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Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Titel: Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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Lümmeln vorbei, ungefähr wie ein Rechtsaußen an ein paar lästigen Verteidigern vorbeigleitet, die es sich in den Kopf gesetzt haben, ihm ein Bein zu stellen.
    Der große Speisesaal war geschlossen. Schonbezüge hingen über den Kristallüstern, die Stühle standen auf den Tischen.
    – Warum ist der Speisesaal nicht geöffnet, sagte ich zu dem dänischen Portier.
    – Heute abend ist kein Tanz, aber es gibt ein ausgezeichnetes kleines Lokal hier gleich nebenan, wenn Sie durch diesen Gang hier gehen möchten.
    Sie wird mich niemals finden. Alles geht zum Teufel! Wir werden die ganze Nacht umherirren und einander in verschiedenen Gängen suchen!
    Ich hatte mir einen großen, hell erleuchteten Hotelspeisesaal vorgestellt, am liebsten mit einem Orchester, und mit Kellnern, die mit überladenen Tabletts hin und her liefen.
    Das Lokal war klein, in diesem typisch volkstümlichen Stil mit Holztäfelung und karierten Decken auf den Tischen eingerichtet. Ein paar Leute saßen an den Tischen nahe beim Fenster; sonst war kein Mensch zu sehen.
    Massenhaft Schnee fiel draußen vor den Fenstern. Zwei hohe Offiziere standen von ihrem Tisch auf und gingen in den Vorraum hinaus. Sie blieben so lange dort, daß ich mich zu fragen begann, was sie da eigentlich trieben, bevor ich dahinterkam, daß sie ganz einfach an irgendwelchen Automaten spielten, die es dort draußen gab.
    Am Fenster saß eine Gruppe, die Weißwein nachbestellte – Wein gab es also immerhin – bei einer alten Kellnerin, die gelegentlich auftauchte. Sie fragte mich, was ich haben wolle.
    – Danke, ich warte noch etwas. Ich erwarte einen Gast.
    Sie sah mich an, als hätte ich etwas unheimlich Merkwürdiges gesagt, und durch die Stille tönte das Gespräch vom Nebentisch herüber.
    – Er brauchte innerhalb von vierzehn Tagen einen Kredit von etwa zwanzig-, dreißigtausend, und dieser blöde Hund hat’s ihm nicht gegeben. Ist ja klar, daß er dann zur Coop ging.
    – Hätt ich auch gemacht.
    – Und dann haben sie ihn übernommen?
    – Ja, sie wollten ihn als Geschäftsführer behalten.
    – Verdammt schwierig mit diesen Sportartikeln.
    Es zischte im elektrischen Grillofen. Eine Frau im schwarzen Mantel, die offenbar irgendwie zur Küche gehörte, kam herein, hängte ihren Mantel in einen Schrank und fing an, hinter der Theke herumzufuhrwerken.
    In dem ganzen Lokal herrschte eine Art Leere, nichts Feindseliges, nichts Herausforderndes, sondern einfach Leere.
    Als sie endlich kam, hatte sie sich umgezogen. Sie trug gelbe Hosen und einen Wollpullover. Sie war schön. Sie lächelte.
    – Was für ein Tag, sagte ich.
    – Gar nicht so übel. Ich kann mir schlimmere vorstellen.
    Die Dame an der Theke begann langsam, sehr langsam zu entdecken, daß wir existierten. Wenn sie nicht innerhalb von zehn Minuten herkommt, gehe ich selbst hin und bestelle, dachte ich. Ich will nicht hier sitzen und reden. Ich habe ganz andere Vorstellungen, wie man die Zeit nützen könnte.
     
    Die Herren am Fenster schielten zu uns herüber. Aus irgendeinem rätselhaften Grund hatten sie angefangen, vom Gemeindeverband zu reden, was der Gemeindeverband zu irgendwas sagen oder nicht sagen würde, das mit einem Industriegrundstück zu tun hatte. Der Gemeindeverband schien allgegenwärtig zu sein.
    – Ein komisches Lokal, sagte Agneta Tillich.
    – So sehen wohl die meisten Lokale in Schweden aus, sagte ich. Wir aßen unsere gegrillten Koteletts und tranken unsere Karaffe Wein.
    – Jetzt sind wir eingeschneit, sagte ich, und fühlte mich dabei ein bißchen dämlich.
    – Das ist gut, finde ich, sagte sie.
     
    Im Foyer spielte sich schon wieder ein fürchterlicher Streit zwischen dem Portier und den betrunkenen Jünglingen ab. Sie lehnten sich über die Theke und grölten lauthals, daß der Portier für irgendwas büßen werde, das er getan oder vielleicht nicht getan hatte, er solle sich nur ja in acht nehmen, er werde nicht alt werden als Portier in diesem Hotel, dafür würden sie schon sorgen.
    – Wollen Sie mir bedrohen, sagte der Portier, hochrot im Gesicht.
    – Was reden’se denn da für’n Stuß, verdammt. Lernen’se erst mal richtig Schwedisch sprechen.
    – Jetzt reicht’s, sagte der Portier. Jetzt rufe ich die Polizei!
    – Probier’s nur, du verdammter Däne, sagten die beiden Jünglinge.
    Draußen war eine prachtvolle Fehlzündung von einem Motorrad oder Moped zu hören, das sich sonderbarerweise offenbar einen Weg durch das Schneegestöber bahnen konnte. Es klang wie

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