Rivalin der Götter erbin3
es spielt keine Rolle. Du wirst niemals erwachsen werden, egal, wie alt du aussiehst, Bruder.«
Bruder. Bruder. Nicht Kind, nicht
vergiss
Ahad war nicht mein Sohn, noch nicht einmal im übertragenen Sinne, denn
vergiss
denn ein Gott der Kindheit konnte niemals Vater sein, nicht, wenn er weiter existieren wollte und
vergissvergissvergiss
Bruder. Ahad war mein Bruder. Mein neuer kleiner Bruder, Yeines erstes Kind. Nahadoth würde … nun, vielleicht nicht gerade stolz sein, aber belustigt.
Mein Körper entknotete sich. Der qualvolle Schmerz ging so weit zurück, dass ich aufhörte zu schreien und zu zucken. In meinem Magen war ohnehin nichts mehr. Ich lag da und wurde langsam wieder ich selbst. Das Entsetzen ebbte ab. Dann atmete ich einmal vorsichtig durch. Und noch einmal.
»Danke«, füsterte ich.
Ahad, der neben mir hockte, seufzte. Er sagte nicht gern geschehen, denn wir beide wussten, dass er es nicht gern getan hatte. Doch er hatte mir etwas Gutes getan, obwohl er es nicht hätte tun müssen, und das verdiente Anerkennung.
»Du stinkst«, sagte er. »Außerdem bist du schmutzig und siehst aus wie Pferdescheiße. Da du zu nichts zu gebrauchen bist und dich deshalb nicht von hier entfernen kannst, habe ich wohl keine andere Wahl, als dich über Nacht hier aufzunehmen. Aber
gewöhn dich nicht daran. Ich möchte, dass du danach anderswo wohnst.« Er stand auf und ging fort. Ich nahm an, dass er einen Bediensteten suchte und Vorbereitungen für meinen Aufenthalt traf.
Als er zurückkehrte, hatte ich es mit Müh und Not geschaft, mich auf die Knie aufzurichten. Ich war immer noch zittrig. Mein Bauch bestand irrsinnigerweise darauf, wieder befüllt zu werden. Rein oder raus, sagte ich ihm, aber er hörte nicht zu.
Ahad hockte sich wieder vor mich. »Interessant.«
Ich schafte es, zu ihm aufzusehen. Sein Ausdruck ließ keine Schlüsse zu, aber er hob eine Hand und rief einen kleinen Handspiegel herbei. Ich war sogar für Neid zu müde. Er hob den Spiegel, um mir mein Gesicht zu zeigen.
Ich war älter geworden. Das Gesicht, das mich anstarrte, war länger, magerer und hatte einen ausgeprägteren Kiefer. Das Haar auf meinem Kinn war nicht länger faumig und kaum sichtbar. Es war dunkler und länger geworden und zeigte die zarten Vorläufer eines Bartes. Das war Spätpubertät und nicht mehr die mittlere Phase, in der ich mich befunden hatte. Zwei Jahre meines Lebens weg? Oder drei? Egal, sie waren weg.
»Ich sollte mich vielleicht geschmeichelt fühlen«, sagte Ahad, »dass du dich mit so viel Zuneigung an die alten Zeiten erinnerst.« Seine Worte waren ansatzweise gefährlich, doch ich war zu müde für wirkliche Angst. Er konnte mich jederzeit töten, wenn er wollte, und hätte es bereits getan, wenn er es wirklich vorhatte. Er wollte nur seine Macht demonstrieren.
Plötzlich schien das alles ungeheuer unfair. »Ich hasse das«, füsterte ich. Es war mir egal, ob er mich hörte. »Ich hasse es, dass ich jetzt Nichts bin.«
Ahad schüttelte weniger verärgert denn überrascht den Kopf. Seine Hand packte den Rücken meines Hemdes und zog mich auf die Füße. »Du bist nicht ›Nichts‹. Du bist sterblich. Das ist alles andere als Nichts. Je eher du das akzeptierst, desto besser
wird es dir gehen.« Er nahm einen meiner Arme, hielt ihn hoch und gab ein angewidertes Geräusch von sich. »Du musst etwas essen. Fang an, dich um deinen Körper zu kümmern, wenn du die paar Jahre, die dir noch bleiben, durchhalten willst. Oder möchtest du lieber sofort sterben?«
Ich schloss meine Augen und ließ mich in seinem Grifhängen. »Ich will nicht sterblich sein.« Ich jammerte. Es war schön, das noch zu können, egal, wie erwachsen ich geworden war. »Sterbliche lügen, wenn sie sagen, dass sie dich lieben. Sie warten, bis du ihnen vertraust, und dann rammen sie dir das Messer hinein. Sie drehen es um, damit es dich auch auf jeden Fall tötet.«
Es entstand ein Moment der Stille. Erneut schloss ich meine Augen und dachte ernsthaft darüber nach, mich auszuheulen. Der Moment endete, als sich die Bürotür öfnete und zwei Bedienstete hereinkamen. Ahad gab mir einen Klaps auf die Wange, der nicht nur sanft tadelnd war.
»Götter tun das auch«, fuhr er mich an, »also kannst du nicht gewinnen, egal, wo du dich hinwendest. Halt die Klappe und komm damit klar.«
Dann schubste er mich in die wartenden Arme der Bediensteten, die mich davonzerrten.
11
Ich L-I-E-B-E, liebe dich.
Ich K-Ü-S-S-E, küsse dich.
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