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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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wollte er zeigen, dass er einen guten christlichen Haushalt führte. Und...«
    »Und?« Caffery sah wieder zu den Fotos.
    »Er ist schwul«, sagte sie. »Tig. Total schwul.«
    »Stockschwul«, meinte Caffery, »wie es aussieht. Wussten Sie das nicht?«
    »Doch«, antwortete sie tonlos. »Ich wusste es immer. Er  

    ließ mich daran zweifeln, aber ich glaube inzwischen, er wollte mich nur dazu bringen, ihm Informationen über den Fall zu geben.«
    »Die er dann an Mabuza weiterreichen würde. Ich wusste, dass jemand diese ganze beschissene Geschichte steuert. Ich dachte nur nicht, dass es ein schwuler Weißer sein würde.«
    Flea starrte die Wand an. »Aber so ist Tig, wissen Sie. Die meisten seiner Klienten sind Schwarze, Asiaten... Er ist ein Straßentyp, einer von ihnen. Eine Zeit lang wollte sogar Atrium ihn als Informanten haben.«
    Cafferys Blick wanderte an dem kleinen Regal über Fleas Kopf entlang. Eine Reihe Disketten stand dort; eine war in einer plumpen Handschrift mit dem Wort »Magic« beschriftet. Auf den beiden nächsten stand der Name »Mabuza«, geschrieben mit einem Marker.
    Caffery streckte die Hand nach den Disketten aus, als ihn etwas innehalten ließ. Er sah Flea an. Sie brauchten nichts zu sagen, beide wussten, was der andere dachte. Beide dachten, sie hätten etwas gehört, das klang, als hätte jemand ganz in der Nähe ein großes Möbelstück umgestoßen.
    »Wo kam das her?«, flüsterte Caffery Er stand mit ausgestreckter Hand hinter ihr. »Wo kam das her?«
    »Weiß nicht«, murmelte Flea. Es war nicht aus der Wohnung gekommen, jedenfalls nicht direkt, sondern von der anderen Seite des Zimmers, wo die Nachbarwohnung sein musste.
    Langsam drehte sie sich um und schaute das Bett und den Schrank an. Sie sah Tigs Mum vor sich, wie sie letzte Woche in der Küche vor sich hin gemurmelt hatte. Sie sollen mich in Ruhe lassen - die Schwarzen. Sie sollen aufhören, in meinem Flur auf und ab zu laufen und ihre Gesichter durch meine Wände zu schieben.
    »Die Wände«, flüsterte sie.
    »Die Wände?«  

    »Schauen Sie sie an.«
    Er warf ihr einen seltsamen Blick zu, aber dann ging er doch zur Wand, strich mit den Händen darüber und tastete nach Unregelmäßigkeiten. Seine Miene verriet, dass er sie bei Laune halten wollte. Er riss die Tagesdecke vor dem Fenster herunter und suchte nach einem Lüftungsziegel oder einem Loch, das er übersehen hatte, während Flea sich auf den schmutzigen Teppich kniete und die Wand unter dem Bett in Augenschein nahm. Nichts. Erst als Caffery zum Kleiderschrank ging, die Tür aufriss und den Plunder auf dem Boden zur Seite fegte, reagierte er. Er wandte sich halb ab und erstarrte dann.
    »Was ist?« Sie stand auf, kam zu ihm und sah, was er entdeckt hatte. Die Wand hinter dem Kleiderschrank war nicht verputzt. Hinter der Reihe der Kleidungsstücke befand sich eine Sperrholzplatte. Caffery ging in die Hocke, schob die Finger dahinter und zog die Platte von der Wand. Eine Wolke Putzstaub wehte aus dem Schrank. Sofort roch es nach Schimmel und Ammoniak.
    »Okay«, murmelte er und klopfte sich den Staub von den Händen. »Ich glaube, wir haben ihn gefunden.«
    Hinter der Sperrholzplatte klaffte ein Loch in der Wand, vielleicht anderthalb Meter hoch und einen Meter breit. Staub lag auf dem Boden, und eine zerrissene Tapete hing in Fetzen von der Wand. Geduckt spähten sie in einen schmalen Korridor mit verwüsteten Wänden. Stromdrähte hingen von der Decke. Licht sickerte durch eine Öffnung auf der linken Seite, die mit einem Eisengitter und einem Vorhängeschloss gesichert war. Irgendwo dahinter tropfte Wasser, und durch die Gitterstäbe konnten sie in ein angrenzendes Zimmer sehen. Nur der Boden war sichtbar, verschlissene Teppichstücke, die auf einer bröckeligen Grundierung klebten, eine zusammengefaltete Zeitung mit dem Sportteil zuoberst. Der Korridor erstreckte sich vor ihnen in die Dunkelheit.
    Caffery kroch durch die Öffnung und stieß versuchsweise 
    mit dem Fuß gegen das Gitter zur Linken. Er warf einen Blick auf das Vorhängeschloss - es war geschlossen ließ es fallen und wandte sich nach vorn in die Dunkelheit. »Das also hat er getan, der Mistkerl. Hat sich in die Nachbarwohnung gebuddelt.«
    »O Gott.« Flea lief es kalt über den Rücken. Die Luft roch klamm und abgestanden wie in einer lange verschlossenen Höhle; sie sah ein Rattennest von Korridoren vor sich, ein Labyrinth, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie fuhr mit den Händen in

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