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Ritter und Raufbolde

Ritter und Raufbolde

Titel: Ritter und Raufbolde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauss
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Kriegszuges) als Lehnsdienstpflichtige mitgezogen waren, die sich nun bezahlen ließen. War die Lehnsverpflichtung abgelaufen und der Krieg noch nicht vorbei, mussten die Kämpfer für ihre Dienste bezahlt werden.
    Es kamen aber auch Söldner im klassischen Sinne zum Einsatz: Landfremde Profis, die ihren Lebensunterhalt mit dem Krieg verdienten und oft einen schlechten Ruf hatten, weil sie den Krieg professionell und ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten betrieben und: weil sie Fremde waren. Bekannte Beispiele für Söldnergruppen sind die Brabanzonen des 12. oder die Armagnaken des 15. Jahrhunderts. Beide Bezeichnungen leiten sich letztlich von einer Region ab (Bra bant und Armagnac), zu der diese Söldnertruppen ursprünglich in Beziehung standen. Beide zeichneten sich durch zahlreiche Plünderungen und Übergriffe aus und wurden für ihre Kriegsherren zum Problem, wenn die Kassen leer oder die Kämpfe vorbei waren. Dann galt es, für eine kampferprobte Einheit bewaffneter Kämpfer eine Beschäftigung zu finden. Aus diesem Grund kämpften diese Gruppen immer wieder auf verschiedenen Seiten eines Konfliktes.
    Die Größe mittelalterlicher Heere war durch die Finanzkraft der jeweiligen Kriegsherren beschränkt, die nicht nur für den Sold, sondern in gewissem Umfang auch für die Verpflegung und Ausrüstung ihrer Kämpfer aufkommen mussten. Für große Heere antiken oder modernen Umfangs fehlten schlicht und einfach die Mittel.
    Für die Ermittlung von Opferzahlen sind wir meist auf die Geschichtsschreibung verwiesen – und hier mit den gleichen Problemen konfrontiert, die wir schon bei den Angaben zur Truppenstärke kennengelernt haben: Die Zahlen sind schwer zu ermitteln und obendrein verzerrt. Woher wusste man, wie |98| viele Kämpfer gefallen waren? Für etliche Gefechte wird berichtet, dass nach dem Kampf das Schlachtfeld nach Toten und Verwundeten abgesucht wurde; es ging darum, die Toten zu plündern, die Verwundeten nach potenziellen Lösegeldkandidaten abzusuchen oder sie, wenn ihr sozialer Status diese Möglichkeit ausschloss, umzubringen. Eine Niederlage führte nicht selten zu horrenden Verlusten: Bei Agincourt sollen 1415 circa 40 Prozent der französischen Ritter gefallen sein. Auch wenn das Lösegeldsystem und die gute Körperpanzerung der Reiterkrieger die Chancen verbesserten, eine Schlacht zu überleben, so war das persönliche Risiko doch immer hoch. Dies galt besonders für die nicht-adligen Fußkämpfer, die durch Defensivwaffen schlechter geschützt und im sozialen Gefüge weniger wert waren. Die Unterscheidung in Adlige und ,einfaches Volk‘ diente im Mittelalter zur Differenzierung von Verlusten:
    Nicht leicht ließ sich schätzen, wie viele Tausend auf der einen, wie viele auf der andren Seite in der Schlacht getötet worden waren, so viel aber stand eindeutig fest, dass hier mehr Adlige, dort mehr aus dem niederen Volk gefallen waren. 12
    Mit diesem aus heutiger Sicht zynisch wirkenden Vergleich der Toten kommentiert Lampert von Hersfeld die Niederlage der Sachsen im Kampf gegen König Heinrich IV. an der Unstrut im Jahr 1075. Lampert steht aufseiten der Verlierer und will den Sieg Heinrichs durch die hohen Verluste an Adligen zerreden.
    Was den Verlierern nach der Schlacht auf dem Schlachtfeld blühen konnte, erzählt uns der Schweizer Chronist Johannes von Winterthur. Im Jahr 1292 bekämpften sich die Städte Zürich und Winterthur, Zürich verlor, etliche Züricher flohen, und andere blieben verwundet zurück:
    |99| Die übrigen [Züricher] aber sind entweder erschlagen oder verwundet worden; der größte Teil aber ist, weil sie [die Winterthurer] sie menschlich behandelt haben, gefangen abgeführt worden. [...] Denn die Winterthurer hatten durch das Dahinstrecken der Feinde und ihrer Pferde eine so große Menge an Blut vergossen, dass viele der Feinde sich darin wälzen konnten wie Schweine in der Suhle, damit sie für tot gehalten wurden und so dem Tod entgehen konnten. 13
    Hoheit über das Schlachtfeld
    Die Hoheit über das Schlachtfeld gehörte stets den Siegern, ja wurde sogar als Ausdruck des Sieges verstanden: Wer das Feld behaupten und besetzen konnte, hatte gewonnen. Damit war auch die Hoheit über die auf dem Schlachtfeld verbliebenen Leichen und Verwundeten verbunden, sowohl die der eigenen Seite als auch die des Gegners. So berichtet der Chronist Otto von St. Blasien vom Morgen nach einer Schlacht zwischen aufständischen Römern und einer kaiserlichen Truppe

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