Ritterturnier auf Schreckenstein
nicht!“ vertraute sie Ingrid und Martina an. „Irgendwie war Andi nicht wie sonst. Irgendwas ist da mit Anke…“
Sorgen ganz anderer Art hatten die Zwerghühner. „Nun reiß dich zusammen und sei fröhlich! Sonst fliegt noch alles auf.“
„Ihr habt’s nötig, was zu sagen! Wer hat mich denn da reingeritten?“
„Erst warst du aberwitzig begeistert“, erinnerte sie Karin. „Du konntest es gar nicht abwarten bis zu deinem ersten Streich!“ pflichtete Ilse ihr bei.
„Oh, wie gemein!“ Anke verschlug es die Sprache. Sie rannte davon, in das Zimmer von Sophie und Beatrix. „Ich kann nicht mehr! Dieses Versteckspiel halte ich nicht länger aus. Wenn die Ritter nicht schnellstens was unternehmen, wie sie’s versprochen haben, geh’ ich zur Horn und sag ihr alles!“ Die beiden hatten Mühe, Anke zu beruhigen. Es fehlte ihnen an überzeugenden Argumenten. Sie selbst hörten ja nichts von der Burg. Wahrscheinlich hatte man sich drüben übernommen und zögerte jetzt, es zuzugeben. Beatrix holte ihren Waschlappen, den sie unterm Wasserhahn gekühlt hatte und legte ihn Anke auf die Augen. Niemand durfte sehen, daß sie geweint hatte.
„Halt wenigstens bis morgen durch!“ beschwor Sophie die Verzweifelte. „Heute siehst du die Horn nur noch beim Abendessen.“ Ein schwacher Trost, doch die Neue klammerte sich dran.
Dabei hätte sie aufatmen können, wären die Ritter drüben, auf der anderen Seite des Kappellsees zu diesem Zeitpunkt nicht völlig mit sich beschäftigt gewesen. Sie mußten die neueste Nachricht erst selber verdauen und prüfen. Das brauchte Zeit, und die hatten sie – endlich. Wenn ihnen alles klar war, würden sie die Mädchen verständigen. Noch war es neu, zu neu, um die Tragweite abzuschätzen.
Gerade hatte Florian angerufen, dieser treue Exilritter und sich schier überschlagen. „Ihr Riesenkobolde! Wie seid ihr denn da drauf gekommen? Euer Extrablatt bewegt hier trägste Honoratiorengehirne. Überall spricht man davon. Ihr habt es ja auch schön gleichmäßig verteilt. Wann habt ihr denn das gemacht? Hat euch Udo sein Motorrad geliehen?“
Dampfwalze und Andi hatten ganze Arbeit geleistet und sich in keiner Adresse geirrt. Erst um vier Uhr früh waren sie auf die Burg zurückgekommen. Und vor dem Frühstück fanden die Adressaten in Neustadt neben ihrer Zeitung auch das Extrablatt von Schreckenstein: die Direktion der Franz-Joseph-Schule, Direktor Schuster von der Ebertschule, Ingenieur Blaustampfer vom Roten Kreuz, Medizinalrat Schönwetter vom Krankenhaus, die Neustädter Polizei mit Andis Vater an der Spitze, der Bürgermeister von Neustadt und – was Chefredakteur Mücke besonders wichtig erschien – die Chefredaktion der Neustädter Zeitung. Vertrauensmann Florian hatte zwei Extrablätter bekommen. Eines für Jens, damit es über dessen Bruder Andreas auch bei den Ebertlingen bekannt werde.
Florian war des Lobes voll. „Klingt alles unwahrscheinlich überzeugend. Bin gespannt, wie die reagieren. Ich horche weiter rum, melde mich dann wieder. Und eure Absicht am Schluß, auf die freu’ ich mich schon jetzt…“
Zustimmung kam auch von anderer Seite. Beim Mittagessen hatte Stephan Doktor Waldmann ein Exemplar im Briefumschlag gegeben und gesagt: „Vielleicht fahren Sie heute abend noch einmal zum Lehrerstammtisch, wenn Sie das gelesen haben…“
Kurz nach Tisch erschien der Doktor im Zimmer von Ottokar und Stephan. „Exzellent!“ lobte er. Walter und Fritz, die beiden anderen Zimmerbewohner, waren noch nicht da. „Genau das, was gefehlt hat. Muß nur in die richtigen Hände kommen…“
„Schon geschehen!“ bestätigte Ottokar.
Doktor Waldmann nickte. „Ihr solltet auch Sonja und…“
„Wenn Näheres über die Wirkung bekannt ist“, schränkten die beiden Freunde ein.
„Na hört mal!“ ereiferte sich der Doktor. „Das ist eine Zeitbombe! Ich fahre selbstverständlich zum Lehrerstammtisch! Muß doch sehen, wie sie in den Köpfen tickt.“ Während der Teepause rief Stephan drüben an. Die Durchwahlnummer von Sonja wußte er auswendig. Schließlich war er seit einem denkwürdigen Streich mit der jungen Lehrerin per du. Sonja meldete sich auch gleich.
„Stephan! Endlich laßt ihr was hören. Hier wartet schon alles.“
„Wir müssen uns dringend sehen, wo uns niemand sieht“, sagte er. Sie verabredeten, sich während der Arbeitsstunde auf halbem Weg zu treffen. Seine Schularbeiten konnte Stephan nachholen – es war zu wichtig. Er kam mit dem
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