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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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dazwischenkommt. Womit ich schon fast rechne. Das erfahre ich aber heute abend, spätestens jedoch morgen früh.«
    Als ob der Zoo wichtig wäre. Jonathan sagte: »Morgen vormittag bekomme ich im Krankenhaus den Befund. Um elf soll ich dort sein.« Verzweiflung ergriff ihn, als wäre elf Uhr seine Todesstunde.
    »Ach ja, natürlich. Na, vielleicht dann am Nachmittag. Die Tiere werden dort in einer, wie sagt man, artgerechten Umgebung gehalten…«
    Sauerbraten. Mit Rotkohl.
    Es klingelte an der Tür. Reeves blieb sitzen. Kurz darauf kam Gaby herein und verkündete, »der Herr Fritz« sei da.
    Fritz hielt die Mütze in der Hand und trug einen schon recht schäbigen Mantel. Er war um die Fünfzig.
    »Fritz, das ist Paul.« Reeves deutete auf Jonathan. »Aus England. Paul: Fritz.«
    »Guten Abend«, sagte Jonathan.
    Fritz hob grüßend die Hand. Ein harter Hund, dachte Jonathan, aber ein freundliches Lächeln.
    [98]  »Setz dich doch, Fritz. Ein Glas Wein? Einen Scotch?« fragte Reeves auf deutsch. »Paul ist unser Mann«, fuhr er auf englisch fort. Er reichte Fritz ein Glas Weißwein.
    Fritz nickte. Jonathan fand die Szene amüsant. Die überdimensionalen Weingläser glichen Kelchen aus einer Wagneroper. Reeves saß nun seitwärts in seinem Sessel.
    »Fritz ist Taxifahrer«, sagte er. »Hast Herrn Bianca oft abends nach Haus gebracht, was, Fritz?«
    Fritz brummelte etwas und lächelte.
    »Nicht oft, nur zweimal«, übersetzte Reeves. »Klar, wir wollen ja nicht –« Er zögerte, als überlege er, in welcher Sprache er fortfahren sollte, und sagte dann zu Jonathan: »Bianca würde Fritz wahrscheinlich nicht wiedererkennen. Falls doch, ist das nicht weiter schlimm, weil Fritz am Meßberg aussteigt. Wichtig ist nur, daß Sie sich morgen vor der U-Bahn-Station Rathaus mit Fritz treffen, dann zeigt er Ihnen den… unsern Bianca.«
    Fritz nickte. Offenbar verstand er jedes Wort.
    Morgen also. Jonathan hörte schweigend zu.
    »Also, Sie steigen beide am Rathaus zu, so gegen Viertel nach sechs. Seien Sie lieber schon vor sechs da – Bianca könnte aus irgendeinem Grund einen Zug früher nehmen, obschon er normalerweise immer um Viertel nach sechs kommt. Karl wird Sie hinfahren, Paul, machen Sie sich darum keine Sorgen. Sie und Fritz sollten sich nicht zu nahe kommen, aber es kann sein, daß Fritz mit Bianca und Ihnen mitfahren muß, damit er ihn eindeutig identifizieren kann. Auf jeden Fall steigt Fritz an der nächsten Station, Meßberg, wieder aus.« Reeves sagte auf deutsch etwas zu Fritz und streckte die Hand aus.
    [99]  Aus einer Innentasche zog Fritz eine kleine, schwarze Pistole hervor und gab sie Reeves. Der blickte zur Tür, als habe er Angst, Gaby könne hereinkommen, doch allzu groß schien die Angst nicht zu sein; außerdem paßte die Waffe fast in seine Handfläche. Nach einigem Herumhantieren zog er den Schlitten zurück und warf einen Blick ins Rohr.
    »Geladen und gesichert. Hier. Verstehen Sie etwas von Schußwaffen, Paul?«
    Jonathan wußte sehr wenig darüber. Reeves erklärte ihm die Pistole, Fritz half ihm dabei. Wichtig war vor allem der Sicherungshebel. Und wie er vorher die Waffe entsicherte. Von dieser italienischen Pistole hatte Reeves gesprochen.
    Fritz mußte gehen. Er nickte Jonathan zum Abschied zu: »Bis morgen um sechs!«
    Reeves brachte ihn zur Tür und kam mit einem rotbraunen, nicht mehr ganz neuen Tweedmantel zurück. »Der ist sehr weit«, sagte er. »Schlüpfen Sie mal rein.«
    Jonathan wollte den Mantel nicht anprobieren, dennoch stand er auf und zog ihn an. Die Ärmel waren ein bißchen zu lang. Jonathan steckte die Hände in die Taschen und stellte fest, daß das Futter der rechten Tasche durchtrennt war, wie Reeves auch gerade sagte. Er solle die Pistole in der rechten Jackentasche tragen, sie durch die Manteltasche ziehen, feuern, am besten nur einmal, und die Waffe fallen lassen.
    »Sie werden eine Menge Menschen um sich sehen«, sagte Reeves, »einige hundert ungefähr. Hinterher weichen Sie zurück, genau wie alle andern, weil der Schuß Sie [100]  erschreckt hat.« Reeves machte es ihm vor, indem er rückwärts ging und sich dabei nach hinten lehnte.
    Zum Kaffee tranken sie Steinhäger. Reeves fragte nach dem Leben in Fontainebleau, nach Simone und Georges. Ob der Junge nur Französisch oder auch Englisch spreche?
    »Er kann schon ein paar Brocken«, erwiderte Jonathan. »Ich kann ihm nicht so viel beibringen, weil ich ihn zuwenig sehe.«

[101]  7
    Am nächsten Morgen kurz

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