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Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Titel: Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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überwacht, was Umweltgefahren hervorrufen könnte, ist es wahrscheinlich nötig, sie völlig neu zu organisieren. In diesem Fall müßte sie ganz andere Möglichkeiten zur Feldforschung bekommen und vielleicht auch andere Richtlinien als die, die sie jetzt hat. Soviel ich sehe, könnten wir nichts dagegen tun, wenn eine chemische Industrie anfinge, Umweltgifte in großen Mengen ins Wasser zu leiten. Wir können natürlich den üblichen legalen Weg gehen, aber wir haben beispielsweise nicht die Befugnis, Inspektionen zu machen.
    Er hatte sich merklich verfinstert, während ich redete. Offenbar hatte ich irgendwo einen wunden Punkt berührt.
    – Hör mal, im Ministerrat ist ganz deutlich gesagt worden, daß dies nicht irgendeine Polizeiorganisation werden soll. So ist das nicht gedacht. Das Ziel ist, daß ihr auf der Basis der Zusammenarbeit zwischen Behörden, Wirtschaftsleben und der gesamten Gesellschaft funktionieren sollt. Ihr müßt dafür sorgen, daß ihr wißt, was passiert, lange bevor es gefährlich wird, und sollte es zum Schlimmsten kommen, sagen wir zu einem Reaktorleck, müßt ihr dafür sorgen, daß keine Panik ausbricht. Aber irgendeine Polizeiorganisation seid ihr nicht, wie gesagt, und das könnt ihr auch nicht werden. Das würde ja bedeuten, daß ihr größere Kompetenzen bekämt, als es auf ministerieller Ebene möglich ist. In diesem Fall würde es sich um eine Gesetzesänderung handeln.
    – Ganz so habe ich es auch nicht gemeint. Es war vielleicht ungeschickt von mir, ein so drastisches Wort wie »Polizeiorganisation« zu benutzen. Aber die Frage ist, wie wir leistungsfähig werden können.
    Er machte mit der Schnelligkeit des Politikers eine Kehrtwendung.
    – Ja natürlich. Ich weiß, was du meinst. Selbstverständlich wirst du dabei jede nur mögliche Unterstützung bekommen. Wenn es wirklich Probleme gibt, mußt du nur zu mir kommen. Und falls wir dir auf irgendeine praktische Art helfen können, mit Räumlichkeiten oder Kanzleiarbeiten, bist du auch jederzeit hier willkommen.
    Also, das läßt sich doch gut an. Viel Glück.
     
    Ich verließ das Kanzleigebäude mit dem Gefühl, möglicherweise einen schlechten Anfang gemacht zu haben, einen verdammt schlechten Anfang. Die Leute haben eine unglaubliche Fähigkeit, sich an Worten zu stoßen.
    Ich begriff jetzt allmählich, daß ich gar nicht vorsichtig genug sein konnte. Ich fühlte mich an diesem Morgen verdammt angespannt. Um zehn sollte ich endlich Wittfogel treffen. Ich überlegte mir gerade, ob ich nicht die Sekretärin bitten sollte, genau so eine Kaffeemaschine zu besorgen, wie sie sie im Reichsmuseum gehabt hatte, als das Telefon klingelte.
    – Frau Tillich möchte Sie sprechen.
    – Oh, sagte ich. Stellen Sie durch.
    – Hallo, hier ist Agneta.
    Ihre Stimme klang sonderbar.
    – Grüß dich, sagte ich. Es tut mir schrecklich leid, ich hätte dich schon längst anrufen sollen, aber ich habe hier wirklich enorm viel um die Ohren gehabt. Es ist ja die erste Woche.
    Aber ich habe wirklich sehr oft an dich gedacht.
    (Das klang nicht besonders gut, ich hörte es, als ich es sagte.)
    – Ich muß mit dir reden, können wir uns treffen?
    – Natürlich, aber was ist denn los? Ist irgendein Unglück passiert.
    – Ich habe Probleme. Ich muß mit irgend jemand darüber sprechen.
    – Aber klar, sagte ich. Kannst du um vier in den Sturehof kommen? Ich will versuchen, es zu schaffen. Ich meine natürlich das Lokal im ersten Stock. Hör mal, was ist denn passiert?
    – Ich werde es dir erklären, wenn wir uns treffen.
     
    Ich spürte ein wachsendes Unbehagen. Was war nur los mit ihr? Es konnte doch nicht so einfach sein, daß sie ein Kind erwartete? Das war doch wohl nicht möglich.
    Ich rief gleich zu Hause bei Siskan an, um ihr zu sagen, daß ich später kommen würde. Eine unbegreifliche, starke Unruhe überkam mich, als sie sich endlich meldete.
    – Wie geht’s?
    – Ganz gut. Hier ist überhaupt nichts los. Doch, jetzt ist endlich ein Mann dagewesen, um sich die Garage anzuschauen. Sie wollen die Türen noch auf die Garantie umtauschen.
    – Wie geht’s den Kindem?
    – Gut.
    – Hör mal, ich komme heute wieder spät. Das ist schon eine verflixte Woche.
    – Ja, ich verstehe.
     
    Dies war genau der falsche Augenblick, um Wittfogel kennenzulernen. Als ich den Hörer auflegte, saß er schon im Zimmer.
    Das erste, was mir an ihm auffiel, war seine überraschende Kleinheit. Ein kleiner, hagerer Mann zwischen Fünfzig und Sechzig, mit

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