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Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Titel: Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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Komplikationen zur Folge.
    Ich hatte schon am zweiten Tag gesagt, daß ich einen Schlüssel haben wolle, um nach Belieben kommen und gehen zu können. Die Sekretärinnen hatten einstimmig versichert, sie hätten keine Ahnung, wie das zu machen sei, aber als ich deutlicher wurde, hatten sie versprochen, es wenigstens zu versuchen.
    Ich betrat die Halle, die von oben bis unten mit Eiche getäfelt war. Der ursprüngliche Besitzer muß eichengetäfelte Wände geliebt haben, sie reichten die Treppe hinauf bis in mein Arbeitszimmer hinein, das in einem der Türme lag, mit einer sehr schönen Aussicht über Villen vom Anfang des Jahrhunderts und Gärten, in denen man übrigens zu dieser Jahreszeit viele Seidenschwänze in den kahlen Wipfeln der Obstbäume sehen konnte.
    Irgendein Barbar hatte die Heizkörper direkt an der Eichentäfelung angebracht, brutale Löcher für Rohre und Halterungen quer durchs Eichenholz gebohrt, das jetzt natürlich hinter den Heizungen ein bißchen grau und rissig aussah.
    Ich mochte den Geruch in meinem Zimmer nicht besonders. Die Heizkörper und das Holz wirkten dabei zusammen. Sie riefen einen eigentümlichen, etwas trockenen Geruch nach altem Holz hervor, denselben Geruch, den man auf manchen Speichern finden kann.
    Da es Winter war, konnte man ja nicht so leicht lüften, und der Geruch war mir oft lästig. Er machte es einem irgendwie schwer, sich zu konzentrieren.
    Der erste Fehler, den ich vermeiden mußte, war allzu große Eile. Die sicherste und schnellste Art, sich auf einem neuen Posten zu blamieren, seine Autorität zu verlieren und sich von den eigenen Experten manipulieren zu lassen, ist eine überstürzte Stellungnahme zu Dingen, in die man sich noch nicht eingearbeitet hat. Dann können einem spielend leicht Fehler nachgewiesen werden, man macht sich von anderen abhängig, und die ganze Arbeit gleitet einem langsam, aber sicher aus den Händen. Man wird zu jemand, der nur noch Papiere unterschreibt.
    Man darf aber auch nicht herumgehen und einen passiven Eindruck machen. Es gilt, Initiativen zu ergreifen, aber diese Initiativen dürfen nicht so groß sein, daß man sich dabei eine Blöße gibt. Es gilt, eine entschlossene Miene aufzusetzen, aber sie muß sozusagen ganz allgemein entschlossen sein. Wenn die Leute an einem solchen Ort zu früh zu ahnen beginnen, worauf man hinauswill, bevor man noch richtig vorbereitet ist, und vor allem, bevor man selbst sein Ziel genau kennt, ist man im großen und ganzen geliefert.
    Und diese Arbeit schien schlimmer zu sein als alles, was ich bisher erlebt hatte. Abteilungen und Büros über die ganze Stadt verteilt, Geheimniskrämerei, Untersuchungen und Berichte, die mir im allgemeinen unbegreiflich waren, weil ich entweder nicht genug von australischer Zoologie verstand oder zuwenig über Lungenkrebs und Schwefelwasserstoff wußte.
    Am Tag zuvor war ich beim Innenminister gewesen. Ich war um Viertel nach neun mit ihm verabredet, aber er kam nicht vor zehn. Er spurtete durch den Korridor, grüßte mit parlamentarischer Liebenswürdigkeit, ließ sich von der Sekretärin zuflüstern, wer ich sei, während er zwei Zettel unterschrieb – ich hatte es eine halbe Minute davor bereits gesagt –, und bat mich herein.
    – Na, wie sieht’s denn aus?
    – Ich habe gerade erst angefangen, sagte ich, und Hultling ist ja nur knapp zwei Monate dagewesen.
    Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, genau wie die Augenbrauen eines Kartenspielers, der sich zu erinnern versucht, welche Karten schon aufgedeckt worden sind und welche der Gegenspieler noch in seinem Blatt haben könnte.
    – Hultling, ja ja. Der ist ja beim Verband der Provinziallandtage gelandet.
    – Ja, das kam vielleicht etwas überstürzt.
    – Wie meinst du denn das?
    – Ich meine, daß Hultling ja noch keine ganz klare Strategie für diese Kommission gefunden hat, und das kann man auch gar nicht verlangen. Es sind ja recht viele verschiedene Tätigkeitsfelder, sie sind ziemlich weit über die Stadt verstreut, und was ich in erster Linie zustande bringen möchte, ist eine Art gemeinsames Programm, eine Koordinierung. Aber das wird seine Zeit dauern.
    – Na also, das hört sich doch sehr gut an.
    Er klang sehr desinteressiert.
    – Nun, die Frage ist doch, wie die KBU sich entwickeln soll. Soll sie eine Art wissenschaftliche Kommission werden? Dann müssen wir uns wohl zusammensetzen und den Etat ansehen. Soll sie so etwas wie eine Polizeibehörde werden, die Industrien und anderes

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