Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft (German Edition)
Interviewerin wurde geändert. Die österreichischen Banken sind gesetzlich verpflichtet, im Verhältnis 40 zu 60 in Aktien beziehungsweise Anleihen zu investieren – die Grundlage für die Zinsen, die sie zusätzlich zur Prämie zahlen.
Abbildung 5.3: Für Pensionsvorsorge warben österreichische Banken in Riesenlettern mit »9 %«. Das vermittelte den Eindruck eines staatlich subventionierten Zinssatzes, bezog sich aber in Wirklichkeit auf eine einmalige Prämie. Eine junge Frau ging zu zehn Banken und fragte die Anlageberater: Sind 9 % ein Zinssatz ? Während die richtige Antwort »Nein« lautete, behaupteten eine Reihe von Beratern fälschlicherweise »Ja« oder waren verwirrt.
Kapitel 6
Führungsstil und Intuition
Der intuitive Geist ist ein Geschenk und der rationale Geist ein treuer Diener.
Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.
Albert Einstein
Der Ort des Geschehens ist ein kleiner, eleganter Vortragsraum mit roten Sesseln, Kronleuchtern und einem gemütlichen Kamin. Ich habe gerade einen kleinen Vortrag über Bauchentscheidungen und die Geschäftswelt beendet, die Diskussion ist eröffnet. Der Gastgeber, ein hochrangiger Manager, steht auf.
»Ich erinnere mich noch an eine leidenschaftliche Diskussion, die wir, die fünf Vorstandsmitglieder unserer Bank, geführt haben. Sollten wir die geplante Fusion mit einer globalen Kreditgruppe durchführen oder doch lieber nicht? Am frühen Morgen warnte uns einer, er habe ein schlechtes Bauchgefühl. Wir forderten ihn auf, uns zu erklären, was nicht stimme. Er konnte es nicht wirklich sagen, aber brachte dann einige Gründe vor. Wir zerrissen sie alle in der Luft, entschieden uns für die Fusion und schlitterten mitten hinein in die Katastrophe.«
Er hält inne. Die Zuhörer, 24 Unternehmer mit ihren Ehepartnern – die besten Kunden der Bank –, warten gespannt auf die Moral von der Geschicht.
»Nun«, fährt er fort, »ich habe daraus etwas gelernt. Wenn jemand ein negatives Bauchgefühl hat, hat es keinen Sinn, ihn nach dem Warum zu fragen. Denn er wird es nicht wissen. Wir müssen eine andere Frage stellen, aber nicht an ihn. Wir müssen uns fragen, ob er unter uns derjenige mit der größten Erfahrung auf dem betreffenden Gebiet ist. Wenn die Antwort ›Ja‹ lautet, verzichten wir auf alle weiteren Fragen und suchen uns eine andere Investitionsmöglichkeit.«
Zuvor hatte ich den Vortrag vor einer anderen Gruppe von Kunden der Bank gehalten, und diesem Manager war klar geworden, was aus der Definition von Intuition folgt. Wie oben beschrieben, ist ein Bauchgefühl oder eine Intuition ein Urteil, das (1) rasch im Bewusstsein auftaucht, (2) dessen tiefere Gründe uns nicht vollkommen bewusst sind und das (3) stark genug ist, um uns danach handeln zu lassen. Ein Bauchgefühl zu haben heißt, dass man spürt, was man tun sollte, ohne erklären zu können, warum. Wir wissen mehr, als wir sagen können. Eine Intuition ist weder eine Laune noch ein sechster Sinn, sondern eine Form unbewusster Intelligenz. Definitionsgemäß kann man die Gründe nicht wissen, erfindet sie aber möglicherweise im Nachhinein, wenn man gedrängt wird, welche zu nennen. Intuition ernst zu nehmen heißt, die Tatsache zu akzeptieren, dass sie eine Form von Intelligenz ist, die man nicht artikulieren kann. Fragen Sie nicht nach Gründen, wenn jemand mit guter Erfahrung ein schlechtes Bauchgefühl hat.
In Kapitel 2 habe ich die Ansicht vertreten, dass wir in einer ungewissen Welt neben Kalkulation auch Intuition brauchen. Da die meisten Teile unseres Gehirns unbewusst arbeiten, wären wir töricht, wenn wir das dort gespeicherte Wissen außer Acht ließen. Sogar die Großhirnrinde, in der die Flamme des Bewusstseins brennt, ist – wie die älteren Teile unseres Gehirns – gespickt mit unbewussten Prozessen. Trotzdem wird vielfach die Auffassung vertreten, Berechnung sei die einzig mögliche Grundlage für gute Entscheidungen und Intuition nur ein schlechter Ersatz, auf den man am besten verzichten sollte.
Die Verleumdung der Intuition
Intuition stand nicht immer in dem zweifelhaften Ruf, den sie heute in der westlichen Welt hat. Im abendländischen Denken galt sie einst als die sicherste Form der Erkenntnis. Von Engeln und spirituellen Wesen nahm man an, dass sie mit unfehlbarer Klarheit intuitiv erahnten, was bloß menschlichem Denken verschlossen blieb. Heute wird sie als unzuverlässige und verdächtige Richtschnur des
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