Ripley Under Water
fiel ihm auf.«
»Mein Mantel ?«
»Leder mit Pelzbesatz, ein schönes Stück jedenfalls, und David sagte: ›Was für ein schöner Mantel! Wer das wohl ist?‹ Und irgendwie hat er’s herausgefunden. Vielleicht hat er sich hinter Ihnen angestellt, um zu hören, wie Sie heißen.« Janice zuckte die Achseln.
Tom konnte sich beim besten Willen an keinen solchen Vorfall erinnern. Er mußte blinzeln. Natürlich war es möglich, in einem Flughafen seinen Namen herauszufinden, den amerikanischen Paß zu bemerken. Und dann Nachforschungen anzustellen – aber wo? In Botschaften? In Paris war Tom zum Beispiel nicht gemeldet, jedenfalls nicht daß er wüßte. In Zeitungsarchiven? Das erforderte Beharrlichkeit. »Seit wann sind Sie verheiratet? Und wie haben Sie David kennengelernt?«
»Ach…« Wieder der amüsierte Ausdruck auf ihrem schmalen Gesicht, die Hand, die durch das aprikosenfarbene Haar fuhr: »Ja also, ich glaube, seit mehr als drei Jahren. Und getroffen haben wir uns – auf einer großen Konferenz für Sekretärinnen, Buchhalter und deren Chefs.« Abermals lachte sie. »In Cleveland, Ohio. Ich weiß nicht, wie wir ins Gespräch kamen, da waren so viele Leute. Doch David hat einen gewissen Charme. Kann sein, daß der Ihnen entgeht.«
Allerdings. Typen wie Pritchard wirkten so, als müßten sie das, was sie wollten, unbedingt bekommen, selbst wenn das bedeutete, einem Mann oder einer Frau hart zuzusetzen, ja an die Gurgel zu gehen. Und gewisse Frauen, das wußte Tom, fanden so etwas betörend. Er schob den linken Ärmel seines Hemdes zurück: »Pardon, ich habe bald einen Termin. Aber ein paar Minuten haben wir noch.« Zu gern hätte er Cynthia Gradnor erwähnt, hätte gefragt, was Pritchard mit ihr vorhabe, aber er wollte vermeiden, daß Janice sich den Namen einprägte. Außerdem wollte er natürlich nicht besorgt wirken. »Was will Ihr Mann von mir, wenn ich fragen darf? Warum hat er mein Haus fotografiert?«
»Ach, er will Ihnen angst machen. Will sehen, daß Sie Furcht vor ihm haben.«
Tom lächelte nachsichtig: »Daraus wird leider nichts.«
»David geht es einfach darum, seine Macht zu zeigen«, sagte sie, eine Note schriller. »Das hab ich ihm schon so oft gesagt.«
»Noch eine direkte Frage: Hat er je bei jemand auf der Couch gelegen?«
»Ha, ha, ha.« Janice krümmte sich vor Lachen. »Nie und nimmer! Er lacht über Seelenklempner, nennt sie Lügner und Betrüger – wenn er überhaupt von ihnen spricht.«
Tom gab dem Kellner ein Zeichen. »Aber Janice, finden Sie es nicht ungewöhnlich, wenn ein Mann seine Frau schlägt?« Tom konnte ein Lächeln kaum unterdrücken, denn so behandelt zu werden, machte ihr sicherlich Spaß.
Janice rutschte herum und runzelte die Stirn. »Das mit dem Schlagen…« Sie starrte die Wand an. »…hätte ich wohl lieber nicht sagen sollen.«
Tom hatte schon von diesen Frauen gehört, die ihren Mann deckten, was immer geschah, und Janice war so eine Frau, mindestens vorläufig noch. Er zog eine Banknote aus der Brieftasche. Die Rechnung war nicht so hoch, doch Tom bedeutete dem Mann, es stimme so. »Nur zum Spaß: Was wird Davids nächster Zug sein?« fragte Tom liebenswürdig, wie bei einem amüsanten Spiel.
»Zug – was meinen Sie?«
»Gegen mich.«
Janice’ Blick verschleierte sich, als fülle die Vielzahl der Möglichkeiten ihr ganzes Denken. Sie lächelte gezwungen: »Das weiß ich ehrlich nicht…«
»Warum nicht?« Tom wartete. »Ein Fenster bei mir einwerfen, mit einem Stein?«
Keine Antwort. Tom stand angewidert auf.
»Wenn Sie mich entschuldigen…«, sagte er.
Schweigend, womöglich beleidigt, stand auch sie auf. Tom ließ ihr den Vortritt auf dem Weg zur Tür.
»Übrigens hab ich gesehen, wie Sie Ihren Mann am Sonntag vor meinem Haus abholten. Und jetzt holen Sie ihn abermals ab. Sie sind sehr hilfsbereit.«
Wieder keine Antwort.
Plötzlich kochte die Wut in Tom hoch, die Folge seiner Frustration, das merkte er: »Warum gehen Sie nicht? Wieso bleiben Sie und lassen sich das alles gefallen?«
Selbstverständlich würde Janice auf diese Frage nicht antworten – sie traf zu nah am Nerv. Tom sah eine Träne in ihrem rechten Auge schimmern, während sie voranging, vermutlich zu ihrem Wagen.
»Oder sind Sie gar nicht verheiratet?« Tom ließ nicht locker.
»Ach, hören Sie schon auf!« Nun flossen die Tränen. »Und ich hätte Sie so gerne gemocht.«
»Lassen Sie nur, Ma’am.« In diesem Augenblick sah er ihr zufriedenes Lächeln vor sich,
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