Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
Vom Netzwerk:
allgemeinen Informationsfluß abgeschnitten.«
    »Ich töpfere hin und wieder. Zwar nur für den Hausgebrauch, aber damit gelte ich als Künstlerin und habe weitgehend Narrenfreiheit. Von Isolation kann keine Rede sein.«
    Gina hakte noch einmal nach.
    »Wissen Sie, woran es lag, daß der Laden nicht lief?«
    Die Lingscheid wackelte mit dem Kopf. »Buchführung ist nicht mein Ding, liebe Frau Echternach. Ich weiß nur, daß es zum Jahresbeginn eine gewaltige Mieterhöhung gegeben hatte, und die nächste stand schon bevor.«
    »Wie heißt noch die Vermieterin?«
    »Else Trimborn. Sie wohnt –«
    »Wo sie wohnt, weiß ich«, sagte Gina. »Vielen Dank, daß Sie sich die Zeit genommen haben.«
    Die Lingscheid brachte uns noch zur Tür.
    Unten an der Erft lehnte ich mich über die Mauer und starrte in den Bach. Ein einsamer Erpel paddelte herum und quakte nach Gesellschaft.
    »Worüber denkst du nach?« fragte Gina.
    »Darüber, daß uns diese Hippietante die Jacke vollgelogen hat. Und ich zu gerne wüßte, warum.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Instinkt«, sagte ich. »Bulleninstinkt.«

Kapitel 10
    Engelgau
     
    Hinter Roderath wurde die Straße zu einer schmalen gewundenen Allee, so schmal, daß sie ohne Mittelstrich auskommen mußte. Auf der welligen Fahrbahn begann der Golf zu tanzen, so daß ich vorsichtshalber vom Gas ging. Schon vor zwei Jahren hatte die Werkstatt irgendwas von Stoßdämpfern erzählt.
    »Da drüben, hinter dem Hügel.« Gina zeigte nach links. »Die vier Windkraftanlagen, die gehören zu Jakobs Hof.«
    Die Höhe der Türme konnte ich nicht schätzen, aber sie machten was her. Da wurde ordentlich Saft produziert. Im Augenblick allerdings nicht, denn alle vier Rotoren standen still.
    So high-tech die Energieversorgung, so antiquiert mutete zunächst der Rest an. Nachdem wir ein schmiedeeisernes Tor von wahrhaft gutshöflichen Ausmaßen passiert hatten, dachte ich, wir seien auf einem Museumshof gelandet, es fehlte nur das Kassenhäuschen. Entlang der Piste reihten sich uralte Pflüge, Eggen, Heuwender, verschiedene Leiterwagen und ein Landauer aneinander. Mitten auf dem Hof, neben einem blumenverzierten Ziehbrunnen, parkte ein Lanz Bulldog mit mühlsteingroßer Schwungscheibe.
    Das Wohnhaus war zweigeschossig und aus Natursteinen gebaut. Zur Haustür ging es vier Stufen hoch. Über der Tür hingen gekreuzt Sense und Harke, wie bei den Kavalleristen die Säbel über dem Kamin. Die Gegenwart entdeckte ich erst wieder, als ich einen Blick in die offenstehende Doppelgarage warf. Dort standen ein Mercedes Coupé und eines dieser seifenkistenartigen dänischen Elektromobile.
    Der Hausherr öffnete selbst. »Schön, daß ihr da seid. Kommt rein.«
    Überraschenderweise bestand das gesamte Erdgeschoß des Hauses aus einem einzigen Großraumbüro. Der Boden war durchgehend gefliest, die Möbel aus hellem Holz. Alles war sehr schlicht, sehr skandinavisch und zweifellos sehr teuer. Jeder Arbeitsplatz hatte mindestens einen Bildschirm. Jakob Deutsch führte uns zu einer Wendeltreppe. »Oben sind meine Privaträume«, sagte er und ließ Gina den Vortritt.
    Die Decke zum Dachgeschoß war entfernt worden, und die Räume im ersten Stock wirkten wie kleine Kathedralen. In Sachen Einrichtung setzte sich hier fort, was wir unten gesehen hatten: schnörkelloser, kostspieliger Schick. Fast die gesamte Rückfront der Etage war verglast. In vielleicht hundert Metern Entfernung vom Haus entdeckte ich zwei riesige Hallen, deren Dächer mit Sonnenkollektoren gepflastert waren. Jede für sich hätte bequem als Hangar für einen kleinen Airbus gereicht. Jakob bemerkte mein Interesse.
    »Unsere Lagerhäuser«, sagte er. »Die Kühlanlage ist auf dem neuesten Stand, absolut FCKW- und FCK-frei. Den benötigten Strom erzeugen wir ausschließlich per Photovoltaik und Windkraft. Hat uns fünf Millionen gekostet, der Spaß. Was darf ich euch zu trinken anbieten?«
    Gina nahm einen Sherry, ich beschied mich mit einem Bier, weil ich noch fahren mußte. Jakob gönnte sich einen Kir Royal.
    »Das sind Dimensionen, was?« Jakob nickte selbstzufrieden in Richtung Fenster. »Als ich den Hof vor fünf Jahren übernommen hab, wurde hier noch konventionelle Landwirtschaft betrieben. Von der ÖEE wagte damals noch niemand zu träumen.« Er machte ein kunstvolles Pauschen. »Außer mir.«
    »Josef war doch auch dafür, auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen«, sagte Gina.
    »Ihm fehlten aber die Visionen. Er wollte dieses

Weitere Kostenlose Bücher