Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Personen praktiziert, die Zeit und Geld verschwenden, um sich auf Kosten anderer, auch ihres Unternehmens, zu schützen (Kapitel 3). Die Furcht vor persönlicher Verantwortung schafft einen Markt für wertlose Produkte, die von hochbezahlten Fachleuten geliefert werden.
Wohin geht der Aktienmarkt?
Beginnen wir mit dem entscheidenden Jahr 2008, dem Beginn der Hypothekenkrise. Die von Bloomberg.com befragten Berufsauguren rechneten mit einem ertragreichen Jahr; durchschnittlich sagten sie einen Gewinn von 11 Prozent voraus. 96 Niemand rechnete mit einem Verlust. Ende des Jahres war der Standard & Poor-Index um 38 Prozent gefallen, und ein Großteil der Weltwirtschaft lag in Trümmern. Für den deutschen DAX -Index waren die Vorhersagen für Ende 2008 ebenso positiv gewesen. Die optimistischste Einschätzung kam von der WGZ -Bank in Düsseldorf, die einen Anstieg des DAX von 8067 Punkten Ende 2007 auf 10250 Punkte bis Ende 2008 prophezeite. 97 Entsprechend prognostizierte die Deutsche Bank, dass der Index von 8200 auf 8600 klettern würde. Die pessimistischste Vorhersage lieferte die US -amerikanische Investmentbank Morgan Stanley mit 7770 Punkten. Ende 2008 war der DAX auf 4810 Punkte abgestürzt. Nicht eine einzige Bank hatte den Crash vorhergesehen.
Zur Ehrenrettung der Analysten könnte man einwenden, dass jeder Fehler mache und dass dieses Jahr das einzige sei, in dem die Prognosen so krass danebenlagen. Gehen wir also ein Jahr zurück und schauen wir, wie genau 30 Banken Ende 2006 den Schlusswert des Jahres 2007 vorhersagten. Die Vorausberechnungen bewegten sich zwischen 5800 und fast 8000 Punkten. Wieder lag der tatsächliche Wert mit 8067 Punkten außerhalb des Gesamtbereichs der Voraussagen. Dabei erklärt sich das prognostische Unvermögen der Banken nicht etwa damit, dass sie generell übermäßig zuversichtlich oder vorsichtig wären. Dieses Mal waren alle 30 Banken zu pessimistisch gewesen, nur um ein Jahr später wieder viel zu optimistisch zu sein.
Nun ließe sich vorbringen, dass es, auch wenn prominente Banken keine glückliche Hand mit ihren Prognosen haben, doch einige Geldinstitute geben muss, die besser als die anderen abschneiden. Natürlich werden immer einige bessere Ergebnisse erzielen als andere, selbst wenn sie ihre Vorhersagen erwürfeln. Das können wir etwa überprüfen, indem wir feststellen, ob die Banken, die den DAX besser vorhersagen, auch bessere Prognosen zum Wechselkurs abgeben. Abbildung 5.2 zeigt den DAX -Ausblick der besten Banken zwei Jahre vor der Krise zusammen mit ihren Einschätzungen des Euro-Dollar-Wechselkurses. Wir erinnern uns: 2006 war eines der wenigen Jahre, in denen die Vorhersagen über die Wechselkurse nicht vollkommen danebenlagen (Abbildung 5.1). Wenn mehr als bloßes Glück im Spiel wäre, hätten die Banken, die den DAX am besten voraussagten, auch besser bei den Prognosen der Wechselkurse abschneiden müssen. Doch es gibt nicht das geringste Anzeichen dafür, dass hier echte Fertigkeiten im Spiel gewesen wären. Credit Suisse, die bei den DAX -Vorhersagen an der Spitze lag, schnitt beim Wechselkurs schlechter ab als die fünf Banken, die beim DAX die Schlusslichter gebildet hatten.
Generell entsteht der Eindruck, dass Bankanalysten die Volatilität des Aktienmarkts und der Wechselkurse unterschätzen. Schuld daran sind zum einen die mathematischen Modelle, die sie verwenden. Diese behandeln die extrem unberechenbaren Finanzmärkte, als könnte man die Risiken vorhersagen. Infolgedessen entgehen den Prognosen ständig die großen Auf- und Abschwünge; zutreffend sind die Vorhersagen nur, wenn nichts Auffälliges geschieht, das heißt, wenn sich der Trend des Vorjahres fortsetzt.
Abbildung 5.2: Illusorische Gewissheit bei Aktien- und Wechselkursvoraussagen. Prognosen der Aktienkurse (DAX) und der Euro-Dollar-Wechselkurse, abgegeben Ende 2005 für Ende 2006. Zur Zeit der Vorhersage lag der DAX bei rund 5400 und der Euro bei etwa 1,18 US-Dollar. Credit Suisse, die Bank mit den besten Vorhersagen für Aktien, gab eine der schlechtesten Prognosen über den Wechselkurs ab, und UBS, die Bank mit einer der schlechtesten Vorhersagen für Aktien, lieferte die beste Prognose zum Wechselkurs.
Die Treffgenauigkeit beider Vorhersagen wies keinerlei Zusammenhang auf und war erschreckend schlecht. Der tatsächliche Aktienkurs lag weit außerhalb des gesamten Prognosebereichs, und der Wechselkurs wurde von den meisten Banken unterschätzt (vgl. Abbildung
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