Riskante Naehe
schlängelte und dem sie auf ihrem Weg nach West Yellowstone früher oder später sowieso begegnet wären. Clint beschloss, die Überquerung nicht weiter hinauszuzögern, sondern es im bewaldeten Gebiet zu wagen.
Karen warf einen Blick auf den schnell dahinfließenden Fluss und stöhnte auf. »Nicht schon wieder! Nehmen diese Flüsse denn niemals ein Ende?«
Clints Mundwinkel bog sich nach oben. »Doch. Irgendwann schon. Aber wenn wir nicht meilenweite Umwege machen wollen, sollten wir diesen lieber hier überqueren.«
Karen dachte an ihre zerschundenen Füße und nickte. »In Ordnung. Wie kommen wir rüber? Er sieht irgendwie gefährlicher aus als der Gray-Dingsda gestern.«
»Grayling Creek. Dieser hier hat eindeutig eine stärkere Strömung. Aber gemeinsam werden wir es schaffen. Am besten teste ich erst einmal eine Stelle, bevor du hinterherkommst, okay?«
Karen blieb zwar nicht gerne alleine am Ufer zurück, aber es brachte auch nichts, wenn sie gleich beim ersten Versuch unterging und Clint sie retten musste. So stand sie an der abfallenden Böschung und beobachtete, wie Clint, den Rucksack, die Decke und seine Waffe über dem Kopf tragend, beinahe brusthoch im Wasser versank. Bei ihr wäre das dann wohl schon die Kopfhöhe. Sollte Clint noch etwas tiefer sinken, würde sie schwimmen müssen. Ihr grauste vor dieser Vorstellung. Sie ging schon nicht gerne ins Schwimmbad, wie würde es dann erst sein, in einem reißenden Fluss mit wer weiß was für Getier und Pflanzen zu schwimmen?
Karen atmete auf, als Clint sicher das andere Ufer erreicht hatte und dort Rucksack und Decke ablegte, bevor er zu ihr zurückwatete. Unglaublicherweise grinste er schon wieder, als er bei ihr ankam. Karen beobachtete ihn entgeistert. Er kämpfte sich durch einen kalten, gefährlichen Fluss und grinste? Irgendwann mussten sie sich wirklich mal über seine etwas ungewöhnliche Vorstellung von Vergnügen unterhalten.
Ihr Herz klopfte vor Angst, als sie vorsichtig einen Schritt in den reißenden Fluss machte. Obwohl sie nur bis zu den Knien im Wasser stand, merkte sie schon die Kraft, die von ihm ausging. Daher war sie umso erleichterter, dass Clint ihr seine Hand reichte, als sie tiefer in das eiskalte Wasser vordrangen. Seine Kraft war das Einzige, was sie mehr als einmal davor rettete, einfach von der Strömung mitgerissen zu werden. Fast kam es ihr vor, als würden sich ihre Beine nur im Schneckentempo bewegen, ein Eindruck, der durch die Kälte des Wassers noch verstärkt wurde.
Kurz vor dem rettenden Ufer passierte es dann. Clint hatte sie bereits losgelassen und sich umgedreht, um sich aus dem Wasser zu ziehen, als Karen auf einem glitschigen Stein ausrutschte und mit einem lauten Platschen umfiel. Ihr Kopf tauchte in das eiskalte Wasser. Kurzzeitig war sie vor Schreck wie gelähmt. Dann setzte ihr Überlebenswille ein, und sie strampelte mit den Beinen, um wieder Boden unter die Füße zu bekommen.
Doch das war nicht so einfach. Die starke Strömung bewirkte, dass sie fast horizontal im Wasser lag, ein schlechter Ausgangspunkt, um sich aufzurichten. Trotz des Wasserrauschens hörte sie Clints Ausruf, konnte jedoch nicht verstehen, was er sagte. Sie blickte sich nach ihm um und bemerkte erschrocken, dass sie bereits ein gutes Stück abgetrieben worden war. An den Bewegungen seines Mundes konnte sie erkennen, dass Clint ihr irgendetwas zurief, aber sie verstand ihn nicht. Mit hektischen Bewegungen versuchte sie an Land zu schwimmen, aber sie merkte bald, dass ihre Kraft dafür nicht ausreichte.
Clint fluchte ausdauernd, während er beobachtete, wie Karen mit den Wassermassen kämpfte. Gleichzeitig überlief ihn ein eisiger Schauer, als er daran dachte, dass er sie verlieren könnte. Einfach so. Dafür brauchte es noch nicht einmal Mörder. Ohne weiter darüber nachzudenken, warf Clint seine Pistole neben den Rucksack und sprintete an Land hinter Karen her. Seine Arme und Beine pumpten, während er ihr langsam näher kam. Anscheinend hatte er die Kraft des Wassers in ihrer Auswirkung auf eine kleine Person wie Karen doch ein bisschen unterschätzt.
Jetzt hatte er sie eingeholt. Er konnte deutlich die Panik in ihren Augen sehen, als sie sich abmühte, das rettende Ufer zu erreichen. Mit einem letzten Spurt überholte er sie und sprang vor ihr in das Wasser. Sekunden später prallte sie gegen ihn. Erst wehrte sie sich, aber als sie ihn erkannte, wurde sie ganz schlaff und ließ sich von ihm an Land bringen. Mit einigen
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