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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Handgelenk, mit der anderen hielt er ihr Glas, damit es nicht überschwappte. »Du mußt tun, was ich dir sage. Es geht um dein Leben. [307]  Und um meines. Wir können hier nicht bleiben und weiter streiten!«
    Tom lief die Treppe hinauf. Nach einer Weile fand er endlich Héloïse’ Fläschchen mit dem hochdosierten Phenobarbitol, das sie so selten nahm, daß es im Arzneischränkchen ganz hinten stand. Mit zwei Tabletten zwischen den Fingern ging er wieder hinunter und ließ sie unauffällig in Simones Glas fallen, als er es mit einem Spritzer Soda auffüllte. Das Glas hatte er Jonathan abgenommen.
    Simone trank ihren Whisky. Sie hatte sich auf das gelbe Sofa gesetzt und schien jetzt ruhiger, obwohl die Tabletten noch nicht wirken konnten. Jonathan telefonierte gerade, wahrscheinlich bestellte er ein Taxi. Das dünne Telefonbuch für Seine-et-Marne lag aufgeschlagen auf dem kleinen Tisch. Tom war leicht benommen. Simone anscheinend auch, zudem aber sprachlos vor Entsetzen.
    »Nur Belle Ombre in Villeperce«, sagte Tom auf Jonathans Blick hin.

[308]  20
    Während Jonathan und Simone in eisigem Schweigen an der Tür auf das Taxi warteten, öffnete Tom die Tür zum Garten, ging hinaus und holte aus dem Geräteschuppen den Benzinkanister für den Wagen. Ganz gefüllt schien er nicht zu sein, doch wenigstens dreiviertel voll. Tom hatte seine Taschenlampe dabei. Als er vorne um das Haus bog, hörte er ein Auto langsam näher kommen. Hoffentlich das Taxi. Statt den Kanister in den Renault zu legen, verbarg er ihn in dem Lorbeerbusch. Dann klopfte er an die Haustür. Jonathan machte auf.
    »Ich glaube, das Taxi ist da«, sagte Tom.
    Er wünschte Simone eine gute Nacht. Jonathan begleitete sie zu dem Wagen, der vor dem Einfahrtstor wartete. Das Taxi fuhr weg, Jonathan kam zurück.
    Tom verriegelte gerade die Flügeltür wieder. »Herrgott noch mal«, sagte er, weil ihm nichts anderes einfiel und er so unendlich erleichtert war, wieder mit Jonathan allein zu sein. »Hoffentlich ist Simone nicht allzu wütend. Dabei könnte ich’s ihr nicht einmal verdenken.«
    Jonathan zuckte die Schultern, noch ganz benommen, und bekam kein Wort heraus.
    Tom merkte, wie schlecht es ihm ging, und sagte, wie ein Kapitän, der seiner verängstigten Mannschaft Mut macht: [309]  »Jonathan, die kommt schon wieder zur Besinnung.« Und die Polizei würde sie auch nicht anrufen, sonst hinge nämlich ihr Mann mit drin. Tom spürte, wie Stärke und Zuversicht zurückkehrten. Im Vorbeigehen tätschelte er Jonathans Arm: »Bin gleich wieder da.«
    Er holte den Kanister aus dem Gebüsch und legte ihn in den Kofferraum seines Renault. Dann öffnete er die Fahrertür des Citroën. Im Licht der Innenbeleuchtung sah er, daß die Tankanzeige auf knapp über halbvoll stand. Das könnte reichen – er plante eine Fahrt von mehr als zwei Stunden. Der Tank des Renault war etwa halbvoll, außerdem würde der Wagen schwerer, weil er auch noch die Leichen aufnehmen mußte. Jonathan und er hatten noch nichts gegessen. Das war nicht vernünftig. Er kehrte ins Haus zurück und bemerkte: »Vor der Fahrt sollten wir etwas essen.«
    Jonathan war froh, den Leichen im Wohnzimmer für eine Weile zu entkommen, und folgte Tom in die Küche. Über der Spüle wusch er sich Gesicht und Hände. Tom lächelte ihm zu. Etwas zu essen, das brauchten sie jetzt. Er nahm das große Steak aus dem Kühlschrank und legte es unter die rotglühenden Stäbe des Rostes. Dann holte er einen Teller, zwei Steakmesser und zwei Gabeln. Schließlich setzten sie sich an den Tisch und aßen von einem Teller; sie tunkten Fleischstücke in eine Untertasse mit Salz und eine zweite mit HP -Sauce. Das Steak war ausgezeichnet. Tom hatte auf der Anrichte sogar noch eine halbe Flasche Bordeaux gefunden. Er hatte schon schlechter gegessen.
    »Das wird dir guttun«, sagte Tom und warf Messer und Gabel auf den Teller.
    Die Uhr im Wohnzimmer schlug halb zwölf.
    [310]  »Kaffee?« fragte Tom. »Ich habe Nescafé da.«
    »Nein, danke.« Beide hatten wortlos das Steak hinuntergeschlungen. Nun fragte Jonathan: »Wie machen wir’s?«
    »Irgendwo verbrennen, in ihrem Wagen«, sagte Tom. »Das ist eigentlich nicht nötig, aber dann sieht es nach Mafia aus.«
    Jonathan sah zu, wie Tom eine Thermosflasche ausspülte. Daß er dabei vor dem Fenster gut zu sehen war, schien ihm inzwischen egal. Tom ließ das heiße Wasser laufen, schüttete Nescafé aus dem Glas in die Flasche und füllte sie mit kochendheißem

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