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Riskante Liebe

Riskante Liebe

Titel: Riskante Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cara Enders
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Ihr seid lange genug untätig geblieben und könnt nun zu eurer Arbeit zurückkehren.«
    Wieder hasste ich sie für ihren offenkundigen Mangel an Trauer und Mitgefühl. Sie hatte Jolaria ihr Leben lang gekannt. Diese hatte ihr vermutlich durch ihre aufopfernde Pflege während ihrer heftigen Magen-Erkrankung das Leben gerettet. Aber Seratta benahm sich so, als ob eine ihr völlig Fremde gestorben wäre und ging unmittelbar nach dem Begräbnis sofort wieder zum Alltag über. Bisher war kein einziges Wort des Bedauerns über ihre Lippen gekommen.
    Tarisa und Zaria blickten mich beim Weggehen besorgt an, ließen mich aber – vermutlich aufgrund meines versteinerten Gesichtsausdrucks – in Ruhe. Ich dachte nicht daran, etwas zu arbeiten, sondern betrat schweren Herzens unsere Hütte, in der mich alles an meine Mutter erinnerte. Ich konnte nicht glauben, dass sie fort war. Mir war, als müsse sie jeden Augenblick mit ihrem federnden Schritt und gefülltem Kräuterkorb hereinkommen, mich freundlich ansehen und fragen, wie mein Tag gewesen sei. Dann fiel mein Blick auf ihr zerdrücktes Lager, worauf sie heute Morgen noch gelegen hatte, und ich spürte, wie die Tränen über meine Wangen rollten. Was tat ich hier? Ich hatte Drake mit einer Lüge fortgeschickt, um sie zu retten. Aber mein Opfer war umsonst gewesen. Abwechselnd trauerte ich um ihn und um Jolaria.
    Und wieder störte mich unsere Anführerin. Ich hatte geglaubt, sie sei mit den anderen auf den
    Dorfplatz gegangen, um zu kontrollieren, dass alles nach ihre Willen ging. Aber sie kam unvermittelt zu mir herein, allein und ohne ihren Speer, was seltsam war, da sie diesen eigentlich nie aus der Hand legte. Ich hob meinen Kopf, den ich, auf meinem Lager sitzend, in den Händen vergraben gehabt hatte und blickte ihr halb unwillig, halb fragend entgegen. Sie ließ sich auf Jolarias Lager, mir gegenüber nieder und begann, zu sprechen.
    »Veeria, es ist an der Zeit, einige Dinge klarzustellen. Jolaria ist tot, du bist allein. Ich weiß, dass du und sie sich gut verstanden haben und habe euer Zusammensein dennoch geduldet. Das hat einen besonderen Grund: Jolaria hat als einzige gewusst, wer du bist. Ich war auf ihr Schweigen angewiesen. Aber nun habe ich mich entschlossen, dich einzuweihen. Ich bin die Frau, die dich im Bauch getragen und zur Welt gebracht hat.«
    Wie vom Blitz getroffen starrte ich sie an. Seratta war meine Mutter? Aber das war unmöglich. Wie sollte sie schwanger geworden sein und unbemerkt von den anderen gebären? Alles in mir wehrte sich gegen die entsetzliche Vorstellung, von dieser Frau abzustammen. Sie redete weiter.
    »Ich wollte auch einmal im Leben das Gefühl verspüren, wie es ist, ein Kind zu bekommen und ließ mich deshalb heimlich von Jolaria befruchten. Ich habe ihr angedroht, sie töten zu lassen, wenn sie es jemandem verrät. Meine blutenden Tage blieben aus und mein Leib wurde rund. Da es in der kalten Jahreszeit geschah und ich meine Umhänge trug, hat es niemand bemerkt. Als es soweit war und ich Wehenschmerzen bekam, ließ ich Jolaria rufen und gab vor, krank zu sein. Sie hat mich in dieser Nacht entbunden. Es war eine schwere Geburt und ich meinte, sterben zu müssen. Ich habe das Bewusstsein verloren und mich danach geweigert, dich zu sehen. Säugen konnte ich dich ohnehin nicht, da keiner von dir wissen durfte. In derselben Nacht gebar eine der anderen Frauen ebenfalls ein Kind, das tot zur Welt kam. Jolaria hat auf meine Anweisung die Säuglinge vertauscht und du bist von der anderen Gebärerin gesäugt worden in dem Irrglauben, ihr Kind zu sein. Glücklicherweise ist sie vor vielen Sommern gestorben.«
    Das war die Frau gewesen, von der mir Jolaria erzählt hatte. Serattas Gesicht leuchtete förmlich vor unterdrückter Aufregung.
    »Veeria, ich habe dich, auch in der Zeit, die du im Kinderhaus verbracht hast, nie aus den Augen verloren. Und ich war es, die bestimmt hat, dass du zu Jolaria kommst. Ich bin stolz auf dich. Du bist eine gute Heilerin und eine hervorragende Jägerin geworden und damit würdig, wenn ich nicht mehr bin, das Dorf anzuführen. Deinen Mut hast du von mir.«
Beinahe hätte ich laut und verächtlich aufgelacht. Wann hatte Seratta – außer damals, als sie sich gegen ihren Vater zur Wehr gesetzt hatte – Mut bewiesen? Sie regierte uns mit Schläue, Grausamkeit und Unterdrückung, hatte ständig die Wächterinnen um sich herum, würde sich aber nie allein in den Wald begeben. Mit den Wächterinnen

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