Ripley Under Water
nein, Tufts’ – Mann im Sessel der Respekt für den Maler. Bernard hatte das Bild damals in dessen Stil gemalt.
Tom reckte die Arme, streckte die Finger aus und musterte seine Nägel: alles sauber, so wie es sein sollte. Bernard Tufts hatte niemals am Profit, an den steigenden Einnahmen aus den falschen Derwatts teilhaben wollen, erinnerte er sich, nur gerade genug Geld genommen, um sich und sein Londoner Atelier über Wasser zu halten.
Falls einer wie Pritchard die Fälschungen aufdecken sollte (wie?), würde wohl auch Bernard Tufts entlarvt, wiewohl postum. Jeff Constant und Ed Banbury hätten die Frage zu beantworten, von wem die Fälschungen stammten, und natürlich wüßte Cynthia Gradnor die Antwort darauf. Die interessante Frage war: Empfände sie dann noch genug Respekt für ihren früheren Geliebten Bernard Tufts, um seinen Namen nicht zu verraten? Genau das wollte Tom nämlich tun, ein starker, stolzer, seltsamer Wunsch: den idealistischen, kindlichen Bernard zu beschützen, der schließlich von eigener Hand (oder aus eigenem Antrieb) für seine Sünden gestorben war.
Tom hatte die Geschichte so erzählt: Bernard habe seinen Rucksack bei Tom gelassen, während er sich ein Zimmer suchte, weil er das Hotel wechseln wollte. Und Tufts sei nie zurückgekommen. In Wahrheit war Tom dem Mann gefolgt, bis Tufts gesprungen war. Tags darauf hatte er die Leiche eingeäschert, so gut er konnte, und behauptet, der Tote sei Derwatt. Und man hatte ihm geglaubt.
Seltsam – sollte Cynthias schwelender Groll nie erloschen sein und sie sich immer noch fragen: Wo ist eigentlich Bernards Leiche? Zumal Tom wußte, daß sie ihn und die beiden von der Galerie Buckmaster zutiefst haßte.
7
Die Maschine sackte abrupt und dramatisch über den rechten Flügel weg und ging in den Sinkflug über. Tom war aufgestanden, soweit sein Sicherheitsgurt das zuließ. Héloïse saß am Fenster (Tom hatte darauf bestanden), und da waren sie: die beiden eindrucksvollen, nach innen gekrümmten Zangen des Hafens von Tanger, die in die Straße von Gibraltar hinausstachen, wie um etwas einzufangen.
»Du erinnerst dich an die Karte? Das ist Tanger«, sagte Tom.
»Oui, mon chéri.« Héloïse schien weniger aufgeregt als er, sah aber dennoch wie gebannt durch das runde Fenster. Leider war es verschmutzt; sie hatten keine klare Sicht. Tom beugte sich über Héloïse hinüber, suchte nach Gibraltar, fand es nicht, dafür aber die Südspitze Spaniens mit Algeciras. Alles wirkte so winzig.
Das Flugzeug richtete sich auf, neigte sich zur anderen Seite und flog eine Linkskurve: Nichts zu sehen. Dann aber senkte der rechte Flügel sich wieder, und den beiden bot sich der Blick, nun schon aus der Nähe, auf weiße, dichtgedrängte Häuser auf einer Anhöhe, kalkweiße Häuschen mit winzigen quadratischen Fenstern. Nach der Landung rollte die Maschine noch zehn Minuten lang, während die Passagiere die Gurte lösten, zu ungeduldig, um sitzen zu bleiben.
Sie betraten die Paßkontrolle, einen Raum mit hoher Decke und schmalen, geschlossenen Fenstern, durch die das Sonnenlicht fiel. Tom begann zu schwitzen, er zog sein Sommerjackett aus und legte es über den Arm. Die Passagiere in zwei langsam vorrückenden Reihen sahen aus wie französische Touristen, dazu kamen Einheimische aus Marokko, manche in Dschellabas.
Im nächsten Raum, wo Tom ihr Gepäck abholte, das auf dem Boden stand (alles wirkte sehr formlos), tauschte er tausend französische Franc in Dirham um; dann fragte er eine dunkelhaarige Frau an der Information nach dem schnellsten Weg ins Zentrum: Per Taxi. Und der Preis? Rund fünfzig Dirham, antwortete sie auf französisch.
Héloïse hatte »vernünftig« gepackt, so daß die beiden mit ihren wenigen Koffern ohne Träger klarkamen. Er hatte sie gemahnt, sie könne Anziehsachen auch in Marokko kaufen, selbst einen weiteren Koffer dafür.
»Fünfzig bis zur Stadt, in Ordnung?« fragte Tom auf französisch den Taxifahrer, der den Wagenschlag öffnete. »Hotel Minzah?« Kein Taxameter, doch das wußte er ja bereits.
»Steigen Sie ein«, kam die brüske Antwort, ebenfalls auf französisch.
Tom lud mit dem Fahrer das Gepäck ein.
Los ging die Fahrt, in rasendem Tempo, fand Tom – ein Eindruck, der sich der holprigen Sraße verdankte und dem Wind, der durch die offenen Fenster blies. Héloïse hielt sich am Sitz und einer Griffschlaufe fest. Staub wirbelte durch das Fahrerfenster herein, aber wenigstens verlief die Straße gerade und
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