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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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das Gefühl, daß Sie jetzt, nach mehr als einem Vierteljahrhundert der Ungewißheit, endlich herausfinden wollen, was damals Ihrem Bruder wirklich zugestoßen ist.«
    Neidelman hielt einen Augenblick inne, ohne den Blick von seinem Gegenüber zu wenden. Dann fuhr er so leise fort, daß Hatch ihn nur mit Mühe verstehen konnte. »Ich weiß, daß Sie an finanziellem Gewinn nicht interessiert sind. Und ich verstehe, daß Ihr Schmerz sie dazu gebracht hat, diese Insel zu hassen. Genau aus dem Grund habe ich alle meine Vorbereitungen getroffen, bevor ich zu Ihnen gekommen bin. Thalassa ist in dieser Branche die Nummer eins auf der ganzen Welt. Wir verfügen über eine technische Ausrüstung, von der Ihr Großvater nur hätte träumen können. Wir haben Schiffe gechartert und Taucher, Archäologen, Ingenieure und sogar einen Expeditionsarzt angeheuert. Alle diese Leute warten nur darauf, endlich eingesetzt zu werden. Ein Wort von Ihnen genügt, und ich verspreche Ihnen, daß die Wassergrube innerhalb eines Monats ihr Geheimnis preisgegeben haben wird. Wir werden alles über sie wissen.« Das Wort »alles« flüsterte Neidelman mit besonderem Nachdruck.
    »Und warum lassen wir die Grube nicht einfach in Ruhe?« murmelte Hatch. »Warum lassen wir ihr nicht ihr Geheimnis?«
    »Weil das nicht meinem Naturell entspricht, Dr. Hatch. Entspricht es etwa dem Ihren?«
    In der Stille, die seinen Worten folgte, schlugen die Glocken von Trinity Church fünf Uhr. Das Schweigen dauerte eine, dann zwei und schließlich volle fünf Minuten.
    Dann nahm Neidelman das Blatt Papier vom Schreibtisch und steckte es wieder in seine Aktenmappe. »Ihr Schweigen ist mir Antwort genug«, sagte er ruhig und ohne eine Spur von Groll. »Ich habe zuviel von Ihrer Zeit in Anspruch genommen. Morgen werde ich meinen Geschäftspartnern mitteilen, daß Sie unser Angebot abgelehnt haben. Guten Tag, Dr. Hatch.« Er drehte sich um und ging, aber als er an der Tür war, hielt er noch einmal inne. »Eine letzte Sache noch«, sagte er zu Hatch.
    »Sie haben mich vorhin gefragt, was uns von den anderen Schatzsuchern unterscheidet. Es gibt da tatsächlich etwas. Wir haben Informationen über die Wassergrube, die bisher niemand hatte. Nicht einmal Sie.«
    Hatch blieb sein höhnisches Lachen im Halse stecken, als er Neidelmans Gesicht sah.
    »Wir wissen, wer die Grube entworfen hat«, erklärte der Kapitän ruhig.
    Hatch spürte, wie sich seine Fingerkuppen in seine Handflächen gruben. »Wie bitte?« krächzte er.
    »Und damit nicht genug. Wir haben auch das Tagebuch, das der Mann während der Bauarbeiten geführt hat.« In der Stille, die Neidelmans Worten folgte, holte Hatch mehrmals hintereinander tief Luft. Er blickte hinunter auf seinen Schreibtisch und schüttelte den Kopf. »Nicht schlecht«, brachte er schließlich hervor. »Ich glaube, ich habe Sie unterschätzt. Zum erstenmal seit vielen Jahren habe ich etwas wirklich Originelles gehört. Vielen Dank, Kapitän Neidelman, damit ist dieser Tag für mich gerettet.«
    Als Hatch aufblickte, bemerkte er, daß Neidelman bereits gegangen war und er in ein leeres Zimmer hineinsprach.
    Es dauerte einige Minuten, bis er es schaffte, vom Schreibtisch aufzustehen. Als er sein Laborbuch in seine Aktentasche steckte, fiel ihm auf, daß Neidelman seine Karte hinterlassen hatte. Darauf hatte er eine Telefonnummer gekritzelt, offenbar die des Hotels, in dem er abgestiegen war. Hatch fegte die Karte in den Papierkorb, packte seine Aktentasche und verließ das Labor. Entschlossenen Schrittes ging er durch den langsam hereinbrechenden Sommerabend nach Hause. Um zwei Uhr früh aber befand er sich wieder in seinem Labor. Er tigerte, Neidelmans Visitenkarte in der Hand, vor dem dunklen Fenster auf und ab. Es wurde drei Uhr, bis er schließlich zum Telefonhörer griff.

3
    Hatch parkte seinen Mietwagen auf dem nicht asphaltierten Abstellplatz über der Pier und stieg langsam aus. Er schlug die Tür zu, blieb stehen und schaute, die Hand noch immer am Griff, hinaus auf den Hafen. Seine Blicke wanderten über die lange, schmale, von Granitfelsen begrenzte Bucht, wo im kühlen, silbrigen Licht Hummerboote und Trawler vor Anker lagen. Selbst nach fünfundzwanzig Jahren erkannte Hatch noch einige am Namen wie zum Beispiel die »Lola B.« oder die »Maybelle W.«
    Die kleine Stadt Stormhaven zog sich mit ihren schindelverschalten Holzhäusern und gewundenen kopfsteingepflasterten Straßen vom Hafen ausgehend den Hang hinauf. Weiter oben,

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