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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Wasser auf.
    »Zucker?« fragte er. »Den könnten wir brauchen.«
    Kurz darauf half ihm Jonathan, den Blonden, bei dem schon die Leichenstarre einsetzte, hinauszutragen. Tom sagte etwas, das wohl witzig sein sollte. Dann verkündete er, daß er es sich anders überlegt habe: Beide Leichen sollten in den Citroën.
    »…auch wenn der Renault größer ist«, keuchte Tom.
    Vor dem Haus war es stockfinster; das Licht der fernen Straßenlaterne reichte längst nicht so weit. Sie warfen die zweite Leiche auf den Rücksitz des Citroën Cabrio, wo schon die erste lag. Tom mußte lächeln, weil es so aussah, als habe Lippo den Kopf auf Angis Schulter gelegt, verkniff sich aber eine Bemerkung. Auf dem Boden des Wagens fand er ein paar Zeitungsblätter, die er über die Toten deckte und feststeckte, so gut das eben ging. Dann vergewisserte er sich, daß Jonathan mit dem Renault klarkam, zeigte ihm den Blinker und den Schalter für Fahrt- und Fernlicht.
    »Okay, laß den Motor an. Ich schließ ab.« Tom ging ins [311]  Haus zurück, löschte das Licht bis auf eine Lampe im Wohnzimmer, zog die Tür hinter sich zu und schloß zweimal ab.
    Er hatte Jonathan schon erklärt, daß sie zunächst Sens ansteuern würden, danach Troyes. Von Troyes aus ginge die Fahrt dann weiter nach Osten. Tom hatte eine Karte im Wagen. Ihr erster Treffpunkt sollte der Bahnhof von Sens sein. Tom reichte Jonathan die Thermosflasche hinein.
    »Alles in Ordnung?« fragte Tom. »Wenn du willst, dann halte ruhig mal an und trink einen Kaffee.« Er winkte fröhlich zum Abschied. »Du zuerst. Ich schließe das Tor zu und überhole dich später.«
    Also fuhr Jonathan zuerst hinaus, Tom zog die Flügel zu, sicherte das Tor mit einem Vorhängeschloß und überholte Jonathan bald darauf auf dem Weg nach Sens, das nur eine halbe Stunde entfernt war. Jonathan kam anscheinend gut mit dem Renault klar. In Sens sprachen sie sich kurz. Auch in Troyes wollten sie sich am Bahnhof treffen. Tom kannte die Stadt nicht, und auf der Landstraße hintereinander herzufahren war riskant, aber ›La Gare‹ war in jedem Ort gut ausgeschildert.
    Tom erreichte Troyes gegen eins. Seit über einer halben Stunde hatte er Jonathans Auto im Rückspiegel nicht mehr gesehen. Er betrat das Bahnhofslokal, trank einen Kaffee, dann noch einen, und hielt durch die Glastür nach dem Renault Ausschau, der jeden Moment auf den Parkplatz vor dem Bahnhof einbiegen konnte. Schließlich zahlte er und ging. Er hatte sein Auto noch nicht erreicht, als der Renault am Fuß des Abhangs auf den Parkplatz fuhr. Tom winkte, Jonathan sah ihn.
    [312]  »Alles okay?« fragte Tom. Mit Jonathan schien alles in Ordnung. »Wenn du einen Kaffee willst oder aufs Klo mußt, geh lieber allein rein.«
    Jonathan lehnte dankend ab. Tom überredete ihn aber zu einem Schluck Kaffee aus der Thermosflasche. Niemand beachtete sie. Gerade war ein Zug eingelaufen; zehn, fünfzehn Leute strebten ihren geparkten Autos zu oder wurden von anderen mit dem Wagen abgeholt.
    »Von hier an nehmen wir die N 19«, sagte Tom. »Unser Ziel ist Bar – Bar-sur-Aube – und dort wieder der Bahnhof. Alles klar?«
    Tom fuhr los. Kaum noch Verkehr auf der Nationale, abgesehen von zwei, drei riesigen Lastern, deren kastenförmige Anhänger von weißen oder roten Leuchten umrahmt waren: Schemen, die wie blind vorwärtsstrebten, mindestens blind für die zwei Leichen unter den Zeitungen hinten im Citroën, eine im Vergleich zur Ladung der Ungetüme winzige Last. Tom fuhr nicht schnell, höchstens neunzig. Am Bahnhof von Bar sprach er mit Jonathan; beide lehnten aus den Wagenfenstern.
    »Ich muß bald tanken«, sagte Tom. »Ich will noch bis hinter Chaumont kommen, werde also an der nächsten Tankstelle halten, okay? Und du besser auch.«
    »Gut«, sagte Jonathan.
    Inzwischen war es Viertel nach zwei. »Bleib auf der alten N 19. Wir treffen uns am Bahnhof von Chaumont.«
    Bevor Tom die Stadt verließ, hielt er noch an einer Total-Tankstelle. Gerade gab er dem Tankwart das Geld, als Jonathan hinter ihm einbog. Tom steckte sich eine Zigarette an, ohne zu Jonathan hinzusehen, und vertrat [313]  sich ein bißchen die Beine. Dann fuhr er den Wagen beiseite und ging auf die Toilette. Bis Chaumont waren es nur noch zweiundvierzig Kilometer.
    Tom kam um fünf vor drei dort an. Nicht mal ein Taxi vor dem Bahnhof, nur ein paar Autos auf dem Parkplatz, niemand zu sehen. Offenbar kamen heute nacht keine Züge mehr; das Bahnhofslokal war geschlossen. Als

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