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Rittermord

Rittermord

Titel: Rittermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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Interesse geweckt hatte. Bevor er mir antworten konnte, kam mein Lachs. Das Stück Fisch sah appetitlich aus. Daß van der Wimst kein Essen bestellen wollte, gefiel dem Kellner überhaupt nicht.
    »Ich nenne dir ein paar Zahlen, dann erkennst du von selbst, worum es geht«, sagte mein Gegenüber. »Wie ich schon sagte, werden einundneunzig Prozent aller Eier in Legebatterien produziert. Acht Prozent stammen aus sogenannter Bodenhaltung, und nur ein Prozent sind Eier aus Freilandhaltung.«
    Die Salatsoße war zu sauer, sonst war alles okay.
    »Soweit die Produktionsseite«, fuhr er fort. »Kommen die Eier auf den Markt, sehen die Kontingente plötzlich ganz anders aus. Sieben Prozent des Angebotes stammen aus Freilandhaltung, fast zwanzig Prozent aus Bodenhaltung, und nur noch dreiundsiebzig Prozent werden als Eier aus Legebatterien deklariert. Verstehst du?«
    »Da wird beschissen«, sagte ich mit vollem Mund. »Wie mit Olivenöl, wie mit Mozzarella, wie mit allen Lebensmitteln. Wie lukrativ ist die Sache denn?«
    »Die Gewinnspannen sind gigantisch, weil die Preisunterschiede enorm sind. Bei Aldi kriegst du Batterieeier in Gewichtsklasse L schon für vierzehn Pfennig das Stück. In einem normalen Supermarkt zahlst du für die gleichen Eier zwischen fünfundzwanzig und dreißig Pfennig. Eier aus Bodenhaltung kosten etwa fünf Pfennig mehr. Dann kommen die Freilandeier, die kosten um die vierzig Pfennig, es sei denn, du kaufst sie direkt beim Erzeuger, dann bekommst du sie zirka zehn Pfennig günstiger. Der Rolls-Royce unter den Eiern ist das Freilandei aus biologisch kontrollierter Aufzucht und Haltung. Für so ein Ei mußt du bis zu sechzig Pfennig hinlegen.«
    »Das waren die, die ich dir verkauft habe.«
    »Das stimmt nur zum Teil. Acht Eier waren tatsächlich aus Freiland- oder zumindest aus Bodenhaltung. Zwei waren jedoch aus einer Batterie.«
    Ich stoppte die Gabel kurz vor dem Mund. »Wie kann man das denn feststellen?«
    »Oh, da gibt es durchaus Möglichkeiten.«
    »Okay, nehmen wir mal an, es stimmt, was du sagst, dann heißt das, Josef Deutsch war ein Betrüger. Er hat Batterieeier bei Aldi gekauft, um sie in seinem Laden als Öko-Freiland zum vierfachen Preis weiterverscherbeln zu können.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Aldi war ja nur ein Beispiel. Er kann sie ja auch sonstwo gekauft haben.«
    »Ich glaube nicht, daß Josef Deutsch überhaupt wissentlich KZ-Eier gekauft hat. Und er war auch kein Betrüger. Ganz im Gegenteil.«
    Mein Arm wurde lahm. Ich legte die Gabel zurück auf den Teller. »Hast du ihn gekannt?«
    »Nicht persönlich. Er hat mir einen Brief geschrieben. Der Brief erreichte mich Anfang April«, erzählte van der Wimst. »Darin bat Deutsch mich um Unterstützung bei der Aufdeckung eines – wie er schrieb – großangelegten Etikettenschwindels bei Eiern, in den vermutlich auch niederländische Produzenten verwickelt seien.«
    »Woher kannte er dich?«
    »Der Kontakt kam über Greenpeace zustande. Ich war früher einmal Aktivist, weißt du. Die haben ihm meine Postbox-Nummer gegeben.«
    »Und, war was dran an seinem Verdacht?«
    »Allerdings. Er hatte dem Brief eine Liste mit niederländischen Autokennzeichen beigelegt. Ich fand heraus, daß es sich dabei um Lastwagen eines der größten Eierproduzenten der Niederlande handelte. Ein richtiger Eierbaron. Außerdem stellte ich fest, daß diese Lkws exakt an den Tagen in Deutschland waren, die Josef angegeben hatte. Ich rief ihn also an, aber er wollte mir am Telefon nicht sagen, wo er die Lkws entdeckt hatte. Er war jedoch bereit, sich mit mir zu treffen.«
    »Wann?«
    »Am 31. Mai um 23 Uhr vor dem Eingang von Burg Satzvey.«
    Eine halbe Stunde vor dem Treffen war Josef ermordet worden. Nur ein Idiot hätte da keinen Zusammenhang gesehen.
    »Was hast du dann gemacht?« fragte ich nach einer Gedenkminute.
    »Ich habe versucht, über einen Mittelsmann, der bei dem Eierbaron arbeitet, an die Frachtpapiere zu kommen. Das ist aber schiefgelaufen. Der Mittelsmann konnte mir lediglich einen Namen nennen, und den will ich jetzt überprüfen.«
    Plötzlich setzte Beifall ein. Ich blickte zum Kellner, weil ich dachte, er hätte ein Kunststück vorgeführt. Dann sah ich, daß van der Wimst sein Gesicht mit der Hand abschirmte und mit einem Kopfrucken zur Tür wies. Dort entdeckte ich dann den Auslöser der Begeisterung.
    Bejubelt zwängte der Barde sich zwischen den Tischen hindurch und grüßte huldvoll nach allen Seiten. Ich stellte fest, daß

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