Ritter des dunklen Rufes
belauscht werden kann«, sagte er leise. »Aber Furbolg ist weit weg, und hier in Mactha leiden wir nicht.«
»Wir leiden nicht. Aber auf dem Land werden die Lebensmittel knapp – und es ist noch nicht einmal Winter. Für den Adel ist alles ganz in Ordnung, mit seinen gebratenen Schwänen. Aber Schwäne ernähren kein Volk, Errin.«
»Ich hatte gehofft, wir könnten zu Mittwinter verheiratet sein«, sagte er. »Willst du damit sagen, dass die Hochzeit nicht stattfindet?«
Sie nahm seine Hand und küsste sie. »Natürlich sage ich das nicht. Ich liebe dich. Aber könnten wir nicht in Cithaeron heiraten?«
Errin schüttelte den Kopf. »Ohne Erlaubnis des Königs darfst du das Land nicht verlassen«, sagte er, »und er wird sie dir nicht erteilen. Der Herzog hat mir erzählt, dass einige vornehme Familien heimlich das Reich verlassen und ihr Vermögen mitgenommen haben. Sie sind als Verräter gebrandmarkt worden, ihre Ländereien wurden beschlagnahmt. Dies ist deine Heimat, Dianu. Willst du für den Rest deines Lebens in einem fremden Land leben, gehasst und verachtet von deinen Landsleuten?«
»Du siehst es nicht so wie ich«, sagte sie traurig. »Hier herrscht das Böse, Errin. Das echte, furchtbare Böse, das nur darauf wartet, uns alle zu verschlingen. Der König ist wahnsinnig und von Wahnsinnigen umgeben. Hat Kesters Tod dich nicht beunruhigt? Ein guter Mann. Ein edler Mann. Umgebracht, weil eine seiner Großmütter Nomadin war? Gütiger Himmel, Errin! Verstehst du denn nicht?«
Er zog sie an sich und küsste ihr Gesicht. »Ich verstehe«, sagte er. »Dies sind gefährliche Zeiten. Aber sie werden vorübergehen … wir können den Sturm abwarten.«
Sie stieß ihn von sich. »Es reicht nicht, den Sturm abzuwarten. Ich reise in zwei Tagen ab, alle Vorbereitungen sind getroffen. Mein Vater, seine Seele ruhe in Frieden, hatte viele Kontakte in Cithaeron, und ich habe durch Cartain, den Händler, mein Geld dorthin bringen lassen. Alles, was ich zurücklasse, ist der Palast – und ich kann gut ohne ihn leben.«
»Alles, was du zurücklässt?« fragte er sanft. »Du lässt mich hier zurück, Dianu – und ich kann nicht fort.«
Einen langen Moment sahen sie sich in die Augen, ohne etwas zu sagen.
»Du musst dich entscheiden«, sagte sie schließlich.
»Ich weiß«, antwortete er und trat von ihr zurück. »Möge das Glück mit dir sein.«
Er drehte sich rasch um, öffnete die Tür und kehrte in den Langen Saal zurück. Die Musik spielte jetzt schneller, untermalt von dem Gelächter der Tänzer, die in den raschen Schritten des Sturmtanzes vorbeiwirbelten. Unbemerkt ging Errin durch die Doppeltüren in die Nacht hinaus.
5
Arian lief geschmeidig den Wildwechsel entlang, mit langen, sicheren Schritten. Jeden Abend kamen die Hirsche über diesen Pfad, aber sie jagte sie nie, denn sie waren zu dicht bei der Siedlung. Wie ihr Vater sie während ihrer Ausbildung gewarnt hatte: »Wenn du gesund und kräftig bist, jage weit entfernt von zu Hause. Du weißt nie, was für ein Unglück dich plötzlich treffen kann – ein Schneesturm, ein gebrochenes Bein – dann brauchst du vielleicht das Fleisch, das du am Leben gelassen hast. Aber jage in Sichtweite der Siedlung, und du wirst das Wild vertreiben.«
Er war ein guter Mann und noch besserer Vater gewesen, bis die auszehrende Krankheit ihn befiel. Es war hart gewesen zu sehen, wie die Kraft aus seinen Gliedern wich, trotz aller Künste seiner Frau. Als das Ende nahte, hatte Arians Mutter ihm einen Kelch Wein mit Fingerhut gemischt. Er war friedlich gestorben, und die beiden Frauen hatten gemeinsam bei dem Toten geweint.
Arians Gedanken verweilten bei diesem Bild, während sie weiterlief – und so sah sie nicht den dünnen Draht, der über den Pfad gespannt war. Sie blieb mit einem Bein daran hängen und stürzte, und sofort stürmten drei Männer aus den Bäumen auf sie zu. Arian ließ ihren Bogen fallen und griff nach dem Jagdmesser, doch ein sich auf sie stürzender Körper nahm ihr die Luft, grobe Hände drückten sie nieder.
»Na«, sagte der Mann, der rittlings auf ihr saß und eine schmutzige Hand auf ihre Brust drückte. »Was haben wir denn da?« Sie fühlte, wie Hände an ihren Hosen zerrten und trat um sich. Der Mann auf ihr schlug ihr brutal ins Gesicht. »Haben dich schon seit Tagen beobachtet, was«, sagte er und schlug sie beiläufig mit der anderen Hand. »Haben dich beobachtet und wollten dich. Bettle, hörst du? Bitte Grian, dich zu
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