte, würde Tom mit keinem Wort erwähnen; das hätte Antoines vagen Verdacht gegen ihn weiter genährt – das letzte, was Tom wollte. Irgendwann hatte ganz Villeperce gewußt, daß die Polizei – die französische wie auch die englische – kurz nach Murchisons Verschwinden Tom in Belle Ombre vernommen hatte. Ohne Aufsehen waren die Beamten gekommen, ohne heulende Sirenen, doch in einem Dorf wußte jeder alles, und mehr davon konnte Tom sich nicht leisten. Er hatte Héloïse vor dem Besuch bei den Grais’ eingeschärft, Pritchards Fotografieren bloß nicht zu erwähnen.
    Der Junge und das Mädchen kamen herein, lächelnd, das Haar noch feucht, barfuß (sie waren irgendwo schwimmen gewesen), doch ohne jeden Lärm, denn das hätten die Grais’ sich verbeten. Edouard und seine Schwester sagten bonsoir und verschwanden in Richtung Küche. Agnès folgte ihnen.
    »Ein Freund in Moret hat einen Swimmingpool«, erklärte Antoine. »Schön für uns. Er hat selber Kinder. Ich fahre sie hin, und er bringt sie zurück.« Ein weiteres Lächeln, selten bei Antoine, legte sein wohlgenährtes Gesicht in Falten.
    »Wann kommen Sie zurück?« Agnès war wieder da, sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Die Frage galt beiden. Antoine war gerade hinausgegangen.
    Héloïse sagte: »In drei Wochen vielleicht. Steht noch nicht fest.«
    »Da bin ich wieder.« Antoine kam die geschwungene Treppe herunter, er hielt etwas in den Händen. »Agnès, chérie, ein paar kleine Gläser? Hier ist eine gute Karte, Tom. Alt, aber Sie wissen schon…« Sein Ton deutete an, alt sei immer am besten.
    Es war eine viel benutzte Straßenkarte Marokkos, oft gefaltet und mit Klebeband zusammengeflickt.
    »Ich werde ganz vorsichtig damit sein«, sagte Tom.
    »Sie sollten ein Auto mieten. Auf jeden Fall. Herumkommen, die kleinen Dörfer sehen.« Dann kümmerte Antoine sich um seine Spezialität, holländischen Genever aus einer eisgekühlten Steingutflasche.
    Tom fiel ein, daß der Mann oben in seinem Atelier einen kleinen Kühlschrank hatte.
    Antoine schenkte ein und reichte

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