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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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gesehen, daß der Laden wieder geöffnet ist.«
    »Jakob hat das gestern organisiert. Er sagte, die Waren verderben sonst, und damit sei niemandem gedient.«
    »Flat er Sie nicht gefragt, ob Sie wieder arbeiten wollen?«
    »Sollen wir uns nicht duzen? Ich fand das süß.«
    »Ich hab nichts dagegen«, sagte ich. »Ich heiße Tom.«
    »Das weiß ich doch.« Auch sie schien von ihrem eigenen Kuchen wenig begeistert, denn sie kapitulierte nach einem halben Stück. »Angeboten hat er’s mir nicht, und wenn, hätte ich abgelehnt. Mit der Lingscheid könnte ich nicht Zusammenarbeiten. Das gab Mord und Totschlag.«
    »Warum?«
    »Ich hab dir doch erzählt, daß sie in der größten Not mehr Geld wollte. Außerdem kann ich Leute nicht leiden, die immer gut drauf sind, egal, was los ist. Die schluckt doch irgendwas.«
    »Das ist wieder typisch. Ist einer mal kein Miesepeter, heißt es gleich, der ist auf Pille.«
    »Gegen mal gut drauf hat ja keiner was. Aber die Lingscheid guckt immer wie vom Engel geküßt, egal ob du sie in den Arsch trittst oder ihr was zum Geburtstag schenkst. Das ist doch nicht normal.«
    Die Nachmittagssonne knallte voll herein.
    »Hast du was dagegen, wenn ich das Fenster aufmache?« fragte ich.
    »Bleib sitzen, ich mach das schon.«
    Sie öffnete beide Flügel, und sofort gab es leichten Durchzug. Für einen Moment verharrte sie und sah aus dem Fenster. Zum ersten Mal fiel mir auf, daß sie verdammt hübsche Beine und einen knackigen Hintern hatte. Als sie sich rumdrehte, bemerkte sie meinen Blick, verstand ihn aber falsch.
    »Ich kauf mir noch was Schwarzes«, sagte sie. »So kann ich ja nicht gehen.«
    Die Thermoskanne war leer.
    »Im Kühlschrank ist Bier, wenn du willst.«
    Und wie ich wollte. Nachdem ich meine Kehle angefeuchtet hatte, sagte ich: »Erzähl mir doch mal genau, wie das mit Frau Trimborn abgelaufen ist.«
    Sie nahm wieder Platz und verknotete ihre Beine in gewohnter Manier. »Frau Trimborn war ein paar Tage auf Verwandtenbesuch und ist erst gestern zurückgekommen. Heute in aller Frühe muß eine Nachbarin sie dann mit dem neuesten Tratsch versorgt haben. Eine Viertelstunde später stürmte sie hier rein und hat Terror gemacht. Ich lag noch im Bett.«
    »Wie lautete das Gerücht noch? Sie hätte Josef durch überzogene Mieterhöhungen in den Tod getrieben?«
    Beate nickte, um mir gleich anschließend einen Vogel zu zeigen. »So ein hirnverbrannter Schwachsinn. Er hat doch keinen Selbstmord begangen.«
    »Weißt du, wo sie wohnt?«
    »Am Entenmarkt.«
    »Dann wollen wir der Dame mal einen Besuch abstatten«, sagte ich und leerte die Flasche im Eiltempo.

Kapitel 12
    Der ehemalige Markt war alles andere als üppig. Kein Wunder, daß hier mit Enten gehandelt worden war. Für Gänse oder gar Schweine hätte der Platz nicht gereicht. Dafür gab es eine Treppe runter zum Fluß. Praktisch für die Anwohner, da konnten sie sich mal schnell die Füße waschen.
    Else Trimborn wohnte in Nummer 22, einem – bis auf das Dach – picobello erhaltenen Fachwerkhaus. Pralle Blumenkästen vor den Fenstern sorgten für Farbtupfer. Während ich läutete, blieb Beate drei Meter zurück.
    »Sie wünschen, junger Mann?«
    Die Frage wurde mir von einer ausgesprochen rüstig wirkenden Dame gestellt, die nichtsdestoweniger stramm auf die achtzig zustrebte. Für ihren Jahrgang war sie recht groß, bestimmt eins siebzig, und sehr hager. Ihr Haar hatte jenen Blauton, wie er Damen im Rentenalter Vorbehalten ist. Sie musterte mich aus zusammengekniffenen Augen, die sich schlagartig weiteten, als sie Beate entdeckte.
    Bevor sie in die Luft gehen konnte, stellte ich mich vor und bat vor allem in Ginas Namen, sie kurz sprechen zu dürfen. Da sie sich nicht äußerte, schob ich nach: »Wenn Sie wollen, wartet Frau Nelles hier draußen. Obwohl es zur Klärung des Mißverständnisses besser wäre, Sie bäten sie herein.«
    »Gut«, sagte sie. »Unternehmen wir noch einen Versuch.«
    Eingerichtet war sie im Jugendstil, und zwar bis ins Detail. Selbst die Likörgläschen, die im Quartett nebst wohlgefüllter Karaffe auf das nächste Damenkränzchen warteten, waren stilecht. So hatte ich mir immer Effi Briests Wohnzimmer vorgestellt.
    Während Beate und ich uns auf dem Sofa niederließen, verschwand Frau Trimborn nach nebenan, um kurz darauf mit einem Leitz-Ordner zurückzukehren, den sie auf dem Tisch ablegte. Dann nahm sie selbst Platz.
    »Diese Person«, sagte sie mit einem Kopf rucken in Richtung Beate, ohne jedoch

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