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Ritualmord

Titel: Ritualmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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des Ziels, der Zweck des Einsatzes. Aber sie wusste, dass nichts davon Sinn ergab. Ihre Ausbildung galt hier nichts.
    »Sie gehen nach links, ich nach rechts. Bei drei.« Sie hakte den ASP los - den schweren, neoprenüberzogenen Teleskopschlagstock aus Stahl - und umklammerte ihn fest. Das Gewicht in ihrer Hand fühlte sich beruhigend an. Einstweilen ließ sie ihn zusammengeschoben. So war er genauso wirkungsvoll und würde in Bodenhöhe nicht im Weg sein. »Eins, zwei, drei.«
    Sie stürmte in den Raum - es war ein würdeloses Gekrabbel, halb rollend, halb im Krebsgang, eine Hand vor dem Gesicht.  

    Nach zwei Schritten glitten ihre Turnschuhe auf irgendetwas aus, und sie rutschte nach vorn. Ihre Knie stießen an eine harte Kante, und etwas streifte ihr Gesicht. Sie landete mit dem Ellbogen auf dem Boden, und der Sturz war zu Ende. Sie war gegen eine Wand geprallt und lag mit dem Rücken davor auf der Seite. Ihr Herz hämmerte. Einen Augenblick lang schnappte sie nach Luft; dann drehte sie sich mühsam um und stemmte sich hoch.
    »Stopp.« Cafferys Stimme kam von irgendwoher aus der Dunkelheit. »Ich sehe was. Nicht bewegen, bis ich das verdammte Licht gefunden hab.«
    Sie erstarrte auf den Knien, die Ellbogen unter sich. Das Haar hing ihr ins Gesicht.
    »Ich mein's ernst. Nicht aufstehen.«
    Sie zitterte, und der Schweiß lief ihr in Strömen über den Körper. Sie hörte, wie er sich im Dunkeln bewegte. Ein Geruch hing in der Luft - vertraut, nach Kupfer und Tod -, und als sie sich zum Eingang umwandte, erweckte etwas am Licht, die Art, wie es nur kurz hereinstrahlte, den Eindruck von Eingeschlossenheit, als wäre sie irgendwie unter etwas gerollt. Und ein Geräusch hörte sie auch, nach und nach, durch das Geräusch, das Caffery bei der Suche nach einem Lichtschalter machte: ein Tröpfeln, dick und unangenehm.
    »Was ist da los?«, zischelte sie. Sie wollte nicht zu ausführlich über das Tröpfeln nachdenken. »Was machen Sie da?«
    Es war still. Dann atmete Caffery aus, und ein bläulich weißes Licht überflutete alles. Flea blinzelte, und ihr Gehirn brauchte einen Augenblick, um die Formen und Farben mit Sinn zu erfüllen, aber dann war es, als würde alle Luft aus ihrem Leib gepresst. Sie fing an zu keuchen.
    »Oh ,fuck«, hörte sie Caffery sagen. »Fuck, fuck, fuck.«  

     
        55
     
    18. Mai
    Wenn man nicht mehr viel besaß, wofür sich zu leben lohnte, hatte das einen Vorteil: Das meiste war einem egal.
    Sie hatte ihn eher unauffällig beschlichen, diese Toleranz gegen alles, was mit der Welt nicht stimmte - bis sie ihm ebenso natürlich erschien, wie er morgens die Augen öffnete und gähnte, wenn er müde war. Deshalb war es merkwürdig, dass er an diesem Tag in Hopewell, als er an den Wänden nach einem Lichtschalter tastete und sich die Hände an offenem Putz und Mauerwerk aufschürfte, einen Augenblick lang Beklommenheit empfand, ein kurzes, pulsierendes Unbehagen, bevor er das Licht einschaltete. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann hatte er den Schalter gefunden. Der Raum war beleuchtet, und er sah, was die Dunkelheit verborgen hatte.
    Der Raum war ungefähr so groß wie Baines' Schlafzimmer. Aber der gemusterte Linoleumboden und die Schatten an den Wänden, wo vielleicht einmal Schränke gestanden hatten, ließen vermuten, dass es sich um eine ehemalige Küche handelte. Die Tapete war rosa gestreift gewesen, bevor Schimmel und abgestandene Luft sie zerfressen hatten. Der Raum enthielt nur zwei Möbelstücke: ein Sofa zu seiner Linken und einen Tisch, der an die Wand gerückt war. Darunter kauerte Flea.
    Er sah sie wie auf einem Schnappschuss. Schreckensstarr kniete sie am Boden, mit Blut an den Armen und am T-Shirt, auf die Hände gestützt und den Blick auf ihn gerichtet, als wartete sie darauf, dass er ihr sagte, was sie tun solle. Was über ihr auf dem Tisch lag, konnte sie nicht sehen: eine Leiche, auf dem Rücken, mit nacktem Oberkörper, in einer Jeans mit einem Ledergürtel.
    Caffery wusste, wer es war. Ohne näher heranzutreten, 
    wusste er, dass es Jonah war. Und dass er noch nicht lange tot war. Die Blutlache unter dem Tisch hatte noch nicht angefangen zu gerinnen. Noch immer tropfte das Blut leise aus dem Loch, das im Hals klaffte; es tropfte in einen Plastikmessbecher unter dem Tisch und floss über den Rand auf den Boden. Nachdem Tig den ersten Schnitt in Jonahs Hals getan hatte, gab es kein Zurück mehr. Er hatte versucht, Jonah den Kopf abzuschneiden, und es wäre ihm

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