Riskante Nächte
Ihrem Bekanntenkreis war, die schwimmen konnten«, sagte sie.
»Sie war die einzige Frau, die ich kenne, die schwimmen konnte, von mir selbst einmal abgesehen«, erklärte Emma. »Es ist eine Fertigkeit, die nur wenige Frauen je erlernen.«
»Das würde Mr. Stalbridges Theorie untermauern, dass sie möglicherweise ermordet wurde. Warum sollte eine Frau, die schwimmen kann, gerade ins Wasser gehen, um Selbstmord zu begehen?«
»Jede Frau, ob Schwimmerin oder Nichtschwimmerin, die voll bekleidet in den Fluss springt, würde mit ziemlicher Gewissheit ertrinken«, gab Emma zu bedenken. »Eine elegante Lady trägt oft fast zwanzig Kilogramm Kleidung am Leib. Das Gewicht ihrer Röcke und Korsetts zöge sie ebenso sicher auf den Grund, als wäre sie an einen Felsbrocken gekettet.«
Louisa erschauderte. »Richtig.« Sie wandte sich abermals ihren Notizen zu. »Sie sagten, Sie hätten sie nicht gut gekannt.«
»Exakt. Ich glaube nicht, dass sie persönlich über Familienbeziehungen von Bedeutung verfügte. Ich bin ihr gelegentlich auf Gesellschaften begegnet, aber darauf beschränkte sich unsere Bekanntschaft auch schon.«
»Ihre Zofe erzählte mir, dass Hastings die Angewohnheit hatte, seine Geschäftsangelegenheiten mit ihr zu besprechen. Es ist ziemlich unüblich für einen Ehemann, dies zu tun. Er muss ihre Intelligenz geschätzt haben.«
Emma nickte. »Sie machte auf mich den Eindruck einer sehr schlauen Frau. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie einiges von Finanzen verstand.«
Louisa klappte das Notizbuch zu und lehnte sich in ihrem Schreibtischsessel zurück. »Es gibt da etwas in Bezug auf Mr. Stalbridge, das mir Sorgen macht.«
Emma sah sie fragend an. »Es freut mich zu hören, dass Ihre Intuition noch wachsam ist. Sagen Sie mir, was Sie beunruhigt. Einmal abgesehen von der Tatsache, dass er weiß, wie man einen Tresor knackt, versteht sich.« Sie machte eine Kunstpause. »Ich gehe davon aus, Ihnen ist bewusst, wie ungewöhnlich dieses Talent für einen Gentleman ist?«
»Ich gebe zu, besagte Fähigkeit wirft einige Fragen auf, doch was mich am meisten beunruhigt, ist, dass er besessen von der fixen Idee scheint, Fiona Risbys Tod sei kein Selbstmord gewesen. Ich hatte gestern Abend den Eindruck, er würde nichts unversucht lassen, um zu beweisen, dass sie ermordet wurde.«
Emma zuckte mit den Achseln. »Ich vermute, es liegt daran, dass er seinen eigenen Namen reinwaschen möchte.«
Louisa hörte mit dem Getrommel ihrer Finger auf. »Was in aller Welt meinen Sie damit?«
»Sie haben sich im letzten Jahr zu der Zeit von Fionas Tod nicht in den gehobenen Kreisen bewegt. Sie haben nicht die Gerüchte gehört, die die Runde machten.«
»Welche Gerüchte?«
»Es wurde damals gemunkelt, Mr. Stalbridge stünde kurz davor, seine Verlobung mit Miss Risby zu lösen. Einige behaupteten, dass die Aussicht auf die Demütigung, sitzen gelassen zu werden, Miss Risby dazu trieb, sich das Leben zu nehmen.«
Louisa erschauderte. »Jede Frau, die von ihrem Verlobten verlassen wird, befindet sich in einer abscheulichen Lage, was ihre gesellschaftliche Stellung betrifft. Aber würde sie deswegen sofort den Freitod wählen?«
»Es wäre nicht das erste Mal. Eine verlassene Frau ist gewissermaßen eine Ausgestoßene in den Augen der gehobenen Gesellschaft. Viele hätten von ihr erwartet, dass sie sich ganz aus der Öffentlichkeit zurückzieht, wie eine Witwe im ersten Trauerjahr.«
»Stammte sie aus einer wohlhabenden Familie?«, fragte Louisa. Sie redete sich ein, dass es die Journalistin in ihr war, die sich für die Antwort interessierte. Sie persönlich war in keiner Weise neugierig, was für eine Frau Anthony als seine Braut auserwählt hatte.
»Oh ja«, sagte Emma. »Das Risby-Vermögen ist beachtlich. Die Tatsache, dass Fiona eine reiche Erbin war, hätte ihrer unglücklichen Lage sicher einiges von ihrer Misslichkeit genommen. Es hätte zweifellos andere Freier gegeben. Außerdem war sie ausgesprochen liebreizend. Eine ganz bezaubernde junge Lady. Ich bin überzeugt, ihr Vater hätte einen anderen heiratsfähigen Gentleman für sie gefunden. Nichtsdestotrotz hätte die Erfahrung, von Stalbridge verstoßen zu werden, ihr und ihrer Familie großes Leid bereitet.«
»Verstehe.«
Natürlich war Fiona Risby reich, schön und bezaubernd gewesen. Was auch sonst? Louisa griff nach ihrem Federhalter und trommelte damit ein kurzes Stakkato auf der Schreibtischplatte.
»Die Heirat galt allgemein als ausgezeichnete
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