Riskante Enthüllung (German Edition)
Augen, doch das erwies sich als unnötig. Die Schatten wurden bereits länger und bald würde sich, nach einem überirdisch schönen Sonnenuntergang, die abgrundtief schwarze Dunkelheit der Wüstennacht über das Camp senken. In der kurzen Zeit der Dämm e rung nahmen selbst alle sonst so bekannten Linien gespenstische Formen an. Dann, ganz plötzlich, sank die Temper a tur rapide, man konnte buchstäblich die Hand nicht mehr vor Augen sehen, und es fielen einem schlagartig längst vergessen g e glaubte Beklemmungen und Ängste aus der Kindheit wieder ein.
Während Tommy und ich unsere Zelte und Reisetaschen aus dem Wagen holten, hörte ich die anderen Männer im Küchenzelt diskuti e ren.
Nachdem wir mit gegenseitiger Hilfe zwei kleine Zelte nebeneina n der errichtet hatten, stellte ich ein Feldbett auf, hängte den stroml o sen Leuchtstab an den Rahmen, breitete meinen Schlafsack auf dem Bett aus und machte mich auf den Weg zum Badezi m mer-Zelt. Es beherbergte chemische Toiletten, einen Wasserbehä l ter mit winzigem Hahn für die Katzenwäsche, denn die Duschen lagen im Freien, spa r tanisch von blauen Plastikvorhängen umlappt.
Auf dem Rückweg begegnete ich dem Geologen Stevens. Er machte mich darauf aufmerksam, dass im Küchenzelt das Aben d essen bereitstand, doch ich hatte keinen Hunger und wollte mich bald in mein Bett verkriechen. Er lachte, hob eine Hand, als wolle er etwas Geistreiches beisteuern, winkte dann jedoch ab. Ich hatte den Ei n druck als habe er nicht nur Mr. Kirk, sondern auch den hinterlistigen ägyptischen Rotwein intensiver kennen gelernt.
Nachdem ich mein Zelt endgültig häuslich eingerichtet hatte, setzte ich mich auf einem Campingstuhl davor. Nach einer Weile gesellte sich Tommy zu mir. Schweigend genossen wir das Scha u spiel der einbrechenden Dämmerung über der ägyptischen Lan d schaft, das mich jedes Mal aufs neue gefangen nahm. Alles wurde zu Farbe ve r wandelt und zwischen Himmel und Erde entstanden die lebendigsten Kontraste. Tief am Horizont hing ein rot glühendes Licht und übe r zog den Himmel mit lodernden Flammen. Langsam verblasste die grelle Farbe und ging in ein sanftes rosa über, bis es regenbogengleich von hellrosa zu smaragdgrün wechselte und mit einem fluoresziere n den Goldton hinter dem sandigen Horizont versank.
Sie wussten schon, wovon sie sprachen, die alten Ägypter, die Ra, das große Licht, anbeteten und in ihren Herzen zum Gott machten.
Die Nacht war kalt, und so geräuschlos, dass ich mich von me i nem eigenen Atmen belästigt fühlte. Wahrscheinlich würde ich mich nie ganz an die Stille gewöhnen, obwohl ich bereits mehrere Camps in abgelegenen Gebieten besucht hatte. Ab und zu hörte ich jemanden zum Toilettenzelt gehen und das Geräusch eines sich schließenden Zeltreißverschlusses hallte absurd laut durch die Nacht.
Ich konnte mir nicht erklären, warum ich nicht schlafen konnte. Ich hatte das Gefühl es müsse jeden Augenblick Tag sein, doch der wiederholte Blick auf meine Armbanduhr belehrte mich eines Be s seren. Gegen Morgen musste ich dann doch eingeschlafen sein, denn ich schrak auf, als sich ein paar Männer in der Nähe meines Zeltes lautstark mit dem typisch arabischen Silbenfeuerwerk unte r hielten. Ich verstand nur Brocken dieser Sprache, die ich bei meiner Arbeit aufg e schnappt hatte.
Ich erledigte meine Morgentoilette und erschien als Letzte beim Frühstück, mit den Olympischen Ringen unter den Augen. Die Männer begrüßten mich freundlich, als hätten wir bereits Wochen zusammen verbracht. Von der distanzierten, leicht gereizten Sti m mung des Vortages, war nichts mehr zu spüren. Tommy schenkte mir Ka f fee ein und Smith reichte mir ungefragt Milch und Zucker. Er musste sich gestern gemerkt haben, wie ich meinen Kaffee am liebsten mochte. Ich fand das sehr aufmerksam von ihm und bedachte ihn mit me i nem nettesten Lächeln, das ich zu so früher Stunde leisten konnte.
„Ich würde gern mitkommen, wenn Sie heute Ihren Grabung s platz bestimmen“, sagte Kirk an Smith gewandt. „Aus reiner Neugier ve r steht sich“, fügte er hinzu.
„Selbstverständlich“, sagte Smith kauend. Ihn umgab die Schwingung eines Wissenschaftlers, der keine Zeit mit Rivalitäten ve r schwendete und sich voll und ganz auf die Arbeit konzentrierte. In seiner Gegenwart entspannte ich mich und freute mich auf die A r beit. „Wir haben heute Morgen bereits unsere Geräte aufgebaut und festgestellt, dass er sich südwestlich von hier,
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