Riskante Versuchung
ist Psychologin, die sich auf Serienmörder und deren Opfer spezialisiert hat“, erklärte er. „Ich habe sie gebeten, mit Ihnen zu sprechen, um Ihnen ein besseres Bild des Mannes, den wir suchen, zu vermitteln. Sie müsste jeden Moment hier sein. Können wir hineingehen?“
Nein. Jess wollte Parker Elliot und seine Serienmörderspezialistin nicht in ihrem Haus haben. Sie wollte ihre Fragen und Andeutungen und Verdächtigungen nicht. Sie wollte nicht gezwungen sein, über Rob nachzudenken und sich zu fragen, was für schreckliche Dinge er getan hatte. Es war etwas so Quälendes, dass er es ihr nicht sagen konnte, etwas so Entsetzliches, dass es Leute gab, die ihn jagten. Zumindest glaubte er das.
Es machte sie verrückt. Warum wollte Rob nicht mit ihr darüber sprechen, es ihr erklären?
Parker Elliot stand weiter da und wartete darauf, dass sie ihn ins Haus hineinbat. Jess wusste, dass der FBI-Agent nicht einfach verschwinden würde, selbst wenn sie ihm die Tür vor der Nase zuschlüge. Dann würde er eben wiederkommen, wahrscheinlich mit einer Vorladung. Und dann bliebe ihr gar keine andere Wahl, als mit ihm zu reden.
„Na schön“, gab sie nach und öffnete die Fliegengittertür. Elliot folgte ihr ins Haus. „Aber zuerst muss ich mit Kelsey sprechen. Bitte entschuldigen Sie mich für eine Minute.“
Kelsey hielt sich in der Küche auf und saß mit beunruhigter Miene am Tisch. „Es tut mir leid, Mommy“, sagte sie. „Aber er meinte …“
„Ist schon gut“, versicherte Jess ihr. „Ausnahmsweise. Aber wenn dich das nächste Mal ein Fremder anspricht, machst du was?“
„Dann sage ich: ‚Verzeihung, ich muss meine Mom holen‘ und renne zu dir.“
Jess gab ihrer Tochter einen Kuss. „Korrekt.“ Sie öffnete den Tiefkühler. „Wie wäre es mit einem Eis?“
Kelsey nickte zwar, aber ohne zu lächeln. „Warum hat der Mann mich eigentlich nach Rob gefragt?“
Jess erstarrte und blickte in das Tiefkühlfach. Ihr Blut gefror beinah ebenfalls zu Eis. Parker Elliot hatte Kelsey nach Rob gefragt? Sie riss sich zusammen, nahm das Eis heraus und schloss die Tür des Tiefkühlers.
„Was hat er dich denn gefragt?“, wollte Jess wissen, die plötzliche Anspannung verbergend, die ihr ein Brennen im Magen verursachte. Elliot hatte ihre Tochter nach Rob gefragt. Sie riss das Papier ab und gab Kelsey das Eis.
„Er wollte wissen, ob Rob manchmal vorbeischaut und ob du und Rob Freunde seid“, antwortete Kelsey und beobachtete Jess mit ihren braunen Augen, in denen nach wie vor ein besorgter Ausdruck lag.
„Und du hast Ja gesagt“, vermutete Jess.
„Ja.“ Kelsey wirkte sehr verunsichert. Sie hatte noch nicht einmal an ihrem Eis geleckt. „War das falsch?“
Jess beruhigte sie sofort. „Nein, das war gut. Du hast die Wahrheit gesagt, und es ist wichtig, stets die Wahrheit zu sagen.“
„Da stimme ich Ihnen zu.“
Erschrocken sah Jess auf und entdeckte Parker Elliot im Türrahmen. „Bitte“, sagte sie kühl. „Ich komme gleich zu Ihnen ins Wohnzimmer.“
Er nickte und verschwand.
Jess holte tief Luft und wandte sich an ihre Tochter. „Wir unterhalten uns später weiter über Fremde, ja?“
Kelsey nickte.
„So, und jetzt nimm dein Eis mit nach draußen, bevor du damit den ganzen Küchenboden volltropfst.“
Kaum hatte Jess diesen Satz zu Ende gesprochen, fiel die Fliegentür auch schon zu, und Kelsey war im Garten.
Jess straffte die Schultern und ging ins Wohnzimmer, wo Parker Elliot lässig auf der Couch saß.
Jess wusste genau, dass der Eindruck täuschte. Der Mann war von einer unterschwelligen Anspannung beherrscht, die niemals nachließ. Es gelang ihm indes, den Eindruck von Gelassenheit zu vermitteln, zum Beispiel durch bequeme Sitzpositionen. Doch seine Augen blieben stets wachsam und registrierten jedes noch so kleine Detail.
„Und Sie glauben wirklich, der Serienkiller könnte jemand sein, den ich … kenne?“ Jess brachte es nicht über sich, Robs Namen zu nennen, obwohl Elliot Kelsey schon gezielt nach ihm gefragt hatte.
Der Agent bejahte. „Ehrlich gesagt hoffe ich es sogar, denn im Augenblick sind Sie die einzige Spur, die wir haben.“
„Wenn der Mörder jemand ist, den ich kenne“, überlegte Jess laut, „warum hat er mich dann noch nicht umgebracht?“
„Dafür könnte es eine Reihe von Gründen geben“, antwortete Elliot. „Aber ich warte lieber und lasse Ihnen das von Dr. Haverstein erklären. Sie wird all Ihre Fragen beantworten können.“
„Deshalb
Weitere Kostenlose Bücher