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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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1999-2006. Es roch nach Tomatensuppe und nach etwas anderem - etwas, das er nicht definieren konnte. Sämtliche Türen in der Diele waren geschlossen.
    Er zog den Seitengurt an seiner kugelsicheren Weste fest und betrat die Wohnung. »Sie sind allein, meine Liebe?«
    »Ja, ja. Lässt mich immer allein.«
    Caffery öffnete eine Tür. Eine Küche, klein und vollgestopft, mit schmutzigem Geschirr in der Spüle. Niemand da. »Aber wir wissen, dass hier noch ein paar Leute wohnen.«  

    »Wirklich, Schatz?« Sie wirkte unbekümmert. Flea ging ins Wohnzimmer und schaute hinter das Sofa und die Vorhänge. »Tja, da müssen Sie meinen Sohn fragen.«
    Caffery öffnete noch eine Tür und noch eine. »Ist er hier?«
    »O nein. Nicht richtig hier. Nicht so, wie Sie glauben.«
    »Was soll das heißen?«
    Sie grinste zahnlos. »Weiß der Himmel. Ich bin ein bisschen tüdelig. Das sagen sie mir jedenfalls immer, dass ich nicht ganz da bin.« Sie tippte sich an die Stirn. »Nicht wie früher.«
    »Hören Sie, Mrs. Baines, ist Ihr Sohn hier oder nicht?«
    »O nein. Natürlich nicht.«
    Caffery sah ihre flinken Augen, den schmutzigen Steppmantel und das schüttere Haar. Er hatte auch irgendwo eine Mutter: Soweit er wusste, lebte sie noch. Sie hatte ihn aufgegeben, als Ewan verschwand, und nach dreißig Jahren fragte er sich nicht mehr, wo sie war.
    »Ihr Scanner läuft, oder?«, fragte Flea.
    »Mein Scanner? O nein, der ist aus - gucke jetzt Fernsehen.«
    »Okay, wenn ich einen Blick darauf werfe?«, fragte Caffery.
    Sie wedelte mit der Hand, als entließe sie die beiden. »Machen Sie, was Sie wollen. Mir egal.«
    Er ging in ihr Schlafzimmer mit dem ungemachten Bett und den geschlossenen Vorhängen. Vier oder fünf Tassen standen dicht gedrängt auf dem Nachttisch. Das Zimmer war klein, und er brauchte nicht lange, um festzustellen, dass niemand da war. Er warf einen Blick auf den Scanner. Er war abgeschaltet, wie sie gesagt hatte. Kälte hing in dem Zimmer, als würde von irgendwoher abgestandene Luft hereingepumpt. Als er in die Diele zurückkam, schaute sie ihn stirnrunzelnd an und hob warnend den Finger. »Sie müssen sowieso die Polizei holen«, sagte sie. »Damit das aufhört, was er da treibt.« Sie lächelte. »Mehr sag ich nicht.«  

    Caffery warf Flea einen Blick zu. Sie stand in der Wohnzimmertür und sah Mrs. Baines misstrauisch an. »Was soll das heißen, Mrs. Baines? Was treibt er denn?«
    »Was ich sage. Würde mich nicht wundern, wenn die Polizei kommen muss, um Ordnung zu schaffen. Wie er die Schwarzen da überall rumlaufen lässt und was sie zusammen treiben. Aber machen Sie sich keine Sorgen um mich. Machen Sie sich keine Sorgen um mich.« Sie tippte sich an den Kopf, humpelte in ihr Zimmer und schloss die Tür fest hinter sich. Einen Augenblick später hörte man den Fernseher. Flea wandte sich zur Tür, als wollte sie ihr folgen, aber dann überlegte sie es sich anders und ging zu der einzigen Tür, die sie noch nicht geöffnet hatten.
    »Sein Zimmer«, sagte sie leise. »Da war ich bisher noch nie drin.«
    »Haben Sie immer noch dieses Messer in der Hosentasche?«, fragte Caffery.
    »Das haben Sie gesehen?«
    Er gab keine Antwort, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, hob den Fuß und trat gerade kräftig genug gegen den Türknauf, um die Tür zu öffnen. Sie flog weit auf, und sie blickten in eine dunkle Kammer. Eine zerfranste blaue Tagesdecke hing vor dem Fenster. An der Wand gegenüber stand ein Kleiderschrank, in der Ecke ein Computertisch, und ein Teenagerbett mit einem Stahlrohrgestell nahm den größten Teil des Platzes in Anspruch. Caffery blieb mit dem Rücken zur Wand stehen, langte hinein und schaltete das Licht ein.
    »Leer?«
    Sie streckte den Kopf durch die Tür, zog ihn wieder zurück und nickte. »Leer.«
    Er betrat den Raum, ging zum Schrank und öffnete ihn. Eine Reihe Kleider hing darin, aber niemand versteckte sich dazwischen. Caffery warf einen Blick unter das Bett und schlug das Oberbett zurück. Das Fenster war geschlossen. Niemand 
    schien dort hinausgeklettert zu sein. Anscheinend hatte der schmächtige Typ mit der Jacke sich in Luft aufgelöst.
    Caffery überlegte, was er übersehen hatte, als er bemerkte, dass Flea reglos in der Tür stand und die Wände anstarrte. Er folgte ihrem Blick und sah, warum sie so still war.
    Die Wände waren mit schwulem Hardcore-SM tapeziert. An der einen befanden sich Plakate vom »Deviant«, einem Sadomaso-Klub in Old Market, der seine Einrichtung

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