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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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will Ihnen wirklich weh tun. Mir auch – aber zur Zeit interessieren Sie ihn mehr.«
    »Wie kann er mir weh tun?« Tom zog seine Gitanes hervor.
    »Oh, er verdächtigt Sie, wegen allem und jedem. Deshalb will er einfach nur, daß es Ihnen grau-en-haft schlecht geht.« Sie dehnte das Wort, als sei diese Art Schmerz zwar unangenehm, doch lediglich ein Spiel.
    »Noch hat er’s nicht geschafft.« Tom reichte ihr die Schachtel, sie schüttelte den Kopf und nahm eine ihrer eigenen Zigaretten. »Er verdächtigt mich? Weswegen denn etwa?«
    »Ach, das verrate ich nicht. Er würde mich schlagen, sollte ich das jemals erzählen.«
    »Schlagen?«
    »O ja. Manchmal vergißt er sich.«
    Tom tat leicht schockiert. »Aber Sie müssen doch wissen, was er gegen mich hat. Nichts Persönliches, das steht fest, weil ich ihm bis vor einigen Wochen noch nie begegnet bin.« Dann riskierte er es: »Er weiß nichts von mir.«
    Ihre Augen verengten sich, ihr schwaches Lächeln verdiente nun kaum noch den Namen. »Nein, er tut nur so.«
    Tom konnte sie genausowenig ausstehen wie ihren Mann, versuchte aber, sich das nicht anmerken zu lassen. »Ist das so üblich bei ihm, herumzulaufen und Leute zu ärgern?« fragte er, als finde er die Vorstellung amüsant.
    Wieder dieses kindliche Kichern, obwohl die Fältchen um ihre Augen zeigten, daß Janice mindestens fünfunddreißig sein mußte – so alt wie ihr Mann, dem Aussehen nach. »Könnte man sagen.« Sie sah Tom kurz an, dann wieder weg.
    »Und wer war vor mir dran?«
    Schweigen. Janice starrte den dreckigen Aschenbecher an wie die Kristallkugel einer Wahrsagerin, so als sähe sie dort Fragmente alter Geschichten. Sie zog sogar die Brauen hoch – spielte sie jetzt eine Rolle, zum eigenen Vergnügen? –, und Tom bemerkte zum erstenmal eine sichelförmige Narbe rechts auf ihrer Stirn. Die Folge einer fliegenden Untertasse an irgendeinem Abend?
    »Was erhofft er sich davon, andere Leute zu ärgern?« Tom klang sanft, als stelle er eine Frage bei einer Séance.
    »Ach, das ist seine Vorstellung von Spaß.« Jetzt war ihr Lächeln echt. »Da war mal ein Sänger in Amerika – nein, zwei !« Sie lachte. »Der eine war Popsänger, die andere, viel bedeutendere, war Sopranistin an der Oper. Ihren Namen weiß ich nicht mehr, ist vielleicht auch besser so, ha, ha! Norwegerin, glaube ich. David…« Janice starrte wieder in den Aschenbecher.
    »Ein Popsänger?« hakte Tom nach.
    »Ja. Sehen Sie, David hat ihn einfach beleidigt, ihm kurze Briefe geschrieben: ›Sie sind auf dem Weg nach unten‹, ›Zwei Mörder warten schon auf Sie‹, so etwas eben. David wollte ihn durcheinanderbringen; er sollte ein schlechtes Konzert geben. Ich bin nicht mal sicher, ob ihn diese Briefe erreicht haben – diese Leute bekommen so viel Fanpost, und der Mann war ein Star bei den Jugendlichen. Vorname Tony, das weiß ich noch. Aber ich glaube, bei ihm waren es die Drogen, nicht…« Janice verstummte wieder, dann platzte sie heraus: »David macht es einfach Spaß, zu sehen, wie Menschen den Halt verlieren. Wenn er sie dazu bringen kann.«
    Tom hörte zu. »Und legt er Akten über diese Leute an? Mit Zeitungsmeldungen?«
    »Das weniger«, erwiderte sie beiläufig, warf ihm einen kurzen Blick zu und trank einen Schluck Tee. »Zum einen will er keine Dossiers im Haus haben, für den Fall, daß er – nun ja, erfolgreich ist. Ich glaube, bei der norwegischen Opernsängerin war er nicht erfolgreich, aber ich weiß noch, wie er ihre Auftritte immer im Fernsehen verfolgte und sagte, sie werde unsicherer, würde nachlassen. Was für ein Unsinn! dachte ich.« Janice sah ihm in die Augen.
    Ihre Offenheit war falsch, dachte Tom. Wenn er ihr so widerwärtig war, warum lebte sie dann noch mit Pritchard unter einem Dach? Er atmete tief durch. Solch eine logische Frage stellte man nicht jeder verheirateten Frau. »Und was hat er für mich in petto? Bloße Belästigung?«
    »Ach, wahrscheinlich ja.« Sie wand sich wieder. »Er findet Sie zu selbstsicher. Eingebildet.«
    Tom verbiß sich das Lachen. »Belästigung – und was kommt als nächstes?«
    Janice zog einen Mundwinkel hoch; der dünne Strich ihrer schmalen Lippen deutete nun ein verstohlenes Vergnügen an, das Tom noch nicht an ihr kannte. Sie wich seinem Blick aus. »Wer weiß?« Wieder rieb sie sich das Handgelenk.
    »Und wie ist David gerade auf mich verfallen?«
    Ein kurzer Blick, sie überlegte: »Ich meine, er hätte Sie irgendwo auf einem Flughafen gesehen. Ihr Mantel

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