Ritter 01 - Die Rache des Ritters
Art. Sie weigerte sich, noch einen Moment länger die Zielscheibe seines Spottes zu sein. »Und außerdem«, sagte sie, während sie die Fäuste in die Hüften stemmte und mit dem Fuß aufstampfte, »bin ich nicht seine Geliebte!«
Diese heftige Erklärung erntete eine Runde Gekicher von den beiden jüngeren Frauen. Odette schnaubte, während sie ein fettiges Stück Wildbret von einem durchweichten Brotteller klaubte und einem der Hund zuwarf. Sie glaubten ihr nicht!
»Das bin ich nicht!«, schrie Raina, und ihr Gesicht rötete sich vor Demütigung.
»Nun kommt schon«, sagte Agnes und schob ihren Arm durch Rainas Arm. »Es ist ja nicht nötig, dass wir alle hier herumstehen. Auf uns wartet noch viel Arbeit.«
Als Agnes sie aus der Küche führte, schaute Raina noch einmal zurück. Odette stand mitten im Raum und ahmte Rainas Wutausbruch nach. »Ich bin nicht seine Geliebte«, schrie sie in schrillem Ton und stampfte mit dem Fuß auf. »Das bin ich nicht!«
Die Reste eines Talglichts erloschen flackernd in einer Pfütze aus Fett und veranlassten Raina, von ihrer Stopfarbeit aufzusehen. Sie reckte die Arme und den Rücken und versuchte, den festen Knoten in ihrem Nacken durch Reiben aufzulösen. Den ganzen Nachmittag hatte sie einsam in Rutledges Kammer verbracht, hatte sich sogar geweigert, das Abendessen in der Halle einzunehmen. Gottlob hatte er nicht auf ihrer Anwesenheit bestanden und erlaubt, dass ein Tablett mit Essen und Wein zu ihr hinaufgebracht wurde.
Raina stocherte in dem kalt gewordenen gekochten Fisch herum, ging dann zum Brot über und spülte es mit einem großen Schluck kräftigen, gewürzten Weins herunter. Bei der kalten Nachtluft, die durch das Fenster hereinkam, und der noch frischen Erinnerung an den Stachel ihrer Demütigung empfand sie die Wärme des Weins als willkommenen Balsam für Leib und Seele. Sie setzte den Becher noch einmal an die Lippen und leerte ihn bis zur Neige.
Auf Norworth hatte ihr Vater ihr nicht erlaubt, etwas anderes als Honigwein oder hin und wieder ein Bier zu trinken. Auch er selbst trank niemals Wein. Des Teufels Nektar, so nannte er ihn. Raina fand den gewürzten Wein gar nicht so unangenehm, obwohl er ihr die Augenlider schwer machte.
Sie gähnte, und ihr Blick flog zu dem leeren, übergroßen Bett. Bedeckt mit Fellen und mit einem weichen, daunengefüllten Kissen sah es überaus einladend aus, jedenfalls sehr viel bequemer als ihr Strohlager in den vergangenen wenigen Nächten. Raina begab sich zu dem Bett und setzte sich auf die Kante, probierte die Matratze aus und beschloss, dass es nichts ausmachte, sich hinzulegen, nur für einen Moment …
Gunnar setzte seinen leeren Becher härter auf dem Tisch ab, als er gewollt hatte. Der Wein hatte seine Sinne bis zu einer gnädigen Benommenheit vernebelt. Doch obwohl er darum betete, verhinderte der Wein keineswegs, dass er beständig an das bezaubernde Geschöpf denken musste, das in seinem Schlafzimmer auf ihn wartete. Inzwischen war es schon spät, das Abendessen seit Langem abgeräumt, und Gunnar saß noch immer mit seinen Männern zusammen und trug seinen Teil dazu bei, den Vorrat an Wein rasch kleiner werden zu lassen.
Es hatte ihn nicht überrascht – und wichtiger noch, er war im Grunde dankbar dafür gewesen – , dass Raina es abgelehnt hatte, in der Halle zu essen. Ihm hatte der Gedanke Unbehagen bereitet, sich ihrem gerechten Zorn über sein Benehmen im Teich und seiner groben Vorstellung am Nachmittag stellen zu müssen, und zudem war er auch nicht sicher gewesen, ob er eine weitere Mahlzeit in so enger Gesellschaft mit seiner Gefangenen würde ertragen können. Den Plan, sich zu verhalten, als sei sie seine Geliebte, hatte er überstürzt gefasst, als er sie allein mitten in der Halle hatte stehen sehen. Der Wunsch, sie zu beschützen und vor Kränkungen zu bewahren, hatte ihn sofort dazu gedrängt, ihr den Platz neben sich anzubieten.
Ihr gemeinsames Bad im Teich hatte ihn verwirrt, und er hatte sein Unbehagen mit Raina teilen wollen. Und falls seine Männer sie nun für ein Liebespaar hielten, dann sollte es eben so sein. Es würde Raina die Männer vom Leibe halten, sollte einer von ihnen sich als Kandidat ihres Charmes erweisen. Aber als sie dann so unerwartet damit herausgeplatzt war, mit Alaric gesprochen zu haben und zu wissen, dass der Junge seiner Bestrafung entgangen war, hatte er nur noch auf diese Weise reagieren können.
Es war schlimm genug, dass sein geschwätziger Squire ihr
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