Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)
anspruchslos und proletenhaft ausfallen wie das letzte. Genau wie damals von der letzten amerikanischen Fernsehserie abgeguckt, dieselben Albernheiten mit Strümpfen überm Gesicht und Autos, die auf dem Bürgersteig warten, derselbe lächerliche Versuch, die Autofähre nach Hälsingborg zu nehmen.
Auf diese Art kommt ihr nie vom Schulhof herunter, Freunde.
Ich habe keine Ahnung, wie ihr euer nächstes Ding aufziehen wollt, aber immerhin kann ich schon eins sagen: Es gibt sichere Anzeichen dafür, daß es ein großes Ding wird, untrügliche Anzeichen.
Wenn ihr das nächste Ding in der Skandinaviska Enskilda Banken dreht, dann wird am nächsten Tag in allen Zeitungen stehen:
SKANDINAVISKA ENSKILDA BANKEN IST GESCHEITERT
Wenn ihr das wirklich schafft, dann müßt ihr unbedingt weitermachen, finde ich. Dann sehen wir uns bei der nächsten Premiere im Oscarstheater oder beim nächsten Diner des Königs, und dabei werden wir uns unter den Kristallüstern zublinzeln. Wir werden uns beim Pferderennen in Jägersro treffen und einander zuwinken, falls nicht die großen blauen Hüte der Damen im Weg sind.
Wenn ihr aber nicht sicher seid, daß ihr es schafft, dann meine ich, daß ihr unbedingt einen Job als Fahrer bei der Wäschereifirma »Förenade Tvätt« annehmen solltet, wenn ihr wieder rauskommt. Schicke Uniformen und recht akzeptable Arbeitszeiten. Mein Onkel Knutte hat dreißig Jahre lang dort gearbeitet und fand die Arbeitsbedingungen in dieser Firma sehr angenehm.
Zwei Tage, oder richtiger gesagt, zwei Nächte darauf ruft B., der vielversprechende junge Dramatiker, wieder an. Er spekuliert auf Rembrandts »Der Mann mit dem Goldhelm« in der Neuen Nationalgalerie. Es hängt so dicht neben der Tür.
– Erstens ist das gemein wegen der Schulkinder, sage ich, und außerdem ist dahinter eine raffinierte kleine Alarmanlage angebracht, sehr empfindlich, mit einem Hebel zwischen der Rückseite des Bildes und der Wand. Du brauchst nur die Fingerspitze auf den Rahmen zu legen, und schon geht der Alarm los. Ich habe darüber nachgedacht. Es geht, wenn du einen Stromausfall arrangieren kannst. Du mußt herausfinden, wo die Hauptsicherungen des Museums sind, und einen schnellen Sportwagen mieten.
Du hast doch wohl schon einen Käufer, denke ich? Ich meine, bei Sothebys in London wäre es ja denkbar, daß der eine oder andere Kunde den »Mann mit dem Goldhelm« schon mal gesehen hat. Aber du kannst ihn natürlich auch auf dem Speicher haben und ihn den Mädchen zeigen.
Vier Tage darauf ruft er wieder an, der dumme B.
– Jetzt ist es geschafft, sagt er, freudestrahlend, jetzt habe ich endlich Rache genommen.
– Bravo, sage ich, dann können wir es morgen in der Zeitung lesen. Hast du die Hauptsicherung gefunden?
– Hauptsicherung? Zeitung?
– Ja.
– Ach was. Ich bin ganz einfach in eins von diesen großen teuren Radiogeschäften am Kudamm gegangen und habe die Preisschilder an zwei Apparaten vertauscht. An der Kasse hat niemand was gemerkt. Ich habe einen Grundig, der dreihundert gekostet hätte, für 182,50 gekriegt.
– Toll! Genial! Ein einzigartiger Coup! Und nächste Woche nimmst du dir die Zahnstocher im Selbstbedienungsrestaurant vor, vermute ich?
Ich fürchte, der Dramatiker B. hat keinen Sinn für Humor.
Worauf ich hinauswill, Freunde: Im Grunde genommen hat man uns von vornherein kleingekriegt. Kleingekriegt, versteht ihr? Sie haben uns auf dem Schulhof zu sehr erschreckt, als wir klein waren.
Sie haben uns gelehrt, daß Jesus kommt und uns holt, wenn wir auf die Beete treten, und weiß der Teufel, so ist es dann ja auch passiert.
Kaum hat man die Fußspitze auf ein Beet gestellt, schon ist Jesus da und sieht einem tief in die Augen.
Und dann ist es eben so gekommen mit meinen Tagträumen. Sie bleiben bei Mädchen und Geld stehen.
Ich kenne wenige Menschen, die ein so ausgesprochen kümmerliches Seelenleben haben wie ich. Es riecht schon von weitem nach Mietshaus mit viel Kohlsuppe im Flur. Mich hat man von vornherein kleingekriegt. Ich gehöre zu diesen armen Teufeln, die meinen, Tüchtigkeit zahle sich aus. Die versuchen, sich aufzuspielen.
Sieben Bände Seelenleben!
Diese sieben Bände enthalten nicht mein Seelenleben. Sie enthalten das Seelenleben, das ich gehabt hätte, wenn ich mich nicht hätte kleinkriegen lassen. So ist es! Wenn sie mich nicht kleingekriegt hätten, wäre dieses Seelenleben nicht in zwanzig albernen Bänden verrostet. Es wäre hier gewesen. Hier ,
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