Ritter des dunklen Rufes
leise.
»Nein«, antwortete Errin. »Wir suchen Llaw Gyffes.«
»Immer besser«, knurrte Ubadai.
12
Lámfhada lag in einer warmen Ecke der Hütte unter einer dicken Wolldecke, sein Kopf ruhte auf einem bestickten Kissen. Er konnte hören, wie Elodan und Gwydion sich leise unterhielten, aber die Worte verschwammen, als er nach dem Gelb griff. Er wollte unbedingt wissen, welche Farbe sich am Rand seines Gesichtsfeldes näherte. Würde er ein Heiler werden oder ein Zauberer, ein Seher oder gar ein Handwerker? Er schloss die Augen, zog das Gelb an sich und fühlte dessen Wärme. Sein Körper verlor jedes Gefühl für sein Gewicht, und er schien mühelos in einem warmen Meer zu schweben, sich langsam um sich drehend und dabei doch zu dem Glühen über ihm aufsteigend. Oft schon hatte er diesen Bereich erreicht, aber meist blieb er etwas unterhalb und badete nur im Gelb. Heute stieg und stieg er jedoch auf der Suche nach der Farbe seines Lebens. Das Gelb vertiefte sich zu Gold, und er öffnete die Augen und sah, dass der Himmel voller Farben strahlte: Rot, Grün, Weiß, Blau, Schwarz, Violett – und Gold. Sie wanden sich und schwollen an, und er fühlte sich wie auf einem magischen Fluss, hoch über dem Wald wirbelnd. Zuerst war er verschreckt und versuchte umzukehren, aber das Gold brachte ihm innere Ruhe, und so hielt er daran fest.
Und aus der tiefsten, dunkelsten Ecke seines Gedächtnisses kam die Erkenntnis, dass er das Gold schon einmal berührt hatte – als neunjähriges Kind, das von Kummer zerrissen war über den Tod seiner Mutter. Er erinnerte sich an den alten Mann, der auf dem Hügel gesungen hatte und wusste, dass es Ruad Ro-fhessa gewesen war, der Zauberer Ollathair. Aber dicht bei ihm war noch ein Mann, wie ihm einfiel, ein Mann, der den verängstigten Jungen nach Hause geschickt hatte. Doch an seinen Namen konnte sich Lámfhada noch immer nicht erinnern.
Sein unruhiger Flug verlangsamte sich, als er den Waldrand erreichte. Er blickte auf sich selbst hinunter, sah, dass er nackt war und auf einem goldenen Kreis stand. Weit unter ihm waren die Bäume, und er sah einen Hirsch über einen Hügel laufen, von Wölfen verfolgt. Er schauderte und hatte Angst, dass er von dem Kreis fallen würde, und wünschte, der Kreis hätte Wände. Der Kreis verformte sich zu einer Halbkugel, und der Junge ließ sich in einem Thron nieder.
Dies war wundersamer als all seine Träume.
Auf dem Hügel hatte sich der Hirsch dem Wolfsrudel gestellt. Lámfhada beobachtete, wie er den Kopf senkte. Ein Wolf sprang – nur um in die Luft geschleudert zu werden. Ein zweiter Wolf schlich sich von hinten an den Hirsch heran, dann noch einer. Ihre Zähne gruben sich in das Tier, und der Hirsch ging mit zerfetzter Kehle zu Boden. Blut strömte auf die Erde. Lámfhada überfiel eine schreckliche Traurigkeit, und die goldene Halbkugel fiel zur Erde. Von dem Licht erschreckt, rannten die Wölfe davon. Lámfhada kletterte aus der Halbkugel und ging zu dem toten Hirsch. Er war alt, um sein Maul herum war das Fell schon grau. Der Junge kniete nieder und streckte die Hand aus, aber seine Hand glitt durch das Tier hindurch, und er erinnerte sich, dass ja nur sein Geist fliegen konnte. Goldenes Licht flammte aus seiner Hand und erfüllte den Körper des Hirschen. Die Wunden schlossen sich, und die grauen Haare verschwanden. Alte, erschlaffte Muskeln barsten wieder vor Jugend und Vitalität. Der Kopf des Hirsches fuhr hoch, er sprang auf die Füße und war mit einem Satz davon. Die Wölfe kamen wieder näher, aber er war so schnell, dass er einen großen Vorsprung erreichte, während er auf die Zuflucht der entfernten Bäume zulief.
Lámfhada kletterte in die Halbkugel und stieg wieder zum Himmel empor, Freude durchströmte ihn.
Wieder am Rande des Waldes, blickte er über das unter ihm liegende Reich und sah, wie das Rot sich wie ein ferner Sonnenuntergang zusammenballte. Er fühlte die Gegenwart eines anderen und sah, wie ein Mann am Himmel schwebte. Er trug eine rote Rüstung, sein Haar schimmerte weiß im Mondlicht – und doch merkte Lámfhada, als er näher kam, dass der Ritter fast durchsichtig war.
»Wer bist du?« fragte Lámfhada.
Blutrote Augen wandten sich ihm zu, und der Ritter versuchte, näher heranzufliegen, doch das Gold trieb ihn zurück.
»Ich bin Cairbre«, flüsterte der Ritter. »Und du?«
»Lámfhada. Warum bist du hier?«
»Um zu sehen, zu lernen. Gehörst du zu Llaw Gyffes?«
»Ja. Kennst du ihn?«
Der
Weitere Kostenlose Bücher