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Ritter und Raufbolde

Ritter und Raufbolde

Titel: Ritter und Raufbolde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauss
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unter Führung zweier deutschen Bischöfe vor der Burg Tusculum 1167:
    Des Morgens eilten die Römer zum Schlachtfeld, um die Leichen der Gefallenen zu holen, aber die Bischöfe schickten Ritter in ihre Reihen, die sie in die Flucht schlugen. [...] Schließlich sandten sie Boten zu den Bischöfen und beschworen diese untertänigst, sie möchten aus Liebe zum heiligen Petrus und in Anbetracht der Christenheit ihnen gestatten, ihre Toten aufzunehmen. Dies wurde von den Bischöfen unter der Bedingung erlaubt, dass sie die Zahl der Toten und Gefangenen aus dem Kampf ihrerseits zusammenzählten, unter Eid ihnen schriftlich gäben und so endlich nach gegebenem Frieden ihre Toten zum Begräbnis aufnähmen. 14
    |100| Zu den Privilegien des Sieges zählt hier nicht nur die Hoheit über das Schlachtfeld, welche die Bischöfe ganz handfest umsetzten, sondern auch der Anspruch auf eine Bilanzierung des Krieges. Die Sieger wollen genau wissen, wie viele Gegner sie getötet und gefangen haben; das Ergebnis wird – ganz buchhalterisch – aufgelistet. Otto von St. Blasien nennt dann auch das Ergebnis der Zählung: 15   000 Tote und Gefangene. Diese Angabe erscheint nach heutigen Überlegungen zu hoch; derartige Zahlenangaben stehen in der Historiographie des Mittelalters einfach für ,sehr viele‘. In der Tendenz wird diese Zahl aber von den Angaben der anderen Quellen zu dieser Schlacht gestützt. Die Verluste der Römer – genannt werden Zahlen zwischen 1500 und 15   000 Gefallenen und zwischen 1700 und 7000 Gefangenen – müssen horrend gewesen sein.
    Verwundung
    Kombattanten wurden nicht nur durch den Tod zu Opfern des Krieges. Sie konnten verwundet oder verstümmelt werden oder gerieten in Gefangenschaft. Die mittelalterlichen Quellen sprechen über Verletzungen meist nur dann, wenn hochrangige Kämpfer betroffen sind oder sie einen Gesamteindruck des Grauens vermitteln wollen.
    Nachdem der König Otto, Walram [Herzog von Limburg] und viele andere auf beiden Seiten schwer verwundet, mehrere auch gefangen und getötet waren, kehrten alle nicht ohne schweren Schaden heim. 15
    So berichtet die Fortsetzung der Kölner Königschronik zum September 1205, als im Zuge des Thronstreites zwischen dem Staufer Philipp von Schwaben und dem Welfen Otto IV. Letzterer beim Kampf um die Stadt Köln verwundet wurde. Nur der |101| König und einer seiner hochrangigen Gefolgsmänner werden namentlich genannt, die übrigen Verwundeten hingegen bleiben namenlos; auch über die Art der Verwundung erfahren wir nichts.
    Gefangenschaft
    Physisch meist weniger gravierend, mitunter aber finanziell ruinös war es für einen mittelalterlichen Kämpfer, in Gefangenschaft |103| zu geraten. Wenn die Möglichkeit im Raum stand, Lösegeld zu erpressen, sicherte dies dem Gefangenen meist das Leben, wenn auch nicht in allen Fällen die körperliche Unversehrtheit. Die Gefangenschaft von hochrangigen Kämpfern war in der Regel eher angenehm, da sie entsprechend ihres Standes behandelt wurden, teilweise auch ihre eigene Dienerschaft bei sich hatten. Man konnte gegebenenfalls auf Ehrenwort versichern, nicht zu fliehen, und so erniedrigender Einkerkerung entgehen. Karl, Herzog von Orl ans, geriet im Alter von 20 Jahren in der Schlacht von Agincourt in englische Gefangenschaft, in welcher er 35 Jahre verblieb. In dieser Zeit lebte er in London und schrieb zahlreiche Gedichte.
    Diese Art von Gefangenschaft war sicherlich nicht allzu entbehrungsreich. Ganz anders gestaltete sich die Sachlage, wenn die Gefangenen weniger prominent waren. Oftmals wurden sie herangezogen, um dem Kriegsgegner eine Botschaft – im übertragenen Sinne – zu übermitteln. So ließ im Jahr 1198 der englische König Richard 14 französischen Rittern beide Augen ausreißen, einem 15. Ritter wurde ein Auge belassen, damit er seine Gefährten zurück zum französischen Heer führen konnte. Der französische König Philipp Augustus ließ im Gegenzug 15 englische Gefangene blenden. Dieser Richard ist der König mit dem Beinamen Löwenherz, der uns in zahlreichen Robin Hood-Legenden als besonders ritterlicher und ehrenvoller Monarch präsentiert wird.
    Der ganze Zynismus des Krieges kommt in einem Bericht des arabischen Autors Usamah ibn Munqid († 1188) im Kontext der Kreuzzüge zum Ausdruck:
    |104| Die Franken haben ihn gefangen und folterten ihn auf verschiedene Weise. Sie wollten ihm sogar das linke Auge ausreißen. Aber Tankred – Allah möge ihn verfluchen – sagte zu ihnen: „Reißt

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