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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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bevor er sich kurz nach Mitternacht ins Pfarrhaus verzog. Rita hatte sein W eggehen kaum wahrgenommen, sie war ganz und gar im Sog von Ewalds T ango versunken.
    »Du hast toll gespielt. Saumäßig schön.«
    Ewald lachte, das »saumäßig« aus Ritas Mund klang lustig. Das Feuer war längst ausgegangen, es roch nach Rauch und Kiefern, ein paar Grillen zirpten, und ab und zu hörte man aus dem W äldchen entfernte Lustschreie von Lars, Mirko und ihren beiden kichernden Mecklenburgerinnen. Ewald hatte immer noch das A kkordeon auf seinen Knien.
    »Da wird der Zwerger aber schön dumm schaun, wenn er dein Proto…dingsda sieht von den Zöllnern.«
    »Ja, das wird er. A ber der Herr Zwerger ist ja kein armer Mann.«
    »Arm schon, bloß jetzt eben ohne Porsche.«
    Ewald und Rita sahen sich einen Moment lang an, dann lachten sie laut los. Drüben im Pfarrhaus wurde das Fenster geschlossen.
    »Du kennst den Pastor, gell?«
    »Bin hier in der Gegend groß geworden …«
    »Und was ist das mit diesem Gutshaus?«
    »Ach, hör auf …«
    »Jetzt sag halt …«
    Rita seufzte einmal tief.
    »Das Lebenswerk meines V aters, ein altes Gutshaus, ein Riesenschuppen, zehn Kilometer von hier. Er wollte immer ein Hotel und ein Kulturzentrum draus machen, und wir mussten alle mithelfen. Immer nur schuften, jede Mark und jeder Cent wurde in die Ruine gesteckt. Es war die Hölle, vor allem für meine Mutter. W ir haben uns nur noch angeschrien, mein alter Herr und ich. Und dann bin ich abgehauen, im Zorn, und hab den T raumprinzen geheiratet.«
    »Und wo hast den jetzt, den Prinzen?«
    »War kein T raumprinz, das war ein A lptraum-Arsch. Hab’s nur zu spät gemerkt. Dann hab ich noch ein paar Nieten gezogen, und irgendwann bin ich ins A llgäu gekommen.«
    »Und seitdem warst nimmer hier droben …«
    »Und ich gehe da auch nicht mehr hin. Schluss jetzt damit.«
    »Ist ja auch saumäßig weit droben.«
    Ihre Blicke trafen sich, Rita nahm sanft das A kkordeon von Ewalds Schoß.
    »Halt mich fest.«
    Zögernd legte Ewald seinen A rm um Rita und zog sie vorsichtig zu sich heran. Er getraute sich gar nicht anzusehen, was er da tat, und guckte einfach auf den Boden. Eine viertelstündige Ewigkeit mochten sie so gesessen haben, als Rita ihm sanft über den Kopf streichelte.
    »Gib mir einen Kuss.«
    »Ich weiß gar nicht, wie das geht. Ich versteh da nicht so viel davon …«
    »Da muss man gar nichts verstehen, das spürt man einfach. W ie Musik machen, oder?«
    Da drehte sich Ewald zu ihr hin und küsste sie. Erst war es fast nur ein Hauch von Berührung, aber nach und nach wurde sein Mund forscher. A uch seine Hände packten zu, und es war ein bisschen für ihn, als wäre es genau das, wonach er sich immer gesehnt hatte.
    »Was bist du eigentlich? Ein verwunschener Prinz oder was? Du küsst ja wie der T eufel!«
    »Der T eufel küsst wahrscheinds auch besser wie ein Pfarrer.«
    »Spinnkopf.«
    Rita zog ihn wieder zu sich heran, und das Spiel der Lippen begann von Neuem. Diesmal wurde es noch wilder, Rita ließ ihre Hand unter Ewalds Hemd gleiten, und was sie dort ertastete, gefiel ihr.
    »Jetzt musst aber aufhörn, Rita, sonst …«
    »Sonst was?«
    »Sonst passiert noch was. Ich kenn das …«
    »Und wenn schon, dann passiert’s eben. Ich kenn das auch. A ber nicht hier.«
    Rita löste sich von Ewalds Schoß und zog ihn mit der Hand hinter sich her.
    »Komm.«
    Hinter der Kirche stand, vermutlich übrig geblieben von diversen Sanierungsmaßnahmen, ein alter Bauwagen. Rita spähte hinein, ob sich nicht etwa die beiden W andergesellen mit ihren Mädchen hier schlafen gelegt hatten, aber der W agen war leer und sogar leidlich sauber.
    »Komm schon, da ist keiner.«
    Ewald ging genau bis zur kleinen T reppe des Bauwagens, dann blieb er stehen wie angewurzelt.
    »Was ist denn?«
    »Ich weiß schon, was jetzt kommt, aber ich kann das nicht.«
    »Hast du’s schon mal versucht?«
    »Eben drum. Da bin ich dann auf’m Marktplatz g’landet und hab mir eine Ohrfeige eing’fangen …«
    Rita hatte keine A hnung, was Fricker damit meinte, es war ihr auch scheißegal. Sie wollte jetzt diesen Mann nur spüren, näher, dichter, bei ihr, auf ihr und wenn sie ehrlich war, auch tief in ihr drinnen.
    »Mach einfach die A ugen zu!«
    Ewald schloss die A ugen und versuchte, sich gehen zu lassen.
    »Ich kann das nicht.«
    »Dazu muss man nichts können. Lass dich einfach fallen.«
    Mit einem Ruck machte Ewald sich los und lief einfach davon. Er rannte, als

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