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Riskante Versuchung

Riskante Versuchung

Titel: Riskante Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Brockmann
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Lautsprechersystems war sie über den Kneipenlärm hinweg kaum zu hören. Sie hielt den Blick gesenkt und sang den ersten Vers des Songs fast für sich selbst. Erst allmählich wurde es stiller im Publikum. Es musste still sein, wenn man die sanfte, intensive Altstimme wahrnehmen wollte. Als Jess zum Refrain kam, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Erst da schaute sie ins Publikum und lächelte, als wären sie alle Freunde, die zufällig vorbeigekommen waren, während sie in ihrem Wohnzimmer sang. Sie nahm kurzen Blickkontakt zu verschiedenen Personen im Publikum auf.
    „It‘s just a simple country waltz“, sang sie. „The kind you hear all the time. So darlin‘ let this dance be mine.“
    Während sie den zweiten Vers sang, ruhte ihr Blick auf Rob. „The Music pulled us out across the floor. You held me oh so tight.“ Die Musik trug uns über die Tanzfläche, und du hieltest mich so fest in den Armen . Ihre Stimme schien die Noten zu umschmeicheln, während Jess ihm in die Augen sah.
    Wie sehr er sie begehrte! Er wollte sie küssen, sie regelrecht verschlingen und sich mit ihr in den Laken wälzen. Er wollte sich in ihr verlieren und hören, wie sie vor Lust seinen Namen schrie.
    Er hatte die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet und senkte für einen Moment den Blick, weil er Jess nicht länger ansehen konnte. Er musste sogar kurz die Augen schließen. Als er wieder aufschaute, blickte sie ihn immer noch an, und ihm war klar, dass sie das Verlangen in seinen Augen bemerkte.
    „Your smile, it set my heart on fire“, sang sie leidenschaftlich. „I hoped that you‘d be mine, and stay and dance with me all night.“
    Ihre Augen sagten ihm, dass sie diesen Song für ihn sang. Sie lud ihn ein, Teil ihres Lebens zu sein. Und das nicht nur an diesem Abend. Jeden Abend, jede Nacht. Jess war keine Frau für eine Nacht. Ihre Einladung galt von diesem Moment bis zu ihrem Tod …
    Der Tod.
    Grundgütiger, wenn sie nur wüsste …
    Jess stieg von der Bühne und wäre beinah mit Stanford Greene zusammengestoßen.
    „Guten Abend, Miss Jess“, begrüßte er sie mit seinem schweren Südstaatenakzent. Er stand viel zu dicht bei ihr, fast Nase an Nase. Er betrachtete sie, ohne zu blinzeln, was sie an das verächtliche Starren seines Vaters erinnerte, der in seinem Rollstuhl auf der Veranda saß.
    „Stan!“, rief sie überrascht und machte einen Schritt rückwärts, um etwas mehr Abstand zwischen ihnen herzustellen. Er schien nie zu merken, wenn er jemandem zu nah kam. „Was machen Sie denn hier?“
    Er kam erneut auf sie zu, den Hut zwischen seinen fetten Fingern. Jess wich noch weiter zurück und stieß gegen das harte Holz des Tresens. Und während der ganzen Zeit blinzelte dieser Kerl nicht ein einziges Mal.
    „Ich bin hergekommen, um Sie singen zu hören. Mama hat mich geschickt. Sie fand, es sei gut, um Sie ein bisschen besser kennenzulernen. Da wir beide ja unverheiratet sind und Sie ein kleines Kind erziehen müssen …“
    Jess nahm sich zusammen. „Oh“, war jedoch alles, was sie dazu herausbrachte.
    Er beugte sich ein wenig näher zu ihr und meinte in verschwörerischem Ton: „Ich glaube, sie möchte gern ein Enkelkind.“ Eine dünne fettige Haarsträhne, die er quer über seinen kahlen Schädel gekämmt hatte, hatte sich gelöst und hing jetzt vor seinem linken Ohr, fast bis hinunter auf seine Schulter.
    Jess wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. „Nun, das ist wirklich nett …“
    „Ja, Ma‘am.“ Er rührte sich nicht von der Stelle und ließ den Blick seiner tränenden Augen hinunter zu ihrem Ausschnitt wandern.
    Jess gab sich große Mühe, freundlich zu bleiben. „Tja, Stan, haben Sie irgendwo einen Tisch?“
    „Nein, Ma‘am. Ich bin gerade erst angekommen.“
    Dankbar schnappte sich Jess den leeren Hocker neben sich und klopfte auf die Sitzfläche. „Na wunderbar. Setzen Sie sich doch und bestellen Sie sich etwas zu trinken. Ich spiele bald weiter. Vorher muss ich aber noch schnell nach … nach Kelsey sehen.“ Sie benutzte ihre Tochter als Ausrede. „Dann also bis später, ja?“
    „Ja, Ma‘am.“
    Stanford Greene, dachte Jess kopfschüttelnd und ergriff rasch die Flucht. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge. Glaubte Mrs Greene allen Ernstes, dass Jess und Stan … Nein, allein die Vorstellung war zu schrecklich. Wie lautete der passende Spruch dazu doch gleich? Nicht mal, wenn er der letzte Mann auf Erden wäre.
    Als sie sich Rob und Kelseys Tisch näherte,

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