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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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worden war? Oder würde er die Erde hinwegreißen und ein Nichts an ihrer Stelle hinterlassen?
    Ich lehnte meinen Kopf an Itempas’ breite Schulter und seufzte. Ich war müde. Wie einfach, wie wunderbar einfach wäre es gewesen, mich hinzulegen und auszuruhen.
    Doch noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, erkannte ich, was wir tun konnten.
    Ich hob den Kopf. »Tempa.«
    Er war noch nicht weitergegangen, vielleicht, weil auch er zu Atem kommen musste, obwohl er das nie zugegeben hätte. Er wandte mir sein Ohr zu, damit ich wusste, dass er mir zuhörte.
    »Nach deinem Tod, wie lange dauert es, bis du ins Leben zurückkehrst?«
    »Zwischen zehn und fünfzig Minuten.« Er fragte nicht, weshalb ich das wissen wollte. »Länger, wenn die Umstände, die zu meinem Tod geführt haben, noch gegeben sind. Dann sterbe ich sofort wieder, wenn ich ins Leben komme.«
    »Wohin gehst du?«
    Er runzelte die Stirn.
    Es fiel mir schwer, so laut zu sprechen. »Wo bist du während deines Todes?«
    Er schüttelte den Kopf. »Im Vergessen.«
    »Nicht in den Himmeln? Nicht in den Höllen?«
    »Nein. Ich bin nicht tot, aber ich lebe auch nicht. Ich befinde mich irgendwo dazwischen.«
    Ich wand mich, damit er mich absetzte, wäre beinahe aber gefallen, weil meine Beine eingeschlafen waren, ohne dass ich es bemerkt hatte. Deka führte mich zu einem rauen Trümmerstück, das –  wenn ich mich nicht irrte –  einst zum Garten der Hunderttausend
gehört hatte. Stöhnend massierte ich eines meiner Beine und bat Deka mit einem ungeduldigen Nicken, sich dem anderen zu widmen. Das tat er.
    »Du musst sterben«, sagte ich zu Tempa. Der hob eine Augenbraue. »Nur für eine Weile.«
    Und dann, in so wenigen Worten wie möglich, um meine Stimme zu schonen, erklärte ich ihnen meinen Plan.
    Deka massierte meinen Unterschenkel fester, widersprach jedoch nicht, wofür ich ihm dankbar war. Er vertraute mir. Mit seiner Hilfe würde ich den größten Trick all meiner Leben vollbringen.
    Den letzten Trick.
    »Bitte«, sagte ich zu Tempa.
    Einen langen Moment schwieg er, dann seufzte er, nickte, zog seinen Mantel aus und reichte ihn mir.
    Ruhig, so als täte er solche Dinge tagtäglich, sah er sich um, bis er zwischen den Trümmern etwas Schmales und Langes hervorragen sah. Es war ein Teil der Windharfe gewesen, doch nun hatte es sich in einen scharfen, spitzen Speer verwandelt, der rund vier Fuß hoch in die Luft ragte. Tempa betrachtete ihn einen Moment lang, entfernte ein Stück Stof, das sich an der Spitze verfangen hatte, und begann an dem Speer zu reißen und zu zerren. Schutt rutschte nach, doch schließlich ragte der Speer in einem Winkel von rund fünfundvierzig Grad aus Dreck und Steinen heraus. Tempa nickte zufrieden –  und ließ sich hineinfallen. Er rutschte am Schaft hinunter, bis ihn die Reibung oder Knochen oder was auch immer stoppte. Deka schrie und sprang auf, obwohl es bereits zu spät war und er gewusst haben musste, was geschehen würde. Er versuchte nur, etwas dagegen zu unternehmen, weil er nun einmal so ein Mensch war.
    Ich ergriff Dekas Hand. Er drehte sich zu mir um. Entsetzen hatte tiefe Falten in sein Gesicht gegraben. Wie war es ihm als Arameri nur gelungen, mit einer so perfekten Seele geboren zu
werden? Ich war froh, dass ich lange genug gelebt hatte, um diese Seele zu sehen und um ihn kennenzulernen.
    Er bewies seinen Charakter erneut, als das Entsetzen in seinem Blick grimmiger Entschlossenheit wich. Er half mir auf und gab mir Tempas Mantel, den ich überzog. Der Wind war zum Sturm geworden, und ich war nur ein dürrer, klappriger alter Mann.
    Wir sahen beide überrascht auf, als ein seltsam klagender Laut den Himmel erfüllte und die Wolken aufrissen. Über uns erschien ein neuer, schrecklicher Gott: der Mahlstrom. Er nahm den ganzen Himmel ein. Was wir sahen, war natürlich nicht Seine wahre Gestalt, denn die war gewaltiger als die gesamte Existenz und weit größer als eine einzelne Welt. So wie alles, was sich ins Reich der Sterblichen begab, hatte auch Er eine Nachbildung Seiner selbst erschafen: wirbelnde Wolken, eine Sonne, die so verzerrt war, dass sie wie eine leuchtende Süßigkeit wirkte, eine Reihe schwebender Weltenstücke und zertrümmerter Monde, die Ihm folgten. Auf Seiner kochenden Oberfäche sahen wir uns selbst und die Welt um uns herum wie in einem Zerrspiegel. Unsere Gesichter schrien, unsere Körper zerbrachen und bluteten. Die drohende Zukunft.
    Deka wandte mir den Rücken zu und ging

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