Ritter-Geist
glaube, Euer Schloß befindet sich südlich des… der… ich weiß nicht mehr genau, was es ist, jedenfalls südlich d a von, vielleicht hier.« Sie zeigte auf den unteren Teil der Landkarte, wo die Worte HIER MÖGEN OGER SEIN standen, und e r schauerte.
Oger! Natürlich hatte ich von diesen riesigen, schrecklichen W e sen gehört, war aber noch nie einem begegnet. »Das ist genau die Sorte Abenteuer, nach der ich suche!« rief ich. »Sobald ich wieder bei Kräften bin.«
Mit weiblicher Besorgnis blickte sie mich an. »Ihr seid krank?«
»Nein, nicht wirklich. Ich wurde schrecklich verwundet, als ich mit den…« Doch ich brach ab, als sie wieder zu protestieren b e gann. »Ich weiß schon… ich soll es für den Stamm aufheben! Na ja, jedenfalls werde ich in ein paar Tagen wiederhergestellt sein, das geht also schon in Ordnung. Es geht hauptsächlich darum, daß sich mein verlorengegangenes Muskelgewebe erneuert. Bis ich den Ogern begegne, werde ich schon wieder voll auf der Höhe sein. Dann begebe ich mich auf Schloß Roogna und sehe mal nach, was mich dort für ein Abenteuer erwartet. Mit Hilfe dieser Karte werde ich schneller ans Ziel kommen. Danke, Glockenblume.«
»Ihr nehmt meinen Gefallen also an«, sagte sie erfreut.
»Aber gewiß doch«, stimmte ich zu. »Und nun, was wollt Ihr von mir?«
Mit gespenstischer Intensität blickte sie mich an. »Ich glaube, das würdet Ihr jetzt noch nicht verstehen«, sagte sie. »Aber wenn Ihr dafür bereit seid, werde ich es Euch sagen.«
Ich zuckte die Schultern. »Solange es noch geschieht, bevor ich Euer bezauberndes Elfenulmenreich verlasse.«
»Das wird es schon, Jordan-Mensch«, versicherte sie mir.
Dann räumten die Elfen die Reste der Mahlzeit fort und stellten sich in einem großen Kreis um den Baum herum auf. Neben dem Stamm stand der Elfenkönig und klatschte ruheheischend in die Hände. »Das ist Dornenkrone«, flüsterte Glockenblume mir zu. Inzwischen saß sie auf meiner Schulter und ließ ihre Beine in me i ne rechte Hemdtasche hinabbaumeln. Sie war so leicht, daß ich sie kaum spürte, und ihr Griff, mit dem sie sich an meinem rechten Ohr festhielt, war wie eine Liebkosung.
König Dornenkrone ergriff das Wort, und er wußte es wohl zu führen. »Ich heiße den reisenden Barbarenmenschen willkommen, der uns am heutigen Tag besucht«, verkündete er förmlich. »Ich lade ihn dazu ein, mit uns Vergnügsamkeiten auszutauschen. Z u nächst einmal wollen wir ihm die unseren vorführen.«
Da schwebten aus dem darüberhängenden Laubwerk des Baums zehn Elfendamselln herab, an Fäden hängend und mitten in der Luft Pirouetten drehend. Unmittelbar oberhalb des Erdbodens blieben sie schweben und begannen dann hin und her zu schwi n gen wie ein Pendel, mit ganz langsamen Bewegungen, weil die F ä den so lang waren. Völlig im Einklang miteinander, schwangen sie hin und her, spreizten Arme und Beine und umrundeten auf diese Weise den Baum. Dann schwangen sie sich in unterschiedliche Richtungen und bildeten Muster, die sie vor meinen Augen schon wieder verwandelten, bevor ich auch nur begriffen hatte, was den äußerst flüchtigen Eindruck betörender Schönheit erzeugte. Baumein- und -auswärts verwoben sie sich, kamen mal zusammen, mal trennten sie sich wieder voneinander, verschränkten die Hä n de und drehten sich allein. Es war ein wunderschöner Tanz, s o wohl in seinen Einzelheiten als auch in seiner Ganzheit, und ich war entsprechend verzaubert.
Dann sprangen die Damselln auf den Boden, und ein Dutzend männlicher Elfen kam auf den Baum zu. Das waren junge, gesu n de Exemplare, muskulös und mit geschulten Bewegungen – das elfische Gegenstück zu uns Barbaren. Ihr Tanz fand auf dem B o den statt, und dazu gehörten Kraftvorführungen. In einem weiten Kreis umringten sie die Ulme. Dann hob jeder von ihnen einen recht ordentlichen Stein empor, hielt ihn eine Weile oben und ließ ihn fallen.
Als nächstes verengten sie sich zu einem kleineren Kreis, dort, wo man noch größere Steine ausgelegt hatte. Zu meiner großen Überraschung hob jeder von ihnen diese größeren Steine, ansche i nend mit ebenso geringer Anstrengung wie die kleinen zuvor. Wieder wurde der Kreis enger geschlossen, wo noch größere Ste i ne lagen, und wieder wurden diese aufgehoben. Ich begann mich schon zu fragen, ob diese größeren Steine vielleicht aus einer leichteren Substanz waren, um dies zu ermöglichen. Aus Bimsstein zum Beispiel – magischem Gestein, das aus den Tiefen
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