Ritter-Geist
mein Körper dann männlich aussehen, aber in seinem Inneren würde er immer weiblich bleiben.«
Das leuchtete mir ein. Und doch schien sie nach dem Austausch unserer Körper männliche Eigenschaften zu entwickeln, während ich selbst an mir weibliche beobachtete. Die äußere Form machte eben doch einen Unterschied.
Wir trennten uns voneinander und schliefen. Aber vielleicht r e spektierten wir einander nun auch mehr, als wir es jemals zuvor getan hatten.
Der nächste Tag verlief ebenso wie der vorherige, bis wir in die Höhle der Kuhleute kamen. Inzwischen war fast die halbe Wand weggehauen worden, so daß die Weidefläche stark verringert wo r den war. Wir sangen das erste Lied, und Mula kam auf uns zu. »Wernanz sagt in Oadng«, berichtete sie zufrieden.
»Ferdinand sagt, es ist in Ordnung«, meldete ich an Threnodia weiter.
»Warum, zum Teufel, warten wir dann noch? Machen wir uns endlich auf den Weg«, sagte sie knurrig. Ich weiß wirklich nicht, warum Männer Gefallen, die man ihnen tut, nicht etwas freundl i cher annehmen können, und warum sie immer solche Ausdrücke gebrauchen müssen.
Wir erhoben uns und schritten ans gegenüberliegende Ende der Höhle, wo sich die Hauptherde der Kuhleute befand.
»Heh!« schrie Gnäßlich und hob seinen Pickel. Doch die beiden Stierleute bauten sich vor ihm auf, mit gesenkten Hörnern, so daß er nichts unternehmen konnte. »Und dabei haben wir den Topf für heute abend schon aufgewärmt!« tobte er.
»Wirklich schade, Scheusal«, brummte Threnodia ohne große Sympathie. Manchmal können Männer ziemlich gefühllos sein.
Mula sprang vor uns her und zeigte uns den Weg. Doch wir be i den Flüchtlinge waren uns gar nicht sicher, wohin der Weg uns führen würde.
13
Ritters Alptraum
Er führte uns in eine riesige scheunenähnliche Höhle, wo die Mutterkühe kleine Babykälber versorgten und alte Stierköpfe z u frieden wiederkäuten. In einem königlichen Stall stand Ferdinand, ein riesiger und edler Stier von einem Mann. Mula führte uns d i rekt auf ihn zu. Mula mußte dolmetschen, da wir die Kuhsprache nicht verstanden. Der König seinerseits schien uns jedoch gut g e nug zu verstehen. Königliche Wesen scheinen äußerst großen Wert auf Bildung zu legen, und manchmal ist das wirklich sehr hilfreich.
»Seid gegrüßt, Euer Majestät«, sagte Threnodia und verneigte sich förmlich. Es war offensichtlich, daß diese Herde von ihren männlichen Mitgliedern beherrscht wurde, deshalb erwartete man auch von ihr, dem scheinbaren Mann, daß sie die wichtigere Pe r son war. Ich unterdrückte vorübergehend meine Verärgerung über diesen nackten Sexismus; später würde ich Threnodia schon o r dentlich die Meinung sagen. »Wir sind Euch zutiefst dankbar, daß Ihr uns rechtzeitig behilflich wart, uns vor den Gnomen zur re t ten.«
Der König muhte. Mula übersetzte: »Dze Nome znd ne blaaa h ge.«
»Diese Gnome sind eine Plage«, wiederholte ich in leisem Ton für Threnodia, denn ihre männlichen Ohren schienen Nuancen nicht so gut wahrzunehmen. Kein Wunder, daß sie nicht so schön singen konnte wie ich!
»Das kann man wohl sagen!« stimmte Threnodia zu. »Die wol l ten uns in einem Topf räuchern!«
Wieder muhte der stierköpfige König, Mula dolmetschte, und ich übersetzte es erneut: »Nun könnt Ihr singen«, fing ich an, im Fl ü sterton.
»Habe ich selbst verstanden!« fauchte Threnodia mit unerträgl i cher männlicher Grobheit. »Euer Majestät, wir wissen es zutiefst zu schätzen, was Ihr für uns getan habt. Doch andere Geschäfte verlangen nach unserer Aufmerksamkeit. Vielleicht können wir Euch einen anderen Dienst erweisen, um uns für die Dienste e r kenntlich zu erweisen, welche Euer prachtvolles Volk uns geleistet hat.«
»Muuuh?« fragte der König enttäuscht.
»Wir können nicht hierbleiben«, erwiderte Threnodia mit fester Stimme. »Das soll keine Geringschätzung Eures Landes oder E u rer Kultur sein. Es ist nur, daß wir noch eine früher eingegangene Verpflichtung haben. Ich bin eine Königstochter… von königl i chem Geblüt, und die Pflichten meiner Stellung…«
Bedauernd muhte der König wieder. Er war nicht der Typ, der königliche Verpflichtungen in Frage gestellt hätte.
»Alles, was wir brauchen, ist mehr Weideland«, dolmetschte Mula auf ihre Art. Ich gebe ihre Sprache jetzt auf normale Weise wieder. »Aber unsere tiefsten und besten Gebiete werden von den Rittern beherrscht, und für einige dieser Höhlen müssen wir jetzt
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