Ritterturnier auf Schreckenstein
zunehmende Spannung versetzt.
Was würde man tun oder noch tun können, wenn es plötzlich anrufen und heißen würde, der oder die war’s. Basta!
Andere Stellen arbeiteten ebenso an dem Fall.
Bei Direktor Schuster in der Ebertschule waren bereits mehrere Rechnungen über die entstandenen Kosten eingegangen. Glücklicherweise war der Notarztwagen an diesem Tag sonst nirgendwo benötigt worden. Auch bei der Polizei hatte man den organisatorischen und personellen Aufwand berechnet.
Selbstverständlich war sein Sohn Andi, der den Schreckenstein besuchte, nicht der Grund dafür, daß der Polizeichef bisher keine weiteren Schritte unternommen hatte. Er sah die Sache anders. Die Polizei ist an unnötigen beziehungsweise falschen Alarm gewöhnt und im Grunde froh, wenn ein Einsatz ohne ernste Folgen abläuft. Als Übung für Schlimmeres bleibt er in jedem Fall nützlich. Anders wäre das bei dem Hubschrauber gewesen, der den Impfstoff hätte einfliegen sollen, falls die Sachverständigen um Medizinalrat Schönwetter sich auf einen Erreger hätten einigen können.
Für die Mitwisser auf Rosenfels und auf Schreckenstein kroch in diesen Tagen die Zeit wie lauwarmer Frühstückspamps über den Rand des Tellers. Die Mädchen hielten eisern dicht. Sophie und Beatrix weihten lediglich Sonja Waldmann ein. Vielleicht konnte die junge Lehrerin Näheres über mögliche Absichten von Fräulein Doktor Horn erfahren.
„Sie hat in Neustadt angerufen“, berichtete Sonja. „Sie wollte hören, wer am meisten verdächtigt wird. Es seien drei - hat man ihr gesagt –, darunter Anke.“
„Das werden wir ihr nicht sagen!“ entschieden Sophie, Beatrix und Ingrid. „Sie darf jetzt nicht durchdrehen.“
Anke verhielt sich still. Sie fühle sich nicht gesund, erklärte sie, weil auffiel, daß sie nicht mehr lachen konnte. Dazu hatte sie auch wahrlich keinen Grund.
Bei einem Gespräch unter vier Augen, im geblümelten Zimmer, hatte Fräulein Doktor Horn Anke direkt gefragt: „Warst du’s? Hast du – ganz gleich, wer dahintersteckt – beim Roten Kreuz angerufen?“
Anke war rot geworden, hatte aber trotz des lauernden Vogelblicks die Nerven behalten und die Frage verneint.
„Du wirst sehr verdächtigt!“ hatte die Leiterin betont. „Sollte sich herausstellen, daß du mich belügst, dann pack’ deinen Koffer lieber gleich, bevor du mir noch einmal unter die Augen kommst…“
Im Ritterrat wußte man darüber Bescheid. Ingrid hatte noch am gleichen Abend ihren Bruder angerufen. Ziemlich lang hatte sie warten müssen, bis er kam, daß sie schon dachte, es sei irgend etwas passiert.
„Sag mal, wo steckst du denn?“
„Emil hat mich in der Folterkammer gesucht. Da sind wir heut’ nicht, ich bin in der Redaktion.“
Mit der Antwort, die sie gab, war zu rechnen gewesen: „Idiotenritter! Hier geht’s ums Ganze, und statt daß ihr euch überlegt, wie wir da rauskommen, bastelst du an deiner albernen Schulzeitung.“
„Stell dir vor, so gewissenlos bin ich!“ Es klickte, der Bruder hatte aufgelegt. Mücke machte sich wieder an seine schwierige Arbeit. Ihm oblag es zusammen mit den Redaktionsmitgliedern Hans-Jürgen, Strehlau und Andi, die Ernte gewissenhafter Überlegungen in Stoßkraft umzusetzen.
Wo Taten nicht möglich sind, muß man mit Worten kämpfen! So lautete der erste von drei Grundsätzen, zu denen sich der Ritterrat durchgerungen hatte.
Der zweite betraf die Zielgruppe: Das Vorurteil in Neustädter Schulkreisen gegen Schreckenstein vor einer breiten Öffentlichkeit anprangern!
Der dritte Grundsatz beinhaltete gleichzeitig die Art des Vorgehens in der heiklen Sache: Wir können nur für uns selber sprechen, die Vorwürfe gegen uns entkräften. Dabei müssen unsere Argumente so gefaßt sein, daß sie auch Anke schützen!
Über seine eigenen Pläne schwieg sich der Ritterrat aus. Auch den Mädchen gegenüber. Sie hätten ihn für verrückt gehalten und alle Hoffnung aufgegeben. Wie wollte die Redaktion mit sechsundzwanzig Buchstaben sämtliche Vorurteile und Entrüstungen in Wohlwollen umwandeln, vom Roten Kreuz bis zu Fräulein Doktor Horn? Andererseits: Was hätte der Ritterrat sonst tun sollen? In der Folterkammer waren sämtliche Möglichkeiten durchgedacht und in ihren Folgen durchgespielt worden. Mit dem Ergebnis: Es gab nur diesen einen Weg – die Kraft des Wortes.
Witzbold Klaus wünschte der Redaktion Glück: „Nun schmiedet mal schöne, spitze Buchstaben, die sich gut in Holzköpfe
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