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Riskante Naehe

Riskante Naehe

Titel: Riskante Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Raven
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dem Arm. Gott, ihr tat alles weh.
    »Miss, können Sie mich verstehen?«
    Zögernd blickte sie zu dem Licht. »Ja.« Ihre Stimme war rau, kaum zu verstehen.
    »Können Sie mir sagen, was für Verletzungen Sie haben?«
    »Ich denke, nichts Ernsthaftes, soweit ich das feststellen kann.«
    Der Mann lachte. »Das ist ja toll! Kleinen Moment, ich komme zu Ihnen.«
    Karen fragte sich immer noch, wie jemand freiwillig unter einen U-Bahn-Zug kriechen konnte, als er auch schon bei ihr ankam. Den Strahl der Taschenlampe hatte er netterweise in eine andere Richtung gedreht. Trotzdem musste sie die Augen zusammenkneifen. Wahrscheinlich hatte sie einen Schock. Das war vermutlich normal, wenn man gerade von einem tonnenschweren Zug überrollt worden war. Sie blinzelte und blickte den Mann vor sich an.
    Sein Gesicht konnte sie aufgrund der dunklen Hautfarbe kaum erkennen, aber das Weiß seiner Augen und seiner Zähne leuchtete. »Ich werde Sie jetzt kurz nach Verletzungen untersuchen, und dann machen wir, dass wir hier rauskommen, okay?«
    Karen nickte stumm.
    Seine Finger glitten über ihre Arme, dann über den Rest ihres Körpers. »Sie scheinen ein echtes Glückskind zu sein, keine sichtbaren Verletzungen.« Er blickte ihr wieder ins Gesicht. »Natürlich außer diesem wirklich hässlichen Kratzer im Gesicht.« Erstaunt wollte Karen die Stelle berühren, doch der Mann hielt ihre Hand fest. »Möglichst nicht anfassen, wer weiß, was da schon alles in der Wunde steckt.«
    Karen ließ die Hand sinken. »Okay.«
    Der Mann ließ wieder sein schimmerndes Lächeln sehen. »Wie heißen Sie?«
    »Karen Lombard.«
    »Ich bin Thomas Dalton. Schaffen Sie es, das kurze Stück hinter mir herzukriechen?«
    Skeptisch beäugte Karen die Entfernung. Es war nicht weit, vielleicht drei Meter, aber ihr kam es endlos vor. Inzwischen machte sich ein wirklich gemeiner Schmerz in ihren Knien und Handballen bemerkbar. Energisch drängte sie jeden Gedanken an Schmerzen zurück. »Ich werde es versuchen.«
    Thomas lächelte wieder. »Wir haben Sie gleich hier raus, und dann können Sie sich ausruhen.«
    Karen seufzte. Ausruhen klang nett. Vorsichtig richtete sie sich so weit auf, dass sie auf Händen und Knien über das Gleisbett kriechen konnte. Sie biss sich auf die Lippen bei dem Schmerz, der durch ihre Knie fuhr, doch sie kämpfte sich, ohne einen Ton von sich zu geben, weiter. Sie wollte hier nur noch raus. Thomas bewegte sich rückwärts vor ihr und behielt sie dabei genau im Auge. Er richtete sich halb auf, als er zu der Stelle kam, an der zwei Wagons zusammengekoppelt waren. Sie kroch hinter ihm hinaus. Plötzlich war sie wieder von Licht und Stimmengewirr umgeben.
    »Darf ich?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, schob er einen Arm um ihren Rücken und den anderen unter ihre Knie und hob sie hoch. Erschöpft lehnte sie ihre Schläfe an seine Schulter. Thomas legte sie vorsichtig auf eine Trage, die am Bahnsteig auf sie wartete. Sofort war sie von mehreren Menschen umgeben. Irgendwie kam ihr die ganze Situation unwirklich vor. Thomas Dalton war in diesem Moment der einzige Fixpunkt in ihrem Dasein.
    »Würden Sie noch etwas bei mir bleiben?«
    Thomas beugte sich lächelnd über sie. »Aber natürlich. Wir werden Sie jetzt erst einmal in ein Krankenhaus bringen …«
    Karen zog an seiner Hand. »Bitte, kein Krankenhaus. Ich hasse Krankenhäuser!«
    Thomas runzelte die Stirn. »Aber …«
    »Bitte! Ich bin erst vor zehn Monaten aus einem entlassen worden. Sofern mir nichts weiter fehlt, würde ich gerne nach Hause fahren.«
    Thomas dachte kurz nach. Dann nickte er. »Okay. Ich weiß, was wir machen.« Damit ließ er sie allein und sprach mit einem Sanitäter. Dieser nickte widerstrebend nach einem Seitenblick auf sie.
    Thomas kam zu ihr zurück. »Geben Sie mir Ihre Tasche, ich trage sie für Sie.«
    Erstaunt blickte Karen an sich herunter. Tatsächlich, sie hatte weder bei ihrem Sturz noch bei ihrer Kriechtour unter dem Zug heraus ihre Umhängetasche verloren. Ein gutes Zeichen. Dankbar übergab sie die Tasche an Thomas. Im letzten Moment fürchtete sie sich davor, sie wegzugeben. Ihre Hände verkrampften sich in dem Stoff.
    Thomas spürte ihre Anspannung. »Keine Angst, ich bleibe genau neben Ihnen.«
    Karen lehnte sich beruhigt zurück. Sie wollte nur noch nach draußen, an die frische Luft. Und dann nach Hause. Langsam bekam sie neben ihren anderen Schmerzen auch noch stechende Kopfschmerzen. Sie schloss die Augen und bemühte sich, die ganzen

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