Ritter-Geist
davon in Mitle i denschaft gezogen. Es sah so aus, als sei ich auf dem besten Weg, zur Statue zu werden. Was sollte ich nun tun?
Noch während ich zögerte, versteiften sich meine Hände, und das Haar auf meinem Haupt wurde brüchig und schwer. Meine Miene versteinerte sich, ich atmete immer schwerer, denn Stein ist nicht sonderlich flexibel. Ich spürte, wie ich stürzte, und ich nahm auch den harten Aufprall am Boden wahr. Ich hoffte nur, daß mein steinerner Leib dem Boden nicht allzu weh getan hatte. Dann verlor ich das Bewußtsein, als auch mein Hirn zu Stein wurde. Das war schon mein dritter Tod innerhalb von ein bis zwei Tagen.
Pook sah all dies mit Entsetzen an. Kaum hatte er mich in S i cherheit gebracht, geschah nun dies hier! Doch er war klug genug, um zu erkennen, daß ich mich möglicherweise ebenso vom Ve r steinern erholen könnte wie von dem Sturz in die Spalte. Also rollte er mich mit dem Maul herum, hakte eine Kette unter meine starren Arme und zerrte mich in den Schatten des Baumes, zu dem ich gewollt hatte. Dort ließ er mich liegen, während er selbst in immer weiterem Kreis um den Baum herum graste und gleichzeitig ein Auge auf mich behielt, während er mit dem anderen Ausschau nach irgendwelchen streunenden Ungeheuern hielt, die hier vie l leicht vorbeikommen konnten.
So verging mal wieder die Zeit, bis schließlich die Dämmerung anbrach und schuldbewußt über die Ebene kroch. Pook stellte sich neben mir auf und sorgte dadurch für meine Sicherheit. Tatsache ist freilich, daß steinerne Figuren nur selten belästigt werden, alle n falls von Hämmern und Erdbeben und ungezogenen Vögeln. Aber in unverbrüchlicher Treue blieb das Gespensterpferd bei mir und vertraute darauf, daß ich mich beizeiten schon erholen würde.
Sein Vertrauen wurde belohnt, denn nach und nach kämpfte mein Talent gegen den Versteinerungsfluch an und siegte schlie ß lich. In der Nacht wurde mein Kopf wieder zu Fleisch, ebenso mein Oberkörper, so daß ich wieder zu atmen begann. Es war eine gute Sache, daß der böse Magier Yang nichts von meinem Talent gewußt hatte. Hätte er das getan, so hätte er jetzt dafür gesorgt, daß meine Statue in tausend Stücke zerschlagen worden wäre, um diese überall zu verteilen. Ich bin mir gar nicht sicher, daß ich mich davon wieder erholt hätte. Auf jeden Fall hätte das sehr, sehr lange gedauert, und wahrscheinlich wäre Yang bis dahin bereits zum Sieger ernannt und zum König gekrönt worden.
Als der Morgen dämmerte, konnte ich mich wieder aufsetzen. Pook wieherte zufrieden. Doch ich war noch keineswegs wiede r hergestellt, denn meine Beine und mein linker Arm blieben ve r steinert, und mein Schädel fühlte sich irgendwie felsig an. In der Regel beschleunigte mein Heiltalent sein Tempo, wenn der Prozeß sich seinem Ende näherte, aber diesmal wurde es immer langs a mer.
Ich begriff, daß mein Talent einfach überstrapaziert worden war. Abgesehen von meinen Toden war dies schon der fünfte schlimme Unfall innerhalb von ungefähr zwei Tagen. Früher war ich höc h stens einmal am Tag umgebracht worden, und meistens noch nicht einmal so häufig. Außerdem waren es diesmal ziemlich gründliche Tode gewesen, die sich nicht so einfach heilen ließen. Nun, ich konnte es ihm nicht verdenken. In ein paar Stunden oder Tagen würde meine Magie sich, davon war ich überzeugt, erholt haben und die restliche Versteinerung beseitigen. Bis dahin mußte ich mich mit dem Erreichten zufriedengeben. Jetzt im nachhinein bin ich zu dem Schluß gelangt, daß mein Talent, nachdem es seine letzten Kräfte verbraucht hatte, die Sache möglicherweise aus den Augen verlor und einfach annahm, daß ich teilweise aus Stein b e stehen mußte. Das ist wie ein Mann, der in ein fremdes Haus kommt und natürlich nicht merkt, ob ein bestimmter Stuhl am falschen Platz steht. Ähnlich begriff mein Talent nicht, daß der versteinerte Fuß und die Hand nicht richtig waren. Doch ist das bloße Vermutung, die ich erst lange danach anstellte. Eigentlich verstehe ich die Magie nicht wirklich.
Pook stellte sich neben mich. Ich packte seine Ketten und zog mich daran auf die Beine. Dann griff ich empor, um genügend Früchte und Nüsse zu pflücken, die auf dem Baum wuchsen, d a mit ich mich davon ernähren konnte. Nach einer Weile gelang es mir, aufzustehen und ohne Hilfe zu gehen, wenngleich meine Füße versteinert blieben. Es war, wie auf Stelzen zu gehen. Ich konnte es zwar tun, doch für die Reise brauchte
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