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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Jonathan eintraf, ging Tom zum Renault hinüber und sagte:
    »Fahr mir nach. Ich suche eine abgelegene Stelle.«
    Jonathan war inzwischen so übermüdet, daß er noch stundenlang hätte weiterfahren können. Der Renault fuhr sich straff, sprach schnell an und ließ sich leicht lenken. In diesem Teil des Landes kannte sich Jonathan gar nicht aus, doch das machte nichts. Und jetzt war es ganz einfach, denn er brauchte nur den roten Rücklichtern des Citroën zu folgen. Tom fuhr nun langsamer, zögerte zweimal an abzweigenden Nebenstraßen, bog aber nicht ab. Eine pechschwarze Nacht, wegen der Armaturenbeleuchtung war kein Stern zu sehen. Einige Autos kamen Jonathan entgegen, ein Laster überholte ihn. Dann sah er Toms Citroën rechts blinken und abbiegen. Er folgte ihm und sah die schwarze Schlucht der schmalen Straße erst, als er schon in ihr war. Es war eher ein Feldweg als eine Straße; er verschwand sofort in einem Wald und war so schmal, daß man nicht überholen konnte – ein Weg, wie er sich in Frankreich überall auf dem Lande findet und von Bauern oder Holzsammlern benutzt wird. Hier und da Schlaglöcher, Büsche streiften die Stoßstange.
    Tom hielt an. Von der Abzweigung hatten sie in einem großen Bogen vielleicht zweihundert Meter zurückgelegt. [314]  Die Scheinwerfer des Citroën erloschen, aber die Innenbeleuchtung ging an, als Tom die Tür öffnete. Er ließ sie offenstehen und kam fröhlich winkend auf Jonathan zu, der gerade Motor und Licht abstellte. Für einen Moment hatte Jonathan ein Bild von Tom vor Augen, als bestünde er nur aus Licht. Er trug weite Hosen und eine grüne Wildlederjacke. Jonathan mußte blinzeln.
    Dann stand Tom neben seinem Wagenfenster. »In ein paar Minuten ist alles vorbei. Fahr fünf Meter zurück. Wie das beim Renault geht, weißt du?«
    Jonathan ließ den Motor an. Als er den Gang einlegte, gingen die Rückfahrleuchten an. Er hielt, Tom öffnete die Beifahrertür des Renault und nahm den Kanister heraus. Die Taschenlampe hatte er dabei.
    Tom goß Benzin über die Zeitungen und die beiden Leichen darunter, spritzte auch ein bißchen auf das Dach und auf die Polster der Vordersitze, die leider aus Plastik waren, nicht aus Stoff. Er blickte hinauf in die Bäume, deren Äste genau über ihm ein fast geschlossenes Dach bildeten; das frische Laub war noch nicht sommerlich grün. Ein paar Blätter würden versengt werden, aber es war ja für eine gute Sache. Tom schüttelte die letzten Tropfen aus dem Kanister auf den Boden des Citroën, wo Abfall herumlag, der Rest von einem Sandwich, eine alte Straßenkarte.
    Jonathan kam langsam näher.
    »Los geht’s«, sagte Tom leise und zündete ein Streichholz an. Die Fahrertür stand immer noch offen. Er warf das brennende Streichholz auf den Rücksitz des Wagens. Sofort schlugen gelbe Flammen aus den Zeitungen.
    [315]  Tom trat zurück, rutschte in einer Mulde am Wegrand aus und griff nach Jonathans Hand. »In den Wagen!« flüsterte er und ging zum Renault. Er setzte sich ans Steuer und lächelte: Der Citroën brannte gut. Nun hatte auch das Dach Feuer gefangen, aus dessen Mitte, wie bei einer Kerze, eine schmale, gelbe Flamme emporzüngelte.
    Jonathan stieg neben ihm ein.
    Tom ließ den Motor an. Er atmete schwer, mußte aber auf einmal lachen: »Also, ich finde das richtig gut. Du nicht? Das ist einfach toll!«
    Die Scheinwerfer des Renault flammten auf und ließen das lodernde Brandopfer vor ihnen für einen Augenblick verblassen. Tom drehte sich im Sitz um, sah durch das Rückfenster nach hinten und setzte zügig zurück.
    Jonathan starrte auf den brennenden Wagen, bis er hinter der Kurve verschwunden war. Rückwärts fuhren sie den Weg entlang.
    Tom drehte sich wieder um. Sie hatten die Hauptstraße erreicht.
    »Kannst du’s von hier aus sehen?« fragte Tom. Der Wagen schoß vorwärts.
    Durch die Bäume glomm etwas wie ein Glühwürmchen, dann war es verschwunden. Oder hatte er sich das Licht nur eingebildet? »Nein«, sagte Jonathan, »jetzt gar nicht mehr.« Einen Augenblick machte ihm das angst, so als hätten sie versagt, als sei das Feuer erloschen. Aber das konnte nicht sein. Der Wald hatte die Flammen einfach nur verschluckt. Trotzdem, irgendwer würde den Wagen finden. Nur wann? Und was war dann von ihm noch übrig?
    [316]  Tom lachte: »Er brennt. Sie verbrennen! Wir sind aus dem Schneider!«
    Tom warf einen Blick auf die Tachonadel, die auf hundertdreißig stand. Er ging vom Gas, bis sie einhundert anzeigte.
    Er

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