Ritter des dunklen Rufes
Errin, während sie langsam bergan stiegen. Die frische Bergluft belebte den Adligen schon bald wieder. Wie Ubadai vorausgesagt hatte, gab es hier viele kleine Höhlen. Er ging in eine der Höhlen auf der Südseite des Hügels, machte aber rasch kehrt. »Bär«, sagte er. Die zweite Höhle war leer, und der Nomade sammelte Holz für ein Feuer.
Dankbar für die Wärme, ließ sich Sheera am Feuer nieder und beobachtete Errin. »Es tut mir wirklich leid«, sagte sie.
Er zuckte die Achseln. »Muss es nicht. Ich war noch nie gut darin, mich zu verteidigen. Mein alter Schwertmeister sagte, meine Handgelenke wären so kräftig wie welker Salat.«
»Gegen das Untier hast du dich aber schnell genug bewegt, und dieser Schwerthieb hat ihm fast die Eingeweide herausgerissen.«
»Das Wesen wäre sowieso gestorben«, erklärte Ubadai. »Du hättest es mit diesem Ast töten können.«
»Was soll das heißen?« fragte Errin.
Ubadai zuckte die Achseln. »Es war krank, vielleicht. Als es das Pferd tötete, ist es fast gestürzt. Es hat nicht angegriffen – es ist gestolpert.«
»Netter Gedanke«, fuhr Errin auf. »Der siegreiche Ritter tötet ein krankes Untier – kaum der Stoff für eine Heldensage. Mir kam es nicht krank vor.«
»Doch, das war es aber«, sagte Sheera. »Seine Brust war fast blau. Und es ist gestürzt, bevor es angriff.«
»Es hatte dünne Haut«, meinte Ubadai. »Nicht gut für die Kälte.«
»Könnten wir vielleicht damit aufhören, das Untier zu bemitleiden?« fragte Errin. »Es war ja nicht gerade ein verwundetes Kaninchen.«
»Wartet hier«, sagte der Nomade. »Ich suche das Pferd.«
Nachdem er gegangen war, schürte Sheera das Feuer. »Es spielt keine Rolle, dass das Tier nicht ganz bei Kräften war, Errin. Du hast es immerhin angegriffen – und du hast mich mit erstaunlicher Geschwindigkeit vor den Klauen in Sicherheit gebracht.«
Er grinste sie an. »Das hat mir Spaß gemacht.« Er wollte ihr gerne die Wahrheit über den Gürtel sagen, besann sich jedoch eines Besseren. Es war schön, in einer heldenhaften Rolle gesehen zu werden. Als er Sheera ansah, erstaunte ihn die Ähnlichkeit mit ihrer Schwester: die gleichen großen Augen und vollen Lippen, derselbe durchdringende Blick. Sheera war größer, ihr Haar kürzer und dichter gelockt, aber an ihrer Verwandtschaft konnte es keine Zweifel geben.
»Stimmt etwas nicht?« fragte sie, als sie sah, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte.
»Es ist nichts. Möchtest du etwas essen?«
»Im Moment nicht. Mir ist immer noch etwas übel von dem Kampf.«
»Es war sehr tapfer von dir, dich dem Ungeheuer nur mit einem brennenden Ast entgegenzustellen«, sagte er. »Du sahst sehr beeindruckend aus.«
»Ich hatte weder die Zeit noch den Platz, meinen Bogen zu benutzen. Du hast richtig Talent gezeigt, als du den Angriff geritten hast.«
»Dafür kann ich kein Lob beanspruchen, das arme Tier hat versucht, stehenzubleiben und ist ausgerutscht.« Er sah beiseite, Schweigen breitete sich aus. »Sieh mal«, sagte er schließlich, »wegen Dianu …«
»Wir wollen nicht darüber reden«, sagte sie, ihre Miene verhärtete sich.
»Manche Dinge müssen aber ausgesprochen werden. Ich war ein Narr, das weiß ich, aber ich kann mir noch so viele Vorwürfe machen, es ändert nichts mehr daran. Ich wusste nicht, in welcher Gefahr sie war, und ich wusste nicht, dass ihr Nomadenblut in euch habt.«
»Du hast sie getötet, Errin. Dein Pfeil hat ihr Herz durchbohrt.«
Er schloss die Augen, öffnete sie dann wieder und blickte in die Flammen. »Ja«, gab er zu, »mein Pfeil … aber du weißt nicht, wie es war. Mein Bein war gebrochen, und ich war auf der Flucht. Ich wollte sie retten, aber ich konnte nicht von meinem Pferd herunter. Als ich auf den Hügel kam, wurde sie gerade an den Pfahl auf dem Scheiter …«
»Ich will das nicht hören!«
Aber Errin redete weiter. »Wenn ich sie erreicht hätte, hätte ich sie nicht befreien können. Sie wäre entweder langsam verbrannt oder am Rauch erstickt. Was hättest du an meiner Stelle getan, Sheera?«
»All die Leute dort«, flüsterte sie. »Sie muss viele von ihnen gekannt haben. Sie hat immer Geschenke in Mactha verteilt – Lebensmittel und Geld für die Bedürftigen. Und doch haben sie gejubelt, als man sie auf den Scheiterhaufen brachte. Wir haben in Pertia davon gehört. Und sie haben wütend aufgeschrien, als du ihnen den Spaß verdarbst. Was lässt Menschen so handeln? Wie konnten sie so grausam sein? So
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