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Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe

Titel: Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jockel Tschiersch
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Mann.«
    »Das war er schon vor dreißig Jahren. Und kümmer dich bitte um deinen eigenen Mist, Niels. W o sind denn deine Kinder, hm? Eigentlich?«
    Niels Priplow seufzte, senkte den Blick und ging wieder zur Kirche.
    Ewald hatte das Gespräch beobachtet, mit heimlichen Seitenblicken, aber natürlich kein W ort verstanden. Der Mörtel im Eimer war aufgebraucht, Mirko steckte sich eine Zigarette an und setzte sich für eine kleine Pause auf die Ziegel. Ewald stieg über die Friedhofsmauer und ging zu Rita, die immer noch vor dem Grab stand. Den Namen konnte Ewald natürlich nicht lesen, aber der Stein sah bereits sehr verwittert aus.
    »Sind das deine Eltern?«
    Rita schüttelte den Kopf.
    »Meine Großmutter. Mütterlicherseits.«
    »Aber dei Mutter lebt noch, oder?«
    »Wenn man das ›leben‹ nennen kann an der Seite von meinem V ater …«
    Ewald wusste nicht, was Rita damit meinte. Er merkte aber, dass sie es mit ihrem Elternhaus vielleicht auch nicht viel besser getroffen hatte als er selbst.
    »Aber dei’ Oma hasch’d mögen, oder?«
    »Jaa … War eine tolle Frau.«
    Ewald sah sie mit leuchtenden A ugen an.
    »Mei’ Opa hat mir ’zeigt, wie mr an T raktor fahrt. Bei uns im Hof. Mein V ater ist gestorben, da bin i no ned amol zwei g’wesen. Des hat mir au dr Opa erzählt, weil meine Mutter schwätzt gar ned über solchene Sachen.«
    Schweigend standen die beiden nebeneinander vor dem Grab von Ritas Großmutter.
    »Also bisch du do daheim in dem Dorf?«
    »Ich bin hier nicht daheim, Ewald. Nicht mehr.«
    »Aber im A llgäu bisch au ned daheim. Des isch scho blöd, wenn man nirgendwo daheim isch.«
    »Das kannst du laut sagen.«
    Ein grauer V W -Transporter kam auf den Platz vor der Kirche gefahren und hielt an, direkt neben Ewalds Raupe. A uf den Seitentüren stand » ZOLL « geschrieben, zwei Männer in grauen Uniformen stiegen aus. Der Fahrer war um die fünfzig, klein und dick, sein Kollege war jünger, hatte kurz geschnittene Haare und sah aus wie ein Kampfschwimmer auf Landgang. Rita wusste sofort, dass es Ärger geben würde.
    Pastor Priplow kam aus der Kirche und ging freundlich auf die Beamten zu.
    »Gott zum Gruße, die Herren.«
    Der dicke Zollbeamte legte die Hand lässig an die Stirn.
    »Moin, Herr Pastor, Zollfahndung, Baustellenkontrolle. W er ist hier der Bauherr?«
    Bevor der Pastor antworten konnte, hatte der jüngere Kollege, der offenbar der Chef war, die Seitentür des T ransporters geöffnet, in dem es aussah wie in einem Büro.
    »Wir haben Hinweise bekommen, denen zufolge hier schwarz gearbeitet wird.«
    Pastor Priplow sah kurz zu Rita.
    »Meine Herren, wenn Sie es Schwarzarbeit nennen wollen, dass eine Gemeinde Hand an ihr marodes Gotteshaus legt, nur weil die Kirche kein Geld hat …«
    Der Dicke hob beschwichtigend die Hände.
    »Gibt nun mal V orschriften und Gesetze, und die gelten auch für Ihre Kirche.«
    Er winkte Lars und Mirko zu sich heran.
    »Ihr zeigt mir jetzt mal eure Sozialversicherungshefte.«
    Mirko verbeugte sich mit gespielter Förmlichkeit vor dem Beamten.
    »Fix bedankt, die Herren, wir sind fahrende Gesellen vom Fremden Freiheitsschacht.«
    »Keine Show, Jungs. Raus mit den W anderbüchern.«
    Mirko ging auf den dicken Beamten zu.
    »Kümmert euch lieber mal um die Nobelbaustellen oben an der Küste … die packen sich da ganze W olkenkratzer hin mit illegalen Polen und Ukrainern! A ufschwung Ost, solang’s nix kost! Heiligendamm sieht schon aus wie zugekackt! Geldscheißer-Ghetto!«
    »Werd mal nicht frech, Junge. Her mit den Büchern!«
    Murrend fing Mirko an, sein W anderbündel aufzuknöpfen, so umständlich wie möglich.
    Der kleine Zollbeamte schlich neugierig schnüffelnd um die Raupe herum. A ls er dann die Motorhaube aufmachen wollte, wurde es Ewald zu bunt.
    »Nix anfassen, da isch alles genau eing’stellt!«
    »Zeigen Sie mal die Papiere!«
    »Was wollen’s denn wissen? W ie viel PS die hat oder was?«
    »Kommen Sie mir hier bloß nicht auf die blöde T our!«
    »Ja mei … I hab’s ned so mit Papiere … Des isch eine Fiat, aber des steht ja sowieso drauf.«
    »Da steht ›Ewald Fricker‹ drauf. Und Startnummern sind sowieso unzulässig im Straßenverkehr. Das Fahrzeug ist beschlagnahmt. W ie kommt diese Schrottkiste überhaupt hierher?«
    Rita hatte alles aus der Distanz beobachtet. Sie überlegte kurz, ging auf die beiden Beamten zu und drückte ihnen eine V isitenkarte in die Hand.
    »Das Fahrzeug gehört der Firma Zwerger. Hier ist unsere

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