Rita und die Zaertlichkeit der Planierraupe
Geschäftskarte.«
Die Zollbeamten sahen ungläubig auf die Karte.
»Aus dem A llgäu … wird ja immer doller! W ollen Sie uns für blöd verkaufen?«
Pastor Priplow berührte den kleinen Zöllner sanft an der Schulter.
»Meine Herren, vielleicht ist die Raupe ein W ink des Herrn für die A rbeit an seinem Gotteshaus.«
»Eine angemalte Raupe aus dem erzkatholischen A llgäu als ökumenischer W ink Gottes für ’n maroden Protestanten-Tempel in Mecklenburg … für wie blöd halten Sie uns eigentlich, Herr Pastor?«
Sein Kollege pflichtete ihm bei.
»Ich ruf bei der Dienststelle an, die sollen den T ieflader schicken. Beweismaterial, Schwarzarbeit. A ußerdem fehlen die Schutzhelme.«
Rita atmete einmal tief durch und nahm den Hünen zur Seite.
»Ich stamme von hier, meine Großmutter liegt hier begraben. Ich habe Herrn Zwerger gebeten, sich um die Erhaltung der Kirche und des Friedhofs zu kümmern.«
Dabei sah sie den Zöllner mit einer solchen Ernsthaftigkeit an, dass der für einen Moment wirklich nicht mehr wusste, was er sagen sollte.
»Ja gut. Dann sind die Kollegen im A llgäu zuständig. Dann müssen wir nur schnell ein Protokoll aufnehmen.«
Niels Priplow strahlte über das ganze Gesicht.
»Gott wird es Ihnen danken.«
Der Hüne lachte kurz auf.
»Na, den können wir schlecht wegen Steuerhinterziehung belangen, weder hier noch im A llgäu «
Ewald machte die Motorhaube der Fiat wieder zu.
Durch die Bürofenster schien die A benddämmerung, die Sonne ging leuchtend rot hinter den Bergen unter. A ber Karl Zwerger hatte keinen Blick dafür, er war einfach zu betrunken. Im Unterhemd wütete er durch das Büro und fütterte den Intimus 600 geradezu stumpfsinnig mit Belastungsmaterial. Der kleine A ktenvernichter war längst an die Grenzen seiner Kapazität gekommen, sein Reißwerk gab gequälte Laute von sich, als wolle es sich im nächsten Moment übergeben.
Karl Zwerger merkte in seinem Sturm und Drang gar nicht, dass die T ür aufgegangen war und seine Frau Karin mit Lipka im Büro stand. Karin trug ein elegantes schwarzes Kleid und hatte ihre Stola umgelegt, Lipka hatte sich in einen weißen A nzug geworfen. Beide beobachteten Karls Rumpelstilzereien mit stummem A müsement. Die beiden wirkten ohnehin, als hätten sie noch etwas vor.
»Karl, willst du dir nicht wenigstens was Ordentliches anziehen?«
Karl Zwerger drehte sich erschrocken zu den beiden um.
»Lasst mich in Ruhe, ich hab zu tun!«
»Das ist uns nicht entgangen, Herr Zwerger.«
Karin und Lipka tauschten ein kurzes Lächeln aus. Karl konnte gar nicht hinsehen.
»Karl, ich bin mit Herrn Lipka die Grundstücksfrage noch einmal durchgegangen.«
»Was bist du?!«
»Hast du das Gelände an deinen Baumaschinenspezl A ntesberger verschoben?«
»Das ist doch lachhaft. Misch dich nicht in Sachen ein, von denen du nichts verstehst.«
Lipka schüttelte mit gespieltem Unverständnis den Kopf.
»Herr Zwerger, ich fürchte fast, Sie unterschätzen Ihre Gattin.«
Karl grummelte ein paar unverständliche W orte.
»Also, Karl, raus damit. Noch ist es nicht zu spät.«
»Ihr könnt’s mich mal! A lle beide!«
Karin machte eine entschuldigende Geste zu Herrn Lipka.
»Mein Mann hat manchmal ein etwas derbes Geschäftsgebaren.«
»Ich bin nicht mehr dein Mann! Jedenfalls nicht mehr lange.«
Lipka hob sardonisch die Hände.
»Wenn wir schon bei diesem T hema sind: Ihre Gattin hat mich gebeten, sie in der Scheidungsangelegenheit gegen Sie zu vertreten. Ich mache ja auch Familienrecht. Sozusagen Zwerger gegen Zwerger.«
Karl wusste darauf erst einmal nichts zu sagen und glotzte Lipka mit offenem Mund an. Karin setzte ihre gütigste Miene auf.
»Karl, es gibt noch Chancen, die Firma zu retten!«
Lipka nickte.
»Überlegen Sie sich das noch einmal, Herr Zwerger. Und vielleicht könnten Sie noch schnell bei diesem reizenden Herrn T ino anrufen und uns einen T isch reservieren auf den Namen Lipka.«
Karl kämpfte gegen die unbändige Lust, Lipka kopfüber in den Intimus 600 zu stecken, auch wenn der sich an diesem Brocken endgültig verschlucken würde.
Lipka geleitete Karin wie ein Galan zur T ür und berührte sie mit der Hand dabei ganz leicht an der Hüfte. In der T ür blieb Lipka noch einmal stehen.
»Ach ja, die Zollfahndung Kempten hat mir eben eine Mail geschickt wegen einer Baustelle in Zarnewanz in Mecklenburg-Vorpommern, V erdacht auf Schwarzarbeit bei der Sanierung der Dorfkirche, fehlende Schutzhelme. W as ist denn
Weitere Kostenlose Bücher