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Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund

Titel: Ripley’s Game oder Der amerikanische Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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Geld zu erklären, war ihm zuwider.
    Am Ende würde Simone womöglich noch mit Ripley reden. Vielleicht würde sie ihn anrufen, ein Treffen vereinbaren? Aber er verwarf den Gedanken gleich wieder. Simone mochte Tom Ripley nicht. Sie würde ihm sicher nicht nahe kommen wollen.
    Noch in derselben Woche erschien Ripley in Jonathans Laden. Sein Bild war schon seit Tagen fertig. Als er kam, hatte Jonathan gerade einen Kunden zu bedienen. Ripley [220]  trat an die Wand und besah sich einige vorgefertigte Rahmen, die dort lehnten. Offenbar störte es ihn nicht zu warten, bis Jonathan Zeit für ihn hatte. Endlich ging der Mann.
    »Guten Morgen«, sagte Tom freundlich. »Es war doch nicht so leicht, jemanden zu finden, mein Bild abzuholen, also bin ich selber gekommen.«
    »Ja klar. Es ist fertig.« Jonathan ging nach hinten, um das Bild zu holen. Er hatte es in braunes Packpapier eingeschlagen, aber nicht verschnürt, und ein Etikett mit Klebestreifen am Papier befestigt: RIPLEY . Er trug das Bild zum Ladentisch. »Möchten Sie es sehen?«
    Tom war sehr zufrieden. Er hielt es auf Armeslänge von sich. »Prima. Sehr schön. Was bin ich schuldig?«
    »Neunzig Franc.«
    Tom zückte seine Brieftasche. »Sonst alles in Ordnung?«
    Jonathan mußte ein paarmal tief Luft holen, bevor er antworten konnte. »Da Sie schon fragen…« Er nahm den Hundertfrancschein, nickte höflich, öffnete die Kasse und entnahm das Wechselgeld. »Meine Frau…« Jonathan warf einen Blick zur Tür, froh, daß gerade niemand kam. »Sie hat mit Gauthier gesprochen. Er hat ihr zwar nicht erzählt, daß diese Geschichte über mein… Hinscheiden von Ihnen stammt, aber sie hat es anscheinend erraten. Wie, weiß ich wirklich nicht. Intuition?«
    Tom hatte so etwas kommen sehen. Er kannte seinen Ruf, er wußte, daß viele ihm mißtrauten und aus dem Weg gingen. Oft hatte er gedacht, sein Ich hätte schon vor langem zerbrechen können (das eines Durchschnittsmenschen wäre sicher zerbrochen), wenn es nicht so gewesen [221]  wäre, daß die Leute nach einem Abend in Belle Ombre ihn und Héloïse mochten und die Ripleys wiederum zu sich einluden. »Und was haben Sie Ihrer Frau gesagt?«
    Jonathan sprach schnell, denn sie hatten vielleicht nicht viel Zeit: »Was ich von Anfang an gesagt habe, daß Gauthier mir nie verraten wollte, wer mit der Geschichte angefangen hat. Stimmt ja auch.«
    Tom überraschte das nicht. Gauthier hatte sich edelmütig geweigert, seinen Namen zu nennen. »Na gut, immer mit der Ruhe. Wenn wir uns nicht mehr treffen, dann… Tut mir leid, das neulich abend beim Konzert.« Er lächelte.
    »Ja, das war Pech. Nur, das schlimmste ist, daß Simone Sie mit dem Geld in Zusammenhang bringt, das wir jetzt haben. Oder es doch versucht. Dabei hab ich ihr gar nicht mal gesagt, wieviel es ist.«
    Auch das überraschte Tom nicht. Ärgerlich war es allerdings. »Ich werde Ihnen keine Bilder zum Rahmen mehr bringen.«
    Ein Mann bugsierte mühsam eine große, aufgespannte Leinwand durch die Tür.
    »Bon, M’sieur!« Tom winkte mit der freien Hand. »Merci. Bonsoir.«
    Er ging. Sollte Jonathan Angst bekommen, konnte er ihn ja anrufen. Das hatte er ihm mindestens einmal gesagt. Pech für Trevanny, ärgerlich für den Mann, daß seine Frau ihn, Tom, verdächtigte, das böse Gerücht in Umlauf gebracht zu haben. Andererseits ergab sich daraus nicht ohne weiteres eine Verbindung zu Geldern von Krankenhäusern in Hamburg und München, geschweige denn zu der Ermordung zweier Mafiosi.
    [222]  Am Sonntag morgen hängte Simone im Garten gerade Wäsche auf, und Jonathan baute mit Georges eine Mauer aus Steinen, als es an der Tür klingelte.
    Eine Nachbarin, ungefähr sechzig, wie hieß sie noch gleich? Delattre? Delambre? Sie schien verstört.
    » Pardon, Monsieur Trevanny.«
    »Kommen Sie herein«, sagte Jonathan.
    »Es geht um Monsieur Gauthier. Haben Sie schon gehört?«
    »Nein.«
    »Er wurde von einem Auto überfahren. Gestern abend. Er ist tot.«
    »Tot? Hier in Fontainebleau?«
    »Er war auf dem Heimweg, so gegen Mitternacht, er hatte den Abend mit einem Freund verbracht, der in der Rue de la Paroisse wohnt. Monsieur Gauthier wohnt in der Rue de la République, wie Sie wissen, die geht von der Avenue Franklin Roosevelt ab. An dieser Kreuzung ist es passiert, an der mit der Grünfläche in der Mitte. An der Ampel. Jemand hat gesehen, wer es war, zwei junge Burschen in einem Wagen. Sie haben nicht angehalten. Die haben bei Rotlicht Monsieur Gauthier

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