Rivalin der Götter erbin3
wärt richtige Arameri geworden und hättet euch gefragt, wie ihr mich benutzen könnt.« Jetzt sah ich Shahar an, die ganz leicht ihre Lippen zusammenpresste. »Wäre ich Gott geblieben, hätte unsere Freundschaft nie so lange überdauert. Also habt ihr, ein Teil von euch, mich in etwas verwandelt, das euer Freund sein konnte.«
Deka machte noch einen Schritt rückwärts. Das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Willst du damit sagen, wir haben das angerichtet? Den Einsturz der Nirgendwotreppe, deine Sterblichkeit …?«
Bei diesen Worten seufzte ich und ging zurück zu der Wand. Ich ließ mich daran hinuntergleiten, um angelehnt zu sitzen. »Ich weiß es nicht. Das sind alles nur Mutmaßungen und Spekulationen. Wenn hinter eurem Willen diese merkwürdige Magie steckt, dann hat er vielleicht gerade genug davon kanalisiert, um die Veränderung zu bewirken, und dann erfolgte ein Rückstoß … oder sowas. Nichts davon beantwortet die grundlegende Frage, warum ihr diese Kraft besitzt.«
»Es sind nicht wir allein, Si’eh.« Das war wieder Shahar, wieder sehr leise. »Deka und ich haben uns sehr oft berührt, und nichts ist daraus entstanden. Nur wenn wir dich berühren, gibt es Veränderungen.«
Ich nickte düster. Das war mir auch schon aufgefallen.
Schweigend verdauten wir alles, was gesagt worden war. Das
Schweigen wurde von meinem laut knurrenden Magen und von meinem lauten Gähnen durchbrochen. Dekarta bewegte sich daraufhin unbehaglich. »Warum bist du hierhergekommen, Si’eh? Hier unten gibt es keine Diener, und dieser Raum ist … modrig.« Er sah sich um. Beim Anblick der uralten Lumpen verzog sich sein Gesicht.
Ein modriger Raum für einen modernden Gott, dachte ich. »Mir gefällt es hier«, sagte ich. »Und ich bin zu müde, um irgendwo anders hinzugehen. Geht jetzt, beide. Ich muss mich ausruhen.«
Shahar ging auf das Loch im Boden zu, doch Deka blieb, wo er war. »Komm mit uns«, sagte er. »Iss etwas, nimm ein Bad. In meinem neuen Quartier gibt es eine Couch.«
Ich sah zu ihm auf und erkannte, wie tapfer er es versuchte. Ich hatte seine Fantasien böse zerrissen, doch er würde sogar jetzt noch versuchen, der Freund zu sein, der er einst versprochen hatte zu sein.
Du bist derjenige, der mir das angetan hat, hübscher Deka.
Ich lächelte dünn. Er runzelte bei dem Anblick die Stirn.
»Ich werde schon zurechtkommen«, sagte ich. »Geh nur. Morgen früh müssen wir bereit sein, uns eurer Mutter zu stellen.«
Sie gingen.
Der Tagsteinboden versiegelte sich wieder. Ich legte mich hin und rollte mich zum Schlafen zusammen. Dabei nahm ich in Kauf, dass ich am Morgen stocksteif sein würde. Doch als ich meine Augen schloss, merkte ich, dass ich nicht länger allein war.
»Hast du wirklich Angst vor mir?«, fragte Yeine.
Ich öfnete meine Augen und setzte mich auf. Sie saß im Schneidersitz in meinem alten Nest und war anmutig wie immer. Sogar zwischen Lumpen war sie schön. Die Lumpen waren allerdings nicht länger trocken und vergammelt. Ich sah Farben und Muster, die in die ehemals graue Masse zurückkehrten. Außerdem hörte ich ganz leise, wie sich die Fasern der Fäden straften, als sie Zusammenhalt und Kraft wieder entwickelten. Auf Yeines
Oberschenkel krabbelte eine Reihe kaum sichtbarer Milben. Sie verschwanden, nachdem sie die Anhöhe ihres Fleisches erklommen hatten. Weggejagt, vermutete ich, oder sie tötete sie. Bei ihr wusste man nie.
Ich antwortete nicht auf ihre Frage. Sie seufzte. »Es ist mir egal, ob die Sterblichen mächtig geworden sind, Si’eh. Wenn das so ist und sie uns bedrohen, werde ich mich darum kümmern. Jetzt allerdings …« Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist es gut, dass einige von ihnen derartige Magie haben. Vielleicht ist es das, was sie brauchen, eigene Macht, damit sie nicht länger eifersüchtig auf unsere sind.«
»Lass das nur nicht Naha hören«, füsterte ich. Diese Worte ernüchterten sie, und sie schwieg ebenfalls.
Nach einer Weile sagte sie: »Du bist immer zu mir gekommen, wenn wir allein waren.«
Ich schaute weg. Ich wollte es. Aber ich wusste es besser.
»Si’eh«, sagte sie. Sie klang verletzt.
Und da ich sie viel zu sehr liebte, als sie denken zu lassen, dass sie das Problem war, seufzte ich, stand auf, ging hinüber zum Nest und kletterte hinein. Das brachte Erinnerungen zurück. Ich wurde von ihnen überwältigt und zögerte für einen Moment: Ich hielt Naha in einer mondlosen Nacht in den Armen, als er um die
Weitere Kostenlose Bücher