Ritter-Geist
musterte ihn. »Die Mission ist noch nicht vollendet«, sagte sie.
»Aber Ihr könnt herübertreten und sie dadurch vollenden«, warf Yin ein.
»Ja, und Schloß Roogna wird dann fallen«, erwiderte sie veräch t lich.
»Aber Euer Vater wünscht diese Vereinigung«, erinnerte sie Yin. »Wir können ein anderes Schloß bauen.«
»Aber keins wie dieses!«
»Kommt schon, schöne Frau«, bat Yin. »Der unwissende Barbar hat sein Leben gegeben, um Euch bis hierher zu bringen. Wollt Ihr etwa, daß dieses Opfer vergebens gewesen sein soll?«
»Pah!« rief Threnodia. »Ich bin Dämonenbrut, ich besitze kein Gewissen. Ich will lediglich das Schloß schonen, auf dem ich au f wuchs, den einzigen Ort, an dem ich glücklich war. Jetzt werde ich mein eigenes Leben führen. Das würdet Ihr mir nicht erlauben, wenn Ihr erst einmal die Macht habt, Magier Yin.«
»Aha – die Maid hat also vor, mit dem Barbaren zu fliehen, wenn er wieder zum Leben erwacht ist.«
Wäre ich in diesem Augenblick lebendig gewesen, diese Beme r kung hätte mich erschreckt; ich hatte ja geglaubt, daß Yin nichts von meinem Talent wußte. Aber natürlich wissen Magier meistens mehr, als sie zugeben; das ist auch Teil ihrer Macht.
»Wohl kaum, Magier! Dieser Tölpel lebt nur, um seinen Auftrag zu erfüllen, um mich zu Euch zu bringen, Yin. Ich habe versucht, ihn zu verführen, damit er davon abläßt, doch der Narr ließ sich nicht von seinem Vorsatz abbringen. Nur dadurch, daß ich ihn loswerde, werde ich auch Euch los.«
»Aber Ihr werdet ihn niemals loswerden, Prinzessin, denn er kann nicht getötet werden. Das war der kleine Vorteil, den ich gegen Yangs Raffiniertheiten ins Feld führen konnte. Also könnt Ihr ebensogut über den Graben kommen und mich heiraten.«
»Ich werde ihn loswerden – und Euch!« rief sie. »Ich weiß, wie man den Barbaren tot behält!« Und sie nahm mein Schwert und hieb damit auf meinen Körper ein. Der magische Schild versuchte sich zu heben, um den Angriff abzuwehren, doch sein Zauber war nicht mehr sehr frisch, und ich selbst war tot, so daß er nicht viel auszurichten vermochte. Einen Augenblick später hatte sie meinen Schildarm abgehackt, wodurch der Schild endgültig ausgeschaltet wurde. Dann hackte sie mir die anderen Gliedmaßen und den Kopf ab, schließlich hieb sie meinen Rumpf in zwei Teile. »Dieser Blödian wird mich nie wieder belästigen!« keuchte sie, spießte me i nen starrenden Kopf auf der Schwertspitze auf und trug ihn hinaus in den Hain.
Yin sah ihr nach. »Dann seid Ihr also dazu entschlossen, dafür zu sorgen, daß die Mission des Barbaren nicht beendet wird?« rief er ihr nach.
»Absolut!« rief sie zurück, während sie zwischen den Obstbä u men verschwand.
Nach einer Weile kehrte sie zurück, um einen weiteren Teil me i nes Körpers aufzuspießen. »Und Ihr weigert Euch auch, herübe r zukommen und mich zu heiraten?« fragte Yin, als handle es sich dabei um eine reine Routineangelegenheit.
»Ihr habt es begriffen, Magier«, sagte sie und zerrte den zweiten Brocken in eine andere Richtung davon.
Als sie erneut zurückgekehrt war, fragte Yin: »Entgegen dem Wunsch Eures sterbenden Vaters?«
»Wenn mein Vater um die Wahrheit wüßte, würde er diesen Wunsch bereuen.« Diesmal marschierte sie mit dem dritten Kö r perteil in eine wiederum andere Richtung davon.
Bei ihrem nächsten Auftauchen fragte Yin: »Wißt Ihr denn nicht, daß, wenn ich nicht König werde, mein böser Bruder an meiner Stelle den Thron besteigen wird?«
»Natürlich weiß ich das!« rief sie. »Doch was kümmert mich Eure Politik?« Sie nahm meinen vierten Körperteil und schritt mit ihm davon. Als sie erneut erschien, fragte Yin: »Ist Euch eigentlich gar nicht klar, daß Ihr, wenn Ihr mich nicht heiratet, Magier Yang he i raten müßt?«
»Vielleicht will Magier Yang mich gar nicht haben, aber wenn er mich will, wird er mich nicht dazu zwingen, auf Schloß Roogna zu leben«, sagte sie und spießte einen fünften Brocken auf und ve r schwand damit.
Kurz darauf war sie wieder zurück, um den vorletzten Brocken abzuholen. »Was macht Ihr Euch aus dem Magier Yang?« wollte Yin wissen.
Threnodia hielt inne. »Nun, wenn Ihr es geradeheraus wissen wollt, ich bin wirklich Dämonenbrut. Ich ziehe das Böse dem G u ten vor – und Yang ist böse.« Sie schleppte den Teilkörper davon.
»Dem Barbaren habt Ihr aber etwas anderes erzählt«, sagte Yin, als sie schließlich zurückkehrte, um den letzten Brocken zu
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