Ritter-Geist
Mission ausführen, damit Yin gewinnt, aber Yangs Zauber sind mir dabei im Weg. Ist eine ziemlich rauhe Sache gewesen bisher, aber ich glaube, langsam komme ich ans Ziel.« Ich zuckte die Schultern. »Ich will Euch nicht mit Einzelheiten langweilen. Werde mich jetzt mal auf den Weg machen. Danke für die Suppe, Mädchen.«
»Wartet«, sagte sie. »Diesen Gegenstand, den Ihr holen sollt – wißt Ihr, was das ist?«
»Nein. Ich habe zwar Yins Findezauber, habe ihn aber noch nicht benutzt. Aber ich glaube, daß er sich hier irgendwo in der Nähe befinden mußt, denn es ist mir vorherbestimmt…«
»Setzt Euch, Jordan«, sagte sie. »Laßt mich Euch eine Geschichte erzählen, die Ihr vielleicht noch nie gehört habt. Ich werde Euch auch etwas Wein einschenken.«
»Na klar doch. Danke auch.« Für Geselligkeit war ich immer zu haben. Threnodia mischte einige Flüssigkeiten in einen Kelch, was mich etwas überraschte, denn ich hatte gedacht, daß Wein immer direkt aus Weinschläuchen kommt, die auf Weinlilien wachsen. Sie brachte mir den Kelch, und während sie sprach, leerte ich ihn. Es war ein bitteres Zeug mit einem ziemlich stechenden Nachg e schmack, aber recht gut. Barbaren haben ja sowieso nicht viel G e schmack.
»König Gromden hat ein Kind, eine Tochter«, sagte Threnodia.
»Oh, ja, klar. Das hat er mir erzählt.«
»Was hat er Euch noch über sie erzählt?«
»Nicht viel. Nur daß seine Frau und sein Kind weggegangen sind und daß er sie mächtig vermißt.« Ich rülpste; der Wein schlug Bl a sen in meinem Inneren.
»Die Geschichte ist ein bißchen komplizierter gewesen«, meinte Threnodia.
»Na ja, jetzt ist er jedenfalls ziemlich einsam.« Dann erfuhr meine Intelligenz einen Lichtblitz. »Yang hat da einen Skandal erwähnt; vielleicht war das ja der…«
Sie schwieg einen Augenblick, dann setzte sie ihre Geschichte fort, als wäre sie nicht unterbrochen worden. »König Gromdens Augapfel, und es heißt in der Tat, daß sie sehr hübsch war. Seine Frau wurde eifersüchtig, weil das Kind soviel Aufmerksamkeit bekam, und deshalb verhängte sie einen Fluch über sie: Wenn sie auf Schloß Roogna bleiben sollte, würde das Schloß fallen. Das machte den König sehr traurig, doch schließlich mußte er die Hauptstadt von Xanth um jeden Preis erhalten, weshalb er das Mädchen schließlich wegschickte. Und weil er wegen des Fluchs wütend auf die Königin war, jagte er auch sie davon, doch bevor sie ging, verhängte sie auch über ihn einen Zauber. Das war natü r lich ihr Talent – Flüche zu verhängen. Sie entstammte einem Fluchvolk tief im Süden Xanths, manche nennen dieses Volk die Dämonen. Sie brachte ihn dazu, den Inhalt des ersten Fluchs zu vergessen.
Deshalb sucht der König seitdem nach seiner verbannten Toc h ter und weiß gar nicht mehr, daß er selbst sie in die Verbannung geschickt hat, und zwar aus gutem Grund. Schließlich spürte er sie sogar auf, doch sie konnte sich an den Fluch noch erinnern und weigerte sich, zu ihm auf Schloß Roogna zurückzukehren. Das konnte er nicht verstehen, denn sobald sie ihm von dem Fluch erzählte, vergaß er ihn wieder sofort. Ein guter Fluch läßt sich nicht dadurch vermeiden, daß man einfach jemandem sein Wesen erklärt; der funktioniert solange, bis er wieder aufgehoben wird oder einfach an Kraft verliert, aber die Flüche der Fluchungeheuer verlieren ihre Kraft niemals.
Da er die Wahrheit nicht begreifen konnte, dennoch aber auf e i ner Antwort beharrte, mußte sie ihm statt dessen eine Lüge erzä h len, so grausam das auch sein mochte. Folglich behauptete sie, daß sie es vorziehe, in der offenen Wildnis zu leben anstatt in einem düsteren alten Schloß. Er versuchte immer wieder, sie dazu zu bewegen, es sich anders zu überlegen, doch nie hatte er damit E r folg.«
»Das ist aber sehr interessant«, meinte ich. »Mir hat er nie etwas über die Flüche erzählt.«
»Natürlich nicht. Aber an das Fehlen seiner Tochter kann er sich noch erinnern«, meinte Threnodia. »Und er hat sich geschworen, eine Möglichkeit zu finden, sie auf Schloß Roogna zurückzubri n gen und sie dort glücklich zu machen. Tatsächlich hat er sogar darauf gehofft, daß sie seinen Nachfolger heiraten würde, den nächsten König von Xanth, damit seine Stammlinie an der Macht bleiben würde. Der Thron Xanths ist ja nicht erblich, da er von einem Magier auf den anderen übergehen muß, doch manchmal gibt es über die weibliche Seite so etwas wie eine Erblinie. Seine
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